Mittwoch, November 5, 2025

Tumoren bei Kindern

In der Behandlung von kindlichen soliden Tumoren konnten in den letzten 30 Jahren erhebliche Fortschritte erzielt werden.

Ende der 70-iger-Jahre des vorigen Jahrhunderts starben trotz erfolgreich durchgeführter Operationen nahezu 80 Prozent aller Kinder an soliden Tumoren wie Nierentumoren, Lebertumoren, Weichteiltumoren oder Neuroblastomen. Heute überleben 80 Prozent dieser Kinder. Die Gründe liegen in der Etablierung von sogenannten Therapie-Optimierungsprotokollen durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit von vielen Professionen in der Medizin, maßgeblich Hämatologen/Onkologen, Chirurgen und Strahlentherapeuten. Letztlich werden heute weit mehr als 90 Prozent aller Kinder in Deutschland nach einem einheitlichen für Tumoren spezifischen Behandlungsprotokollen behandelt.

 

Sehr fortgeschrittene metastasierte Tumoren und Tumorrezidive sind eine Herausforderung

Dieser medizinhistorische Erfolg ist aber nur eine Seite der Medaille. Eine ungelöste Herausforderung in der Behandlung von kindlichen Tumoren sind sehr fortgeschrittene metastasierte Tumoren und Tumorrezidive. Hier sind die Behandlungserfolge mit einer Fünfjahresüberlebensrate von unter 40 Prozent ungleich schlechter und konnten trotz neuer Behandlungskonzepte in den letzten zehn Jahren nicht verbessert werden. Ein weiteres Problem sind die Spätfolgen nach Tumorbehandlung, wozu auch Zweitkrebserkrankungen wie Schilddrüsenkarzinome oder Leukämien zählen.

Die Seltenheit der kindlichen Tumoren macht in unserem Land eine Zentralisierung dieser Behandlung und eine internationale Kooperation dringend notwendig, um gerade auf dem Gebiet von metastasierenden Erkrankungen und Tumorrezidiven den Behandlungseffekt durch einheitliche internationale Protokolle auch statistisch und somit nachhaltig zu untermauern. Ein klassisches Beispiel hierfür ist der PHITT-Trial, ein einheitliches internationales Protokoll für kindliche Lebertumoren, der mit sechs zusätzlichen Arbeitspaketen durch die EU mit dem ChiLTERN-Projekt in Höhe von sieben Millionen Euro gefördert wird.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat durch Vorgaben von Strukturkriterien versucht, den Bereich der pädiatrischen Onkologie in unserem Land zu stärken und die Behandlung der Kinder in Zentren zu optimieren. Diese Zielstellung wurde letztlich nicht erreicht. Wir haben in unserem Land mehr als 100 Zentren, die diese Vorgaben erfüllen und zum Teil pro Jahr weniger als zehn Kinder mit bösartigen Neuerkrankungen behandeln.

Wir benötigen eine signifikante Reduktion der Zentren für pädiatrische Hämatologie und Onkologie sowie eine Zentralisierung der Tumorchirurgie im Kindesalter, um die Versorgungsqualität und die Behandlungsergebnisse zu verbessern. Dieses Problem wurde durch die Deutsche Krebsgesellschaft erkannt. Sie startete im Jahr 2017 mit der Zertifizierung von kindlichen Zentren zur Krebsbehandlung. Diese basiert nicht nur auf harten strukturellen Vorgaben, sondern auch auf Mindestmengen. Eckwerte sind zum Beispiel 30 Neuerkrankungen pro Jahr, strukturierte, im SAP dokumentierte Behandlungsabläufe und externe Audits im Abstand von drei Jahren.

In den einzelnen chirurgischen Fächern sind definierte Operationszahlen, eine vorgeschriebene Anzahl an Fachärzten, ein 24-Stunden-Bereitschaftsdienst und eine Fortbildungspflicht auf dem Sektor Onkologie vorgeschrieben. Außerdem soll der Stellenwert referenzchirurgischer Zentren unter Einbeziehung der Telemedizin für sehr komplexe Tumoren ausgebaut werden.

Letztlich kann mit diesen Maßnahmen die dringend notwendige Zentralisierung der Tumorbehandlung im Kindesalter bei gleichzeitiger Verbesserung der Versorgungsqualität erreicht werden.

Quelle:

Statement » Erfolgsgeschichte und Herausforderungen in der pädiatrischen Tumorchirurgie unter dem Aspekt von Telemedizin / Referenzchirurgie und Zertifizierung pädiatrisch onkologischer Zentren « von Professor Dr. med. Jörg Fuchs, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie e.V. (DGCH); Direktor der Klinik und Poliklinik für Kinderchirurgie und Kinderurologie am Universitätsklinikum Tübingen am 135. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie

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