Freitag, April 26, 2024

Schwänzeltänze und elektrostatische Signale: wie Bienen kommunizieren

Bienen laden sich beim Fliegen durch Reibung mit elektrostatischer Energie auf, die dann beim Kommunizieren abgestrahlt wird.

Ein Forschungsteam der Freien Universität Berlin, der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Kunming und der Universität Oslo hat eine Methode entwickelt, um elektrostatische Signale von Bienen zu überwachen. Die mit Wachs überzogenen Körper der Bienen laden sich beim Fliegen durch Reibung mit elektrostatischer Energie auf, die beim Kommunizieren abgestrahlt wird. Um die Daten des elektrostatischen Feldes (ESF) der Honigbienen zu messen, brachte die Forschungsgruppe Sensoren und ein zentrales Aufzeichnungsgerät innerhalb eines speziell konstruierten Bienenstocks an. Durch die Aufzeichnung der elektrostatischen Energie kann man den Forscherinnen und Forschern zufolge zum Beispiel herausfinden, ob ein Bienenvolk durch Insektizide bedroht ist. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Frontiers in Behavioral Neuroscience veröffentlicht.

Honigbienen benutzen ein komplexes Kommunikationssystem. Mit ihrem Summen und Körperbewegungen können sie Bienen des eigenen Stockes zu Nahrungsquellen leiten, Gefahren signalisieren und sich auf das Schwärmen vorbereiten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zufolge könnte das Kommunikationsverhalten auch Aufschluss geben über den allgemeinen Zustand eines Ökosystems. „Bienen gehören zu den ersten Spezies, die von Schadstoffen betroffen sind. Wenn sie weniger kommunizieren als üblich, kann das ein Hinweis darauf sein, dass das Ökosystem gefährdet ist“, erklärt der Leiter der Studie Professor Randolf Menzel von der Freien Universität Berlin.

Das Forschungsteam arbeitete über einen Zeitraum von fünf Jahren mit 30 Imkern in ganz Deutschland zusammen. „Es hat sich gezeigt, dass die ESF-Signale in Vorbereitung auf das Schwärmen ausgesendet werden und dass ihre Stärke nicht von Umweltbedingungen wie Feuchtigkeit und UV-Strahlung abhängt“, sagt Randolf Menzel.

Besonders interessant war für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der sogenannte Schwänzeltanz, also ein Bewegungsablauf, der als Nachrichtensystem fungiert. „Die Honigbiene bewegt sich in einem Achtermuster und laufen zwischen dem gestreckten Teil der Kreuzung zum Ausgangspunkt zurück. Damit kommunizieren die Tiere die Flugrichtung und Entfernung von Nahrungsquellen“, erläutert Randolf Menzel. Andere Bienen folgen der tanzenden Biene und lesen auf diese Weise ihre Botschaft, die sie dann als Informationen für ihre Flüge anwenden.

Die Forscherinnen und Forscher fanden auch heraus, dass die Bienen sowohl tagsüber als auch nachts Schwänzeltänze aufführen. Außerdem sei in der Studie deutlich geworden, dass Insektizide, die zur Behandlung gegen Schädlingsmilben eingesetzt werden, einen negativen Einfluss auf die Kommunikation der Honigbienen haben.

„Wir konnten viele Daten sammeln. Aber wir haben erst begonnen, Algorithmen des maschinellen Lernens anzuwenden, um die Signale des elektrostatischen Feldes zu trennen und zu quantifizieren“, sagt Randolf Menzel. Dem Biologen zufolge sind weitere Studien nötig, um die Daten besser und genauer interpretieren zu können. Für aussagekräftige Ergebnisse über die Auswirkungen von Pestiziden und den Gesundheitszustand der Bienen in größeren Gebieten müssten außerdem viele Messgeräte zum Einsatz kommen. In der Zukunft könne das Abhören von Bienen weitere wichtige Informationen liefern und damit entscheidend für das Verständnis und den Schutz ganzer Ökosysteme sein.


Literatur:

Paffhausen BH, Petrasch J, Greggers U, Duer A, Wang Z, Menzel S, Stieber P, Haink K, Geldenhuys M, Čavojská J, Stein TA, Wutke S, Voigt A, Coburn J, Menzel R. The Electronic Bee Spy: Eavesdropping on Honeybee Communication via Electrostatic Field Recordings. Front Behav Neurosci. 2021 Apr 28;15:647224. doi: 10.3389/fnbeh.2021.647224. PMID: 33994968; PMCID: PMC8115936.


Quelle: Freie Universität Berlin: www.fu-berlin.de

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