Samstag, November 8, 2025

Erhöhte Blutgerinnung bei Angststörung

Wenn das Blut vor Angst in den Adern gefriert: Patienten mit ausgeprägter Angststörung neigen eher zu einer erhöhten Blutgerinnung als psychisch Gesunde.

Panische Angst lähmt nicht nur den Körper, sie kann auch das Blut zum Stocken bringen: Menschen mit einer ausgeprägten Angststörung neigen eher zu einer erhöhten Blutgerinnung als psychisch Gesunde. Das bietet einen Erklärungsansatz dafür, dass Angstpatienten ein bis zu viermal so großes Risiko haben, an einer Herzerkrankung zu sterben.



Wenn Alltagssituationen die Blutgerinnung beeinträchtigen

Starke Angst und Panikattacken können tatsächlich die Blutgerinnung beeinträchtigen und so das Risiko einer Thrombose oder eines Herzinfarktes erhöhen. Untersuchungen haben auch gezeigt, dass Stress wie die Angst die Blutgerinnung beeinflussen können.

Jeder Mensch hat dann und wann mal Angst. Bei manchen Personen lösen aber ganz normale Alltagssituationen große Ängste aus. Zum Beispiel bekommen Menschen mit Agoraphobie in dichten Menschenmengen häufig regelrechte Panikattacken. Die Symptome können dramatisch sein: Herzrasen, Schweißausbrüche, Zittern, Angst, ohnmächtig zu werden oder gar zu sterben.

 

Studie zu beeichträchtigter Blutgerinnung durch soziale Phobie

Eine weitere häufige Angststörung stellt die soziale Phobie dar. Dabei fürchten sich die Betroffenen vor allem davor, in Gruppen im Mittelpunkt zu stehen, zu stottern oder zu erröten. Und weil sie sich nicht blamieren wollen, ziehen sich Menschen mit sozialer Phobie oft zurück.

In einer Untersuchung verglichen Forscher solche Patienten, die unter einer ausgeprägten Form einer Panikstörung oder einer sozialen Phobie litten, mit einer gesunden Kontrollgruppe. Um den Einfluss von Faktoren wie Alter und Geschlecht möglichst gering zu halten, wurde für jeden Angstpatienten eine entsprechend gesunde Person gleichen Alters und gleichen Geschlechts ausgewählt. Zunächst wurde den Probanden Blut abgenommen, bevor sie einige Testaufgaben am Computer bewältigen mussten. Danach erfolgte eine zweite Blutentnahme.

Die Auswertung des Blutes auf verschiedene Gerinnungsfaktoren hin ergab: Bei den Angstpatienten war das Gerinnungssystem deutlich stärker aktiviert als das der gesunden Kontrollgruppe. Bei den Angstpatienten beobachteten die Forscher bei genauerer Analyse eine Aktivierung der Koagulation bei gleichzeitiger Hemmung der Fibrinolyse. Dabei war bis auf den Piks bei der Blutabnahme ja gar keine „echte“ Verletzung vorhanden. So gerät das Gerinnungssystem in eine Schieflage, und die Gerinnungsneigung erhöht sich – möglicherweise mit gefährlichen Folgen, die im Extremfall bis zur Verstopfung einer Herzkranzarterie reichen können.

Die verstärkte Gerinnungsneigung könne der „missing link“ sein, warum Angstpatienten statistisch gesehen ein um den Faktor 3 bis 4 erhöhtes Risiko haben, an einer Herzerkrankung zu sterben. „Das heißt natürlich nicht, dass alle Patienten mit einer ausgeprägten Angststörung nun Angst haben müssen, einen Herzinfarkt zu erleiden. Die ermittelten Gerinnungs-Werte waren stets im physiologischen Bereich, also ohne akute Gefahr“, erläutert Studienleiterin Geiser. Eine tatsächliche Gefährdung ergebe sich erst, wenn andere Risikofaktoren dazu kämen, wie z. B. Rauchen und Übergewicht.

Die Privatdozentin hat für Angstpatienten aber auch eine ermutigende Botschaft. Denn eine Folgestudie liefert erste Hinweise darauf, dass die Gerinnungsaktivierung bei den Patienten nach einer erfolgreich verlaufenden Therapie rückläufig ist. In diesem Zusammenhang mahnt Dr. Geiser an, dass Angststörungen insgesamt immer noch zu spät diagnostiziert würden. Eine wirksame Psychotherapie erfolge oft erst zu spät. „Es gibt ja auch Programme für die Bevölkerung, um mit dem Rauchen aufzuhören oder Sport zu treiben. Wenn man insgesamt die Zahl der Herzstörungen vermindern will, macht es dann auch Sinn, Angststörungen besser zu diagnostizieren und zu behandeln“.



Quelle: Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universität Bonn

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