Samstag, Juli 19, 2025

Arzneimittel für Kinder und pflanzliche Mittel als alternative Behandlung

Arzneimittel für Kinder werden häufig Off-Label eingesetzt, für pflanzliche Mittel gelten besondere Aspekte für die Anwendung bei Kindern.

Im Grunde genommen setzen Ärzte und Therapeuten Arzneimittel für Kinder häufig Off-Label ein. Denn bezüglich Nachweis der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit vieler auch für Kinder notwendiger Medikamente gibt es wesentlich weniger klinische Studien. Arzneimittel für Kinder stellen deswegen in der klinischen Forschung immer noch auch einen ethischen Diskussionspunkt dar. Denn Kinder sind in ihrer Physiologie nicht »kleine Erwachsene«. Um mehr Arzneimittel für Kinder sicherzustellen, wurden in den letzten Jahren europaweit spezielle Schwerpunkte gesetzt, um in Zukunft für die Zulassung neuer Wirkstoffe oder neuer Indikationen Studien mit Kindern einfordern zu können. Aus allen diesen Gründen ist es aber auch verständlich, dass bei Kindern oft pflanzliche Arzneimittel zum Einsatz kommen.

 

Pflanzliche Arzneimittel für Kinder

Auch für pflanzliche Arzneimittel gelten besondere Aspekte für die Anwendung bei Kindern. Dazu gehört die Notwendigkeit kinderfreundlicher Darreichungsformen. Da beispielsweise kleine Kinder Kapseln oder Tabletten oft nicht schlucken können. Flüssige Darreichungen oder auch Brausetabletten sollte man daher meist bevorzugen.

Viele pflanzliche Arzneimittel enthalten Alkohol, dieser dient zur Extraktion, aber auch, um manche Inhaltsstoffe in Lösung zu halten. Neugeborene und Säuglinge bauen Ethanol langsamer ab als Erwachsene, Kinder bis zum 5. Lebensjahr hingegen schneller. Obwohl für Kinder die tropfenweise Gabe von Tinkturen toxikologisch kein Problem darstellt, sollte, wenn möglich, auf alkoholfreie Zubereitungen ausgewichen werden.

Vorsicht ist bei allen stark riechenden Substanzen bei Kleinkindern bis zum 2. Lebensjahr geboten, denn es besteht die Gefahr, dass ein Glottis-Krampf ausgelöst wird.

 

Selbstmedikation

Eltern sollten im Zusammenhang mit der Selbstbehandlung darauf hingewiesen werden, dass unbedingt ärztlicher Rat eingeholt werden soll, wenn sich die Beschwerden des Kindes verschlechtern oder nicht innerhalb weniger Tage bessern. Manche Erkrankungen, besonders im Kleinkindesalter, sind nicht für die Selbstmedikation geeignet. Ein gutes Beispiel ist hier zum Beispiel Husten.

Es gibt keine speziellen Arzneipflanzen für Kinder. Man kann aber bestimmte Erkrankungen, die gehäuft im Kindesalter auftreten, mit Arzneipflanzen oft sehr gut behandeln:

  • Atemwegserkrankungen beispielsweise mit Spitzwegerich, Thymian – beide auch als Sirup –, Efeu, Species pectorales, Species Althaeae;

  • Magen-Darm-Erkrankungen beispielsweise mit Fenchel und Kamille zur Behandlung von Blähungen; Leinsamen und Flohsamen bei habitueller Obstipation;

  • Hauterkrankungen beispielsweise mit Hamamelisdestillat, Kamillenextrakte, Stiefmütterchenkraut (Infus) oder Ringelblumensalbe bei Windeldermatitis; Nachtkerzensamenöl bei Neurodermitis (zurzeit keine Arzneimittel zugelassen) oder

  • Schlafstörungen, beispielsweise mit Melisse oder ätherischem Lavendelöl.

Pflanzliche Arzneimittel für Kinder sollte nur nach sorgfältiger Abwägung des Nutzen-Risikoprofils unter Berücksichtigung der speziellen Situation – Alter des Kindes, Schwere der Erkrankung, Dokumentation des Produktes zur Anwendung bei Kindern – erfolgen.


Literatur:

Miyagi SJ, Lam E, Tang Girdwood S. Partnering with Clinical Pharmacologists to Improve Medication Use in Children. J Pediatr. 2020 Dec;227:5-8. doi: 10.1016/j.jpeds.2020.03.061. PMID: 33228913.

Carney EM, Stein WM, Reigh NA, Gater FM, Bakke AJ, Hayes JE, Keller KL. Increasing flavor variety with herbs and spices improves relative vegetable intake in children who are propylthiouracil (PROP) tasters relative to nontasters. Physiol Behav. 2018 May 1;188:48-57. doi: 10.1016/j.physbeh.2018.01.021. Epub 2018 Feb 3. PMID: 29421338.

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