Mittwoch, November 5, 2025

Beta-2-Sympathomimetika reduzieren Parkinson-Risiko

Die bei Asthma und COPD gängigen Beta-2-Sympathomimetika wie Salbutamol reduzieren das Parkinson-Risiko um 33%, der Betablocker Propanolol verdoppelt es.

Beta-2-Sympathomimetika – auch als Beta-2-Adrenozeptor-Agonisten oder Beta-2-Agonisten bekannt – imititeren die Wirkung der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin an den Beta-2-Adrenozeptoren des sympathischen Nervensystems. Die Wirkung der Beta-2-Sympathomimetika kommt vor allem in Geweben mit hoher Dichte an Beta-2-Adrenozeptoren zutragen. Dazu zählt vor allem die Lunge, weswegen diese Wirkstoffe bei Asthma und COPD zum Einsatz kommen, da sie die Bronchien erweitern, man spricht von der sogenannten Bronchodilatation beziehungsweise Bronchospasmolyse.



Allerdings wirken Beta-2-Sympathomimetika auch auf die Beta-1-Adrenozeptoren, was negativ ist, denn dadurch können unerwünschte Wirkungen bei Herz und zentralem Nervensystem verursacht werden. Dazu zählen Angina pectoris, Tachykardie und Rhythmusstörungen sowie Tremor und Unruhe.

In einer unlängst im Wissenschaftsmagazin Science veröffentlichten Studie konnte ein internationales Forscherteam unter der Federführung der Harvard Medical School nachweisen, dass Beta-2-Sympathomimetika offenbar die Transkription des Gens für Alpha-Synuklein reduzieren, wodurch die Ergebnisse beträchtliche Konsequenzen für Prävention und Therapie von Parkinson haben könnte.

 

Beta-2-Sympathomimetika verringern das Risiko, an Morbus Parkinson erkranken

Dass Beta-2-Sympathomimetika anscheinend die Transkription des Gens für Alpha-Synuklein reduzieren können, stellt die Pathogenese der Parkinson-Krankheit in ein neues Licht. Ablagerungen von pathologischem Alpha-Synuklein werden vielfach als ursächlich für die Parkinson- Krankheit betrachtet.

Die unlängst publizierte Studie sollte klären, ob es möglich ist, schon auf der Ebene des Alpha-Synuklein-Gens (SNCA) in die Produktion des krankheitsauslösenden Proteins einzugreifen. Dafür kombinierten die Autoren pharmakologische und molekularbiologische Untersuchungen mit einer großen epidemiologischen Studie.

Das multidisziplinäre Team an Wissenschaftlern um Studienleiter Clemens Scherzer von der Harvard Medical School screente in Kulturen menschlicher Nervenzellen 1126 Testsubstanzen – neben Naturprodukten, Vitaminen und Nahrungsergänzungsmitteln auch gängige Medikamente. Dabei fanden sie heraus, dass Beta-2-Sympathomimetika die Transkription von Alpha-Synuklein signifikant erniedrigen, während der entgegengesetzt wirkende Betablocker Propanolol sie signifikant erhöht.



Zudem fanden die Wissenschaftler bei Mäusen unter Beta-2-Sympathomimetika eine signifikante Reduktion der Alpha-Synuklein-Bildung in der Substantia nigra, was auf eine funktionelle Relevanz für die Parkinson-Krankheit schließen lässt.

Die Wissenschafter übrprüften dann in einem weiteren Schritt, ob sich ihre Beobachtung von Zellkulturen und Mäusen auch auf Menschen übertragen lässt. Dazu analysierten sie eine norwegische Datenbank, in der die Verschreibungen sämtlicher Arzneimittel an alle Einwohner erfasst wurden und fanden etwa 300.000 Patienten, die Beta-2-Sympathomimetika – im speziellen das Asthma-Medikament Salbutamol – eingenommen hatten.

Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung war das Risiko dieser Beta-2-Sympathomimetika-Patienten, an Parkinson zu erkranken, in den nachfolgenden elf Jahren um 33 Prozent niedriger. Mehr als 9000 Menschen hatten Propanolol erhalten, und in dieser Gruppe war das Risiko, Parkinson zu entwickeln, mehr als verdoppelt.

Durch diese Erkenntnisse erhoffen sich Experten einen neuen krankheitsmodifizierenden medikamentösen Behandlungsansatz der Parkinson-Krankheit, der früher in den Krankheitsprozess eingreift als alle bisher verfügbaren Therapien, die vielversprechenden Optionen sollten nun in großen prospektiven Studien untersucht werden.




Literatur

Mittal S, Bjørnevik K, Im DS, Flierl A, Dong X, Locascio JJ, Abo KM, Long E, Jin M, Xu B, Xiang YK, Rochet JC, Engeland A, Rizzu P, Heutink P, Bartels T, Selkoe DJ, Caldarone BJ, Glicksman MA, Khurana V, Schüle B, Park DS, Riise T, Scherzer CR. β2-Adrenoreceptor is a regulator of the α-synuclein gene driving risk of Parkinson’s disease. Science. 2017 Sep 1;357(6354):891-898. doi: 10.1126/science.aaf3934. PMID: 28860381; PMCID: PMC5761666.


Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie

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