Mittwoch, April 24, 2024

Große Fortschritte in der Therapie von Lungenkrebs

Das Management der Therapie von Lungenkrebs bringt heute dank moderner, innovativer Strategien verbesserte Behandlungsergebnisse.

In den letzten zwei Jahrzehnten konnte man in der Therapie vieler Foren von Lungenkrebs sehr vielversprechende Fortschritte erzielen. Beispielsweise konnte man dadurch die Überlebenszeit sowie auch die Lebensqualität von Betroffenen maßgeblich verbessern. Bis vor rund zehn Jahren standen für fortgeschrittene Stadien ausschließlich Chemotherapien zur Verfügung. Mittlerweile kommen zunehmend auch Immuntherapien und zielgerichtete Therapien zum Einsatz.

Allerdings sind für ein gutes Management von Krebserkrankungen umfassende Informationen für die Betroffenen sehr wichtig. Doch eine fundierte und gleichzeitig auch für Laien gut verständliche Aufklärung über die oft sehr breiten Möglichkeiten zur Therapie der verschiedenen Formen von Lungenkrebs erfordert allerdings auch viel Zeit. „Die Aufklärung und Information über Wirkmechanismen, mögliche Nebenwirkungen und potenzielle Anwendungsgebiete wird zunehmend aufwändiger“, stellt Univ.-Prof. Dr. Gabriela Kornek, Ärztliche Direktorin des AKH Wien, Präsidentin des Vereins „Leben mit Krebs“, fest. In diesem Zusammenhang übernimmt der Verein „Leben mit Krebs“ in der Wissensvermittlung für Betroffene, Angehörige und medizinische Berufsgruppen eine wichtige Rolle ein.

 

Biomarker-Testung (Reflextestung): Stellenwert der Biomarker

„Einen zentralen Anteil an den Verbesserungen hat die Identifizierung verschiedener Biomarker, welche detaillierte Informationen über das Tumorgewebe liefern“, berichtet OÄ Dr. Dagmar Krenbek, Institut für Pathologie und Bakteriologie, Klinik Floridsdorf. Dabei handelt es sich um bestimmte Strukturen wie Rezeptoren im Tumor oder Mutationen im Tumorerbgut. In Österreich wird hierzu mittlerweile bei neu diagnostizierten Lungenkarzinomen eine reflektorische Biomarkertestung („Reflextestung“) durch die Pathologien durchgeführt.

Die Bestimmung der Biomarker bietet die Grundlage für eine selektive Planung der Therapie von Lungenkrebs. Denn das erlaubt eine individuelle Prognose darüber, welche Substanz mit hoher Wahrscheinlichkeit die beste Wirkung erreichen kann. Dadurch gelingt es auch immer besser, den betroffenen Patienten nebenwirkungsreichere Behandlungen zu ersparen.

 

Immuntherapie und zielgerichtete Therapie

Die Immuntherapie stellt bereits seit einigen Jahren eine wichtige Säule in der Therapie von Lungenkrebs dar. Dabei sollen bestimmte Substanzen – Checkpoint-Inhibitoren – das körpereigene Immunsystem reaktivieren. Dadurch soll das Immunsystem den Tumor als schädlich erkennen und bekämpfen.

„Zunächst wurde das Therapiekonzept im metastasierten Setting, also bei unheilbaren Patient:innen, getestet“, so Ap.Prof. Priv.-Doz. DDr. Barbara Kiesewetter-Wiederkehr, Univ.-Klinik für Innere Medizin, Klinische Abteilung für Onkologie. „Mittlerweile belegen immer mehr Studiendaten und klinische Erfahrungen die Effektivität der Immuntherapie – und zwar auch in früheren Krankheitsstadien. Dieser Benefit wird zunehmend auch durch Langzeitdaten bestätigt.“

Mittlerweile ist zudem eine Vielzahl von sogenannten Targets bekannt, die eine zielgerichtete Therapie von Lungenkrebs ermöglichen. Dazu zählen beispielsweise Mutationen an EGFR, KRAS-, ALK-, ROS1-Rezeptor, NTRK oder RET. Bei 60 Prozent der westlichen Bevölkerung kann bereits ein Target bestimmt werden, für einen Großteil dieser Targets wurde mittlerweile eine Therapie entwickelt.



„Durch Einführung moderner zielgerichteter Substanzen konnten sowohl die Behandlungsergebnisse als auch die Verträglichkeit deutlich verbessert werden“, betont OA Dr. Maximilian Hochmair, Leiter der onkologischen Tagesambulanz/Tagesklinik, Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie Krankenhaus Nord-Klinik Floridsdorf. Das bedeutet, dass man aktuell rund 40 bis 50 Prozent der Patienten eine maßgeschneiderte Behandlung anbieten kann.

In den letzten Jahren wird zunehmend dazu übergegangen, Therapien, die früher dem Stadium IV vorbehalten waren, bereits in früheren Stadien von Lungenkrebs anzuwenden. Beispielsweise wird bei EGFR-Mutation eine zielgerichtete Therapie nun auch nach einer Operation eingesetzt. Aktuelle Studien laufen zur Anwendung auch vor Operationen. Insgesamt geht also der Trend dahin, moderne Substanzen auch in frühere Therapielinien zu integrieren.

 

Krankengeschichte gibt Hoffnung

Kerstin Schumitsch ist eine jener Menschen, die bereits von den innovativen Behandlungsmöglichkeiten in eindrucksvoller Weise profitiert haben. Bei der Nichtraucherin wurde im März 2017 metastasierter Lungenkrebs festgestellt. Sie war damals gerade einmal 30 Jahre alt und Mutter zweier Kinder.

Zunächst erhielt sie eine sehr belastende Chemotherapie. Die hat man aufgrund starker Nebenwirkungen im August 2018 auf eigenen Wunsch abgesetzt. Anfang 2019 kam es zu einem Wiederaufflammen der Krankheitsaktivität. Nach einer erneuten Gewebeentnahme ging es der jungen Patientin sehr schlecht. Sie litt unter Atemnot, hustete Blut, war völlig entkräftet und musste stationär aufgenommen werden.

Auf Basis einer Biomarker-Testung wurde im Mai 2019 mit einer innovativen zielgerichteten Therapie zum Schlucken begonnen. Bereits nach wenigen Tagen ging es Frau Schumitz deutlich besser. Sie konnte das Krankenhaus verlassen und bereits wenig später mit ihren Kindern Radfahren gehen. Seither ist sie unter laufender Behandlung beschwerdefrei. Sie kann ihren Alltagsaktivitäten nachgehen und ihre Kinder problemlos versorgen. Die mittlerweile 35-Jährige hat wieder neuen Lebensmut gefasst und möchte mit ihrer Geschichte anderen Menschen Mut machen: „Nicht aufgeben! Ein gutes Leben mit Krebs ist möglich“, lautet die Botschaft von Kerstin Schumitsch.




Awareness-Monat Lungenkrebs:

Vortragsabend am 28. November

Krebstherapien werden laufend vielfältiger und immer komplexer. In diesem Sinne findet am Montag, dem 28. November, von 16:30 bis zirka 19:00 Uhr im Apothekertrakt des Schlosses Schönbrunn eine Informationsveranstaltung für Interessierte zum Thema Lungenkrebs statt. Für all jene, die nicht vor Ort teilnehmen können, wird es einen Livestream geben. Seit vielen Jahren ist „Leben mit Krebs“ dazu übergegangen, Aufzeichnungen der Vorträge allgemein zugänglich auf die Website zu stellen. Dies ermöglicht es Interessent:innen, die Inhalte in Ruhe zu Hause nachzuhören.


Weitere Informationen: www.leben-mit-krebs.at

Related Articles

Aktuell

Kombination von Azelastin und dem Nasenspray Fluticason bei allergischer Rhinitis

Die Kombination von Azelastin und dem Corticoid-Nasenspray Fluticason kann die Symptome einer allergischen Rhinitis deutlich verringern. Allergische Rhinitis, oft gekennzeichnet durch Symptome wie Niesen, Nasenjucken,...
- Advertisement -

Latest Articles

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...

Ernährung bei Frauen in der Perimenopause

Der Einfluss des Zustands der Ernährung von Frauen in der Perimenopause ist ein wichtiger Faktor für deren Gesundheit und Lebensqualität. Der Zustand der Ernährung spielt...

Terpene und Cannabinoide in Cannabis sativa, dem Hanf

Cannabis sativa, der Hanf-Pflanze, und seine medizinische Bedeutung – ein Überblick über Terpene und Cannabinoide. Cannabis sativa, allgemein bekannt als Hanf, zählt zu den ältesten...