Donnerstag, April 25, 2024

Sexualerziehung: Warum Schule und Eltern zusammenarbeiten sollten

Aufklärung, Sexualerziehung, in der Schule ist ein kontroverses Thema, wobei sich hierzu Lehrer und Eltern ergänzen sollten.

Eine rezente Schweizer Studie lässt nun vermuten, dass die Sexualerziehung von Schule und Eltern ergänzend erfolgen sollten. Es zeigte sich auch, dass Informationen zur Sexualität aus im Internet oder von Freunden eher problematisch ist.

 

Sexualerziehung, Aufklärung, Sexualkunde in der Schule

Im Grunde genommen ist Sexualerziehung beziehungsweise Sexualkunde in der Schule seit langem ein kontroverses Thema. Eine vom Schweizerischen Nationalfonds finanzierte Forschungsgruppe wollte nun herausfinden, ob die sexuelle Gesundheit junger Menschen damit zusammenhängt, von wem sie aufgeklärt wurden. Dazu wertete die Forscher Daten aus einer gesamtschweizerischen Befragung von 2017 aus. Die endgültige Stichprobe umfasste gegen 5000 Personen.

Die wichtigste Schlussfolgerung der Studie: Der Sexualkundeunterricht in der Schule hat einen positiven Einfluss auf die sexuelle Gesundheit. So waren Befragte, welche die Schule als Hauptinformationsquelle nannten, am wenigsten häufig von sexuell übertragbaren Infektionen betroffen.

Zudem vermuten viele Menschen, dass die Jugendlichen ihre ersten sexuellen Erfahrungen heute früher machen. Überraschendes Ergebnis der Unterscuhung war aber, dass das nicht der Fall ist.

 

Sexualerziehung im Freundeskreis

Für die Studie beantworteten 4978 junge Erwachsene aus der ganzen Schweiz eine spezielle Frage. »Wer hat mit Ihnen während Ihrer Kindheit und Jugend hauptsächlich über Sexualität gesprochen?« Die Teilnehmenden konnten dabei aus neun Vorschlägen nur einen auswählen.

Die ursprüngliche Stichprobe stammte vom Bundesamt für Statistik und war repräsentativ für die 24- bis 26-jährige Bevölkerung in der Schweiz. Alle diese jungen Erwachsenen wurden von den Forschenden angeschrieben und gebeten, an der Umfrage mitzumachen. Die Rücklaufquote war mit 15,1 Prozent allerdings tiefer als erwartet.

Einerseits war den Forschern bewusst, dass Sexualität nach wie vor ein heikles Thema ist. Andererseits war die Stichprobe aber immer noch gross genug. Die Daten und die Analyse sind genügend aussagekräftig, um die gestellten Fragen zu beantworten. Und die Wissenschaftler konnten somit die letzte Erhebung über das Sexualverhalten junger Menschen von 1995 aktualisieren.

Das Forschungsteam unterteilte die Teilnehmenden aufgrund ihrer Antworten in sechs Gruppen, je nach ihrer Hauptinformationsquelle für die Aufklärung: Freundeskreis, Eltern, Schule, Internet, niemand, andere. Auf dem ersten Platz landeten die Freundinnen und Freunde mit 38,9 Prozent, gefolgt von den Eltern mit 27,3 Prozent, der Schule mit 19,1 Prozent und dem Internet mit 8 Prozent.

Die Wissenschaftler verglichen die sechs Gruppen dann bezüglich soziodemografischen Kriterien und ersten sexuellen Erfahrungen. Weiter standen Schwangerschaft, Risikoverhalten (sexuell übertragbare Infektionen), die Zahl der Sexualpartner sowie Daten über ungewollte sexuelle Erfahrungen im Fokus.

 

Schule und Eltern sollten vertrauenswürdige Onlineangebote zur Sexualerziehung empfehlen und einsetzen

Der Vergleich weist darauf hin, dass Kinder, deren Pubertät besonders früh oder spät einsetzt, Nicht-Heterosexuelle und junge Männer eher Informationen im Internet suchen. Gleichzeitig zeigen sich bei Jugendlichen, die das Internet und den Freundeskreis als Hauptquellen für die Aufklärung nutzen, häufiger negative Entwicklungen wie riskantes Sexualverhalten. Das ist ein grosses Problem, betonen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Der Aufklärungsunterricht in der Schule muss alle sexuellen Identitäten einschliessen und auch Kinder berücksichtigen, die sehr früh oder spät in die Pubertät kommen. DieForscherinnen und Forscher sind aber auch überzeugt, dass man den Kindern beibringen, wie sie die verschiedenen Quellen nutzen können. Und wie sie beispielsweise ihre Internet-Kompetenzen verbessern können. Schule und Eltern sollten junge Menschen auf gute, vertrauenswürdige Onlineangebote hinweisen und diese selber zur Unterstützung einsetzen.

Junge Frauen wurden im Übrigen häufiger von ihren Eltern – meistens der Mutter – über Sexualität aufgeklärt als junge Männer. Vermutlich bemühen sich die Eltern eher um die Aufklärung, weil die Mädchen schwanger werden können.

Es gibt aber auch eine weitere Erklärung: Die erste Periode ist ein guter Anlass, ein Gespräch über Sexualität allgemein zu beginnen. Ein Ankerpunkt beim Heranwachsen, den es beim männlichen Körper nicht gibt. Die Forscherinnen und Forscher betonen jedoch, dass die Verantwortung für Verhütung und Schutz im Hinblick auf eine positive Sexualität und eine gute sexuelle Gesundheit alle Geschlechter betreffe.

 

Starke Partnerschaft zwischen Eltern und Schule von Vorteil

Bei den Befragten, die als Hauptquelle die Schule angaben – und mit nur wenig Abstand bei denjenigen, die hauptsächlich von ihren Eltern aufgeklärt wurden – waren sexuell übertragbare Infektionen am seltensten (6,8 Prozent bzw. 8,2 Prozent). In der Gruppe, die das Internet oder den Freundeskreis nannte, erreichte dieser Anteil hingegen 11,3 bzw. 11,7 Prozent. Ähnlich fielen die Ergebnisse bei der Frage aus, ob die Teilnehmenden Geschlechtsverkehr hatten, ohne diesen wirklich zu wollen.

Deshalb bekräftigen die Autoren, wie wichtig eine starke Partnerschaft zwischen Schule und Eltern ist. Unter dem Strich sollte zwar die erste Quelle für die Sexualerziehung die Eltern sein, doch die Schule kann sie dabei unterstützen. Manchmal ist es für Eltern allerdings schwierig über Sexualität zu sprechen; etwa den richtigen Moment zu finden oder alle Aspekte abzudecken. Im Sexualkundeunterricht hingegen gibt es einen festen Lehrplan. Jedenfalls sollte man Schule und Eltern in der Aufklärung nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern sie sollten sich bei der Sexualerziehung ergänzen.


Literatur:

Barrense-Dias Y., Akre C., Surís J., Berchtold A., Morselli D., Jacot-Descombes D., Leeners B. (2019) Does the Primary Resource of Sex Education Matter? A Swiss National Study. Hrsg.: The Journal of Sex Research (2019). doi: 10.1080/00224499.2019.1626331

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