Kurzsichtigkeit bei Kindern soll durch Spielen im Freien verhindert werden können, wenn Kinder dabei etwa drei Stunden lang mindestens 10.000 Lux ausgesetzt sind.
Ein großer Anteil der Bevölkerung ist kurzsichtig – Tendenz steigend. Die sogenannte Myopie – Kurzsichtigkeit – nimmt in vielen Staaten Europas, Amerikas und besonders stark in Südostasien geradezu epidemische Züge an. Dabei lässt sich der Fehlsichtigkeit womöglich relativ einfach vorbeugen: Mehrere Studien haben ergeben, dass eine Kurzsichtigkeit bei Kindern umso seltener vorkommt, wenn für sie Spielen im Freien häufig und lang im Alltag eingebettet ist. Denn helles Tageslicht fördert die Freisetzung von Dopamin in der Netzhaut und verhindert das Längenwachstum des Augapfels.
Viel Licht setzt Dopamin in der Netzhaut frei – mit diesem Hintergrund soll das Spielen im Freien gegen Kurzsichtigkeit bei Kindern helfen
Bei der Myopie ist in der Regel der Augapfel zu lang und damit die Entfernung der Hornhaut und Linse von der Netzhaut größer als normal. Kurzsichtige Menschen sehen weiter entfernte Gegenstände verschwommen, nahe Dinge können sie dagegen problemlos erkennen. Warum Kurzsichtigkeit bei Kindern aber auch Erwachsenen bei bestimmten Menschen entsteht und warum bei anderen nicht, ist seit vielen Jahren Thema der Forschung, wobei Zwillingsstudien darauf hinweisen, dass Erbfaktoren mitschuld sind.
Dass das aber nicht der einzige Grund sein kann, darauf verweist eine bereits 1969 veröffentlichte Studie hin, in der Inuit im Norden Alaskas untersucht wurden. Bei den noch in isolierten Gemeinschaften aufgewachsenen Erwachsenen waren nur zwei von 131 kurzsichtig. Eine Kurzsichtigkeit bei Kindern und Enkeln mit verändertem Lebensstil konnte hingegen bereits bei mehr als der Hälfte beobachtet werden.
Studien zur Kurzsichtigkeit bei Kindern
Viele Studien einschließlich der kürzlich erschienenen „Gutenbergstudie“ aus Mainz haben gezeigt, dass Kurzsichtigkeit eng mit dem Ausbildungsstand verknüpft ist. Ausbildung beinhaltet mehr Lesen und mehr Aufenthalt in geschlossenen Räumen. Obwohl die meisten epidemiologischen Studien einen Zusammenhang zwischen Kurzsichtigkeit und „Naharbeit“ gefunden haben, ist nach Meinung von Experten immer noch schwer zu fassen, was genau beim Lesen die Kurzsichtigkeit auslöst.
Täglich etwa drei Stunden lang mindestens 10.000 Lux durch Spielen im Freien gegen Kurzsichtigkeit bei Kindern
Eine besondere Rolle nimmt hingegen der Faktor Tageslicht ein. Zahlreiche Studien weisen darauf hin, dass der Aufenthalt im Freien einer Kurzsichtigkeit bei Kindern entgegenwirkt – vermutlich wegen der besseren Lichtverhältnisse. Denn in Innenräumen werden meist nicht mehr als 500 Lux erreicht, an sonnigen Tagen im Freien dagegen selbst im Schatten etwa 10.000 Lux. Demnach schätzt man, dass Kurzsichtigkeit bei Kindern verhindert werden kann, wenn sie täglich etwa drei Stunden lang mindestens 10.000 Lux ausgesetzt sind.
In einem Tiermodell konnte ein Zusammenhang von Licht mit Dopamin gezeigt werden. Versuche an Küken, die eine Injektion ins Auge mit dem Dopamin-Hemmstoff Spiperone erhielten, hob bei ihnen den schützenden Effekt des Lichts wieder auf. Diese Erkenntnisse sind nicht nur ein Meilenstein für die Myopie-Forschung, sie zeigen auch, dass Kinder Spielen im Freien so oft wie möglich betreiben sollten.
Literatur:
Elie Dolgin: The myopia boom. Nature 519, 276-278, 19. März 2015, doi:10.1038/519276a Artikel
Helmut Schatz: Kurzsichtigkeit durch verminderte Dopaminbildung im Auge bei zu wenig Licht? – Kinder sollen mehr ins Freie! DGE-Blogbeitrag vom 10. April 2015. Blog-Beitrag
Quelle und weitere Informationen: http://www.endokrinologie.net
