Donnerstag, April 18, 2024

Therapie von Zahninfektionen vor Stammzelltransplantation nicht nötig

Eine unmittelbare Behandlung von Zahninfektionen wie Parodontitis ist vor einer autologen Stammzelltransplantation nicht erforderlich.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass Zahninfektionen offenbar nicht mit dem Risiko verbunden sind, dass Patienten nach Stammzelltransplantation innerhalb von sechs Monaten nach dem Eingriff an einer schweren Infektion sterben oder diese erleiden. In einer von der Universität Helsinki, dem Universitätsspital Helsinki, der Universität Basel und dem Universitätsspital Basel gemeinsam durchgeführten Studie wurde nun untersucht, ob Zahninfektionen mit einer höheren Sterblichkeitsrate und infektiösen Komplikationen nach Stammzelltransplantation zusammenhängen.



 

Hämatopoetische Stammzelltransplantation

Die hämatopoetische Stammzelltransplantation wird zur Behandlung von Krebs sowie schweren Blut- und Autoimmunerkrankungen eingesetzt. Aufgrund der langen Erholungszeit des Immunsystems nach einer Stammzelltransplantation besteht bei den Patienten ein erhöhtes Infektionsrisiko.

An der im PLOS ONE Journal veröffentlichten Studie nahmen Patienten teil, die am Universitätsspital Basel behandelt wurden, von denen 341 eine allogene Stammzelltransplantation und 125 eine autologe Stammzelltransplantation erhalten hatten. Die Behandlungen wurden zwischen 2008 und 2016 durchgeführt.

 

Zahninfektionen beeinflussten nicht die Sterblichkeit nach Stammzelltransplantation

Vor der Durchführung der Transplantation wurden alle Patienten klinisch und radiologisch auf mögliche Infektionsherde sowie auf die Anzahl der fehlenden und gefüllten Zähne untersucht.

Innerhalb von sechs Monaten nach dem Eingriff starben insgesamt 51 Patienten nach der Stammzelltransplantation. Die Infektionsherde, die Anzahl der fehlenden oder gefüllten Zähne und die Fälle von Parodontitis, die bei den vor der Transplantation durchgeführten Untersuchungen festgestellt wurden, waren nicht mit dem Überleben der Patienten verbunden.

Darüber hinaus waren die oralen Infektionsherde und oralen Infektionen nicht mit Infektionen verbunden, die einen Krankenhausaufenthalt dringend notwendig machten.

„Entgegen unserer Vermutung hatten unbehandelte orale Infektionen keinen Zusammenhang mit dem Überleben nach der Stammzelltransplantation während der sechsmonatigen Nachbeobachtungszeit. Eine weitere Überraschung war, dass sie keinen Zusammenhang mit schwerwiegenden infektiösen Komplikationen hatten, die während der Nachbeobachtungszeit auftraten,“ fasst Studienleiter Professor Tuomas Waltimo zusammen.



 

Zahnärztliche Infektionen erfordern aber immer eine Behandlung

Höchstwahrscheinlich konnte die während der Behandlung verabreichte Antibiotikatherapie in dieser Studie die Ausbreitung chronischer Zahninfektionen verhindern. Waltimo betont jedoch, dass man die Antibiotikaresistenz von oralen Bakterien überwachen muss. Zudem sollte man Zahninfektionen immer so bald wie möglich behandeln.

„Einerseits muss man die Ursache von Zahninfektionen immer beseitigen. Andererseits zeigt unsere Studie, dass man Zähne aufgrund chronischer Zahninfektionen nicht unmittelbar vor der Stammzelltransplantation behandeln muss. Allerdings sollte man das tun, sobald die Gesundheit des Patienten es zulässt.“

Waltimo weist darauf hin, dass die Ergebnisse nicht auf andere Patientengruppen übertragen werden können. Insbesondere nicht auf Patienten mit Krebs im Bereich von Kopf und Hals. Oder auf Patienten mit einer Herzklappe oder einer Gelenkprothese. In solchen Fällen ist die rechtzeitige Behandlung der oralen Infektionsherde immer gut begründet.

„Basierend auf unseren Ergebnissen scheinen radikale und umfassende Verfahren zur Behandlung oraler Infektionen vor Stammzelltransplantationen nicht erforderlich zu sein. Stattdessen kann eine solche Behandlung bis nach der Transplantation verschoben werden“, bemerkt Matti Mauramo, ein auf Zahninfektionen spezialisierter Arzt Pathologie und Hauptautor des Artikels.

Im Interesse der Lebensqualität und auch der Behandlungskosten des Patienten sollte man aber Zahninfektionen so bald wie möglich behandeln. Eine Antibiotikatherapie bei gestörter Immunabwehr ermöglicht es aber, die zahnärztliche Behandlung um mehrere Monate nach einer Stammzelltransplantation zu verzögern.

Die Forscher betonen, dass die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Zahnärzten weder hinsichtlich der Lebensqualität des Patienten noch hinsichtlich infektiöser Komplikationen zu unterschätzen ist.




Literatur:

Matti Mauramo , Patricia Grolimund , Adrian Egli, Jakob Passweg, Jörg Halter, Tuomas Waltimo. Dissociations of oral foci of infections with infectious complications and survival after haematopoietic stem cell transplantation. Plos One, December 18, 2019. doi.org/10.1371/journal.pone.0225099


Quelle: UNIVERSITY OF HELSINKI

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