Bereits bekannte Allergene können sich durch Umweltverschmutzung oder Anbaubedingungen und Züchtung von Nutzpflanzen verändern und so Allergien und Autoimmunkrankheiten verstärken.
Seit kurzem arbeiten Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie und des Instituts für Translationale Immunologie (TIM) der Universitätsmedizin Mainz in einer neu geschaffenen Plattform zusammen: Im neu gegründeten Mainz Center for Chemical Allergology (MCCA) untersuchen Wissenschaftler beider Institutionen gemeinsam, inwiefern Einflüsse wie die Belastung der Atmosphäre mit Schadstoffen oder die Veränderung der Zusammensetzung von Nahrungsmitteln Allergien verstärken.
Voraussetzung dafür ist ein tieferes Verständnis, wie Allergene durch die Umwelt verändert werden können und wie sich dadurch die Immunreaktionen des Körpers ändern.
Dies soll die Grundlage für ein besseres Verständnis der ständig zunehmenden Hypersensitivitäten schaffen und Wege für effektive Behandlungen und gezielte vorbeugende Maßnahmen aufzeigen. Die Wissenschaftler und Mediziner des MCCA erhoffen sich durch die Bündelung ihrer Fachkompetenzen, die in dieser Form bisher einmalig ist, einen raschen Erkenntnisfortschritt in der Forschung zu Allergien und anderen Hypersensitivitäten.
Bekannte Allergene verändern sich durch verschiedene Umwelteinflüsse – Allergien und Autoimmunerkrankungen können so verstärkt werden
„Studien haben gezeigt, dass bisher bekannte Allergene sich unter anderem durch Umweltverschmutzung oder Anbaubedingungen und Züchtung von Nutzpflanzen verändern können, wie wir beispielsweise für Weizen zeigen konnten.
Ihre Eigenschaften können modifiziert werden und somit auch die Art und Schwere der Allergien oder Hypersensitivitäten, die sie auslösen“, erläutert Detlef Schuppan den Forschungsansatz des interdisziplinären Zentrums.
Der Mediziner hatte entdeckt, dass der erhöhte Gehalt der sogenannten Amylase-Trypsin-Inhibitoren in glutenhaltigem Getreide Allergien und Autoimmunerkrankungen verstärken kann.
Chemische Allergologie
„Mit der Bezeichnung »chemische Allergologie« haben wir einen neuen Begriff geprägt. Er beschreibt, dass wir nicht nur empirische Zusammenhänge feststellen, sondern die grundlegenden chemischen Prozesse aufklären wollen, die für das Auftreten von Allergien und den Einfluss von Umweltschadstoffen verantwortlich sind“, beschreibt Ulrich Pöschl den Zusammenhang zwischen Forschungszentrum und Namensgebung.
Zum einen möchten die Wissenschaftler herausfinden, wie spezifische Entzündungsprozesse, die Allergien und Hypersensitivitäten verstärken, im menschlichen Körper mithilfe von Pflanzeninhaltsstoffen gehemmt beziehungsweise unterbrochen werden können.
„Grundlage für unsere Forschung ist die Entdeckung, dass die Mehrzahl aller Entzündungen im Körper einen universellen molekularen Kreislaufprozess aufweist“, erläutert Kurt Lucas. Als Beispiel nennt er allergisches Asthma und Autoimmunerkrankungen wie Rheuma, multiple Sklerose und chronisch entzündliche Darmerkrankungen.
Immunstimulierende Eigenschaften von Allergenen
Des Weiteren gehen die Wissenschaftler der grundlegenden Frage nach, was einen Stoff überhaupt erst zu einem wirksamen Allergen oder Immunogen macht. Sie untersuchen dabei die immunstimulierenden Eigenschaften von Allergenen und möchten herausfinden, warum bestimmte Stoffe die Bildung von Antikörpern oder Zellantworten auslösen und es damit zu einer Allergie kommt.
Im Fokus steht, inwieweit die entzündungsfördernde Wirkung von bekannten Pollen- oder Nahrungsmittelallergenen durch chemische Veränderung verstärkt wird. Allergene können zum Beispiel durch Ozon oder Stickoxide in der Atmosphäre, aber auch als Katalysereaktion auf mikroskopischen Staubpartikeln chemisch verändert werden.
Erste Erfolge
Obwohl die Wissenschaftler erst seit kurzer Zeit gemeinsam forschen, können sie bereits erste Ergebnisse vorweisen. So konnten sie bereits einige vielversprechende anti-entzündliche Pflanzenextrakte identifizieren, die spezielle zelluläre Entzündungssensoren hemmen, die sogenannten Toll Like Rezeptoren. Zurzeit werden die aktiven Inhaltsstoffe der Extrakte charakterisiert.
Weitere Informationen:
http://www.mpic.de/aktuelles/pressemeldungen/news/welchen-einfluss-haben-umweltfaktoren-auf-allergien.html