Freitag, März 29, 2024

Ankylosierende Spondylitis – Rückenschmerzen und versteifte Wirbelsäule

Eine chronisch-­entzündliche ankylosierende Spondylitis manifestiert sich durch Rückenschmerzen und durch fortschreitende Versteifung der Wirbelsäule.

Die ankylosierende Spondylitis, auch Morbus Bechterew, ist eine chronisch-­entzündliche Erkrankung des Axialskeletts und der Wirbelsäule, für die ­Rückenschmerzen und eine fortschreitend versteifte Wirbelsäule typisch ist. Die ersten Symptome der ­Krankheit treten für gewöhnlich im Alter zwischen 20 und 30 Jahren auf, wobei dann die jungen Erwachsenen rasch mit einer physikalische Therapie und Turnübungen beginnen sollten. Im Grunde genommen sind häufig periphere Gelenke und Organe, wie beispielsweise Augen, Lunge oder Herz beteiligt. Schließlich haben 10% der Patienten radiologisch erkennbare Veränderungen des Hüftgelenks bereits bei Stellung der Diagnose durch den Rheumatologen.

Der Name ankylosierende Spondylitis kommt aus dem Griechischen. »ankylos« bedeutet gebeugt oder gebückt und »spondylos« bedeutet Wirbel. »Ankylosis« bezieht sich auf eine fibrosierende oder knöcherne Verbindung von Gelenken. Klassischerweise handelt sich zwar um eine Erkrankung der Wirbelsäule, insbesondere eine ein- oder beidseitige Entzündung der Kreuzdarmbeingelenke (Sacroiliitis). Wobei der Begriff axiale Spondyloarthritis sowohl Patienten mit nicht radiographischer als auch radiographischer axialer Spondyloarthritis, die man eben als ankylosierende Spondylitis bezeichnet, umfasst.

 

Symptome der Ankylosierenden Spondylitis

Typische Symptome bei ankylosierender Spondylitis sind auch Entzündungen im Bereich der Sehnenansätze (Enthesitis) und eine hohe Assoziation zum humanen Leukozyten-Antigen HLA B27.

Die klassischen Symptome der ankylosierenden Spondylitis sind der tiefe Rückenschmerz, der in Ruhe schlechter und bei Bewegung besser wird (»inflammatory back pain«), und bei ca. 75% der Patienten eine der ersten Beschwerden darstellt. Sowie Schmerzen im Bereich des Gesäßes, welche zu Beginn der ankylosierenden Spondylitis oft asymmetrisch und wechselnd sind. Diese können dann aber im weiteren Verlauf oft kontinuierlich und beidseitig auftreten.

Typischerweise klagen die Patienten mit ankylosierender Spondylitis über ein Punctum maximum ihrer Beschwerden in der zweiten Nachthälfte und eine ausgeprägte Morgensteifigkeit von > 30 Minuten.

Weitere Symptome wie eine periphere, nicht-erosive Arthritis vorzugsweise der großen Gelenke sowie Schmerzen und Bewegungseinschränkung im Bereich der Hals- und Brustwirbelsäule, Enthesitiden und eine rezidivierend auftretende Entzündung der Regenbogenhaut (akute anteriore Uveitis) stellen häufige Komplikationen der Erkrankung dar.

 

Meist einseitige Uveitis als häufigste Komplikation

Diese meist einseitige Uveitis ist mit einem Auftreten bei 25 bis 40% der Patienten die häufigste Komplikation der ankylosierenden Spondylitis. Bei einseitigen Schmerzen und Rötung im Bereich der Augen, Photophobie und Sehstörungen, sollten die Patienten möglichst rasch zur Diagnosesicherung mittels Spaltlampe einem Ophthalmologen zugewiesen werden.

Eine Behandlung mit topischen Steroiden sollte zur Sicherung des Sehvermögens umgehend begonnen werden. Bei rezidivierend auftretender Uveitis kann die Therapie mit einem TNF-α-Blocker sinnvoll sein.

Die Enthesitis befällt häufig die Achillessehne und die Fascia plantaris, aber gelegentlich können auch Sternoklavikulargelenk und Rippenansätze befallen sein.

Druckschmerzhaftigkeit an diesen und anderen Sehnenansätzen kann gelegentlich die Differenzierung zwischen der entzündlichen Gelenkserkrankung und einer Fibromyalgie schwierig machen. Hier kann zur Unterscheidung das sehr gute Ansprechen der ankylosierenden Spondylitis auf nicht-steroidale Antirheumatika hilfreich sein.

Wie bei allen anderen entzündlich-rheumatischen Erkrankung spielen Müdigkeit und Abgeschlagenheit bei der aktiven ankylosierenden Spondylitis eine große Rolle. Andere systemische Manifestationen, wie Herz-, Lungen- oder Nierenbeteiligung sind dank der zunehmend frühen Diagnosestellung und ausgezeichneten neuen Therapieformen mit TNF-α-Blockern selten geworden.

Durch die chronische Entzündung kann es gehäuft zu Osteo­penie bzw. Osteoporose kommen, weshalb regelmäßige Knochendichtemessungen im Verlauf der ankylosierenden Spondylitis sinnvoll erscheinen. Außerdem kann es zum Triggern von atherosklerotischen Gefäßveränderungen, auch im Sinne einer koronaren Herzerkrankung durch die entzündliche Erkrankung kommen.

 

Diagnostik

Um die Diagnose der Sacroiliitis zu stellen, sind bildgebende Verfahren unbedingt notwendig. Hierzu eigenen sich insbesondere das herkömmliche Skelett­röntgen und die Magnetresonanztomographie. Eine Computertomographie wäre auch eine sinnvolle Darstellungsmethode, ist allerdings mit einer hohen Strahlenbelastung im Beckenbereich verbunden und sollte nicht als Routineuntersuchung zur Diagnosesicherung oder Verlaufskontrolle angewandt werden.

Bildgebende Verfahren wie Ultraschall oder Szintigraphie haben sich zur Darstellung einer Sacroiliitis nicht durchgesetzt. Klassifikationskriterien Es gelten nach wie vor die modifizierten New-York-Kriterien von 1984 zur Diagnose der ankylosierenden Spondylitis. Sie setzen sich aus klinischen und radiologischen Parametern zusammen (siehe Tabelle 1).


Modifizierte New-York-Kriterien für die ankylosierende Spondylitis

Klinische Kriterien: Tiefsitzende Rückenschmerzen ≥ 3 Monate, gebessert durch Bewegung. Aber nicht durch Ruhe Eingeschränkte sagittale und frontale Beweglichkeit der Lendenwirbelsäule Eingeschränkte Thoraxexkursion (≤ 2,5 cm)

Radiologisches Kriterium: Sakroilitis Grad 2–4 beidseits oder 3–4 einseitig

Sichere Spondylitis ankylosans: Radiologisches Kriterium und ­­ mindestens 1 klinisches Kriterium

Mögliche Spondylitis ankylosans: Radiologisches Kriterium ohne klinische Kriterien oder Vorliegen aller 3 klinischen Kriterien

Tabelle 1


Die Diagnose ankylosierende Spondylitis wird dann gestellt, wenn ein Patient mindestens einen radiologischen und einen klinischen Parameter erfüllt. In der klinischen Praxis haben diese zwar sehr spezifischen, aber wenig sensitiven Klassifikationskriterien vor allem bei der Früherkennung der ankylosierenden Spondylitis nur einen geringen Wert und Einfluss auf die Diagnosestellung. Bei Erstvorstellung des Patienten sind vor allem die radiologischen Kriterien nur sehr selten erfüllt.

 

Ankylosierende Spondylitis und die Therapie verschiedener Symptome der Wirbelsäule sowie der Rückenschmerzen

Zur Therapie der ankylosierenden Spondylitis stehen physikalisch medizinische, physiotherapeutische und medikamentöse, sowie bei fehlenden konventionellen Möglichkeiten natürlich auch chirurgische Mittel zur Verfügung.

Physikalische Therapie und Turnübungen stellen die Grundlage der Therapie einer ankylosierenden Spondylitis dar. Wenn möglich unter Aufsicht sollten diese Behandlungsoptionen die Patienten unterstützen. Denn dadurch kommt es zu einer deutlichen Beschwerdebesserung und die Beweglichkeit bleibt erhalten.

Zur medikamentösen Therapie stehen verschiedene Analgetika, nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) und natürlich TNF-α-Blocker zur Verfügung. Traditionelle DMARDs (disease modifying antirheumatic drugs) wie Methotrexat und Sulfosalazin spielen genauso wie Steroide, die vor allem bei anderen rheumatischen Erkrankungen erfolgreich zum Einsatz kommen, bei der ankylosierenden Spondylitis eine nur untergeordnete Rolle.

 

Medikamentöse Behandlung nur unter regelmäßiger Aufsicht durch den Arzt

Regelmäßige NSAR-Einnahme und TNF-α-Blocker können wahrscheinlich das Fortschreiten der Erkrankung positiv beeinflussen und radiologische Veränderungen ­limitieren. Schließlich sollten immer ein Arzt aufgrund zahlreicher Nebenwirkungen und Unverträglichkeiten die medikamentöse Behandlung beaufsichtigen. Eine aktuelle Metaanalyse ergab kein höhere kardiovaskuläres Risiko durch diese Medikamente.

 

Fazit

Bei der ankylosierenden Spondylitis ist eine frühe Erkennung und Diagnosestellung ein wichtiges Ziel, um einen frühen Beginn der Therapie zur Linderung der Symptome wie Rückenschmerzen einleiten zu können sowie radiologische Veränderungen der Wirbelsäule zu verhindern. Patienten mit oben erwähnten Beschwerden sollten daher umgehend einem Rheumatologen zugewiesen werden, um eine rasche Diagnose und individuelle Therapieanpassung zu ermöglichen.


Literatur:

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Quellen:

Ankylosierende Spondylitis – das Kreuz mit dem Kreuz. Dr. Theresa Kapral. MEDMIX 2/2008

http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/060-003.html

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