Donnerstag, März 28, 2024

Reiseimpfungen und Weltseuchenlage im Blickpunkt

Reiseimpfungen gehören zu den effektivsten Vorsorgemaßnahmen vor Reisen. Dabei muss der Fachmann immer auch geänderte Einreisebedingungen berücksichtigen.

Die reisemedizinische Beratung bietet ein sehr gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis, wenn Reisende aktuelle Informationen unter anderem zu Reiseimpfungen berücksichtigen und weitere Vorsorgemaßnahmen entsprechend anpassen. Hierzu ist auch ein Blick auf die aktuelle Weltseuchenlage wichtig.

 

Reiseimpfungen veränderten lokalen Gegebenheiten anpassen

Im Grunde genommen können auch lokale Krankheitsausbrüche zu Epidemien werden. Dadurch, aber auch aus anderen Gründen, können sich beispielsweise auch Einreisebedingungen ändern. Zahlreiche Ländern der Welt melden Masernausbrüche, wobei diese sehr leicht übertragbare Infektionskrankheit keineswegs harmlos ist. Denn etwa jeder 1000. Erkrankte stirbt. Neben Ausbrüchen in zahlreichen Ländern Südamerikas sowie Afrikas zeigen sich weiterhin beschämend hohe Fallzahlen in Europa.

Die seit Längerem unvermindert andauernden Choleraausbrüche im Jemen sowie in Haiti und der Dominikanischen Republik beachtet die Welt viel zu wenig. Allerdings sind sie in den betroffenen Regionen aber von wesentlicher Bedeutung. Ende 2018 ist ein Ausbruch in der DR Kongo hinzugekommen. Reisende sollten einen guten Impfschutz beachten.

Der Ebola-Ausbruch im Osten Kongos hat sich mittlerweile zum zweitgrößten, der jemals registriert wurde, entwickelt. Ein wesentlicher Faktor beim fehlenden Erfolg in der Bekämpfung der Epidemie ist die politische Unsicherheit in der Region, da Bürgerkriegsparteien immer wieder Kontrollmaßnahmen verhindern.

Unter dem Strich gehört das Dengue-Fieber weiterhin zu den weltweit am häufigsten auftretenden Infektionskrankheiten. Der erste Impfstoff gegen die Infektion ist nun seit wenigen Jahren in einigen Ländern verfügbar. Die Ergebnisse sind jedoch enttäuschend. Der Impfschutz ist bei Weitem nicht ausreichend, um groß angelegte Impfkampagnen zu rechtfertigen. Nun richtet sich alle Hoffnung auf einen weiteren Dengue-Impfstoff, der sich in der letzten Phase der klinischen Prüfungen befindet.

 

Zika und Malaria

Auch wenn die Fallzahlen durch Zika-Virus insgesamt gesunken sind, breitet sich der Erreger kontinuierlich weiter aus. Mittlerweile sind nicht nur fast ganz Lateinamerika, die Karibik und die Südstaaten der USA betroffen. Auch in Asien und Afrika findet Zika schnell Verbreitung: Hier sind ebenfalls wichtige Reiseziele betroffen.

Nachdem wir uns über Jahre an stetig fallende Malaria-Zahlen in der Welt gewöhnt hatten, ist 2016 eine Kehrtwende eingetreten. Seitdem steigen die Malaria-Fälle in vielen Ländern wieder an. So war das gesamte südliche Afrika in den letzten beiden Regenzeiten stark betroffen. Eine gute Vorsorge zum Malaria-Schutz wird bei Reisen in Risikogebiete wieder wichtiger.

 

Aktueller Überblick zu Reiseimpfungen

Reiseimpfungen werden zu Recht als eine der effektivsten Maßnahmen bezeichnet, die die Medizin zur Verfügung hat. Angesichts der weltweiten Erkrankungszahlen an impfpräventablen Krankheiten ist es unverständlich und auch tragisch, dass die Impfraten in vielen Fällen immer noch unter dem wünschenswerten Niveau liegen. Dem kann nur durch innovative Ansätze zur Förderung des Impfgedankens abgeholfen werden. Die reisemedizinische Beratung bietet hierzu eine hervorragende Gelegenheit.

Bei den Reiseimpfungen kann unterschieden werden zwischen Pflichtimpfungen, die zur Einreise in einzelnen Ländern vorgeschrieben sind, Standardimpfungen, die generell allen Reisenden empfohlen werden, und Indikationsimpfungen, die in besonderen Situationen angezeigt sind.

Die Indikation für Reiseimpfungen ist in hohem Maße auch der epidemiologischen Dynamik einzelner Erkrankungen unterworfen. Mit der globalen Zunahme an Zahl, Ausbreitung und Inzidenzen von Infektionskrankheiten ist der Bedarf an neuen Impfstoffen in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Zudem sind zahlreiche neu eingeführte oder vor der Einführung stehende Impfstoffe, die primär nicht für die Reisemedizin entwickelt worden sind, auch im Rahmen der Beratung vor Auslandsreisen interessant.

Die neuen Konjugat- und Proteinvakzinen gegen Meningokokken-Meningitis durch die Serotypen ACWY und B stellen einen echten Durchbruch in der Bekämpfung dieser Erkrankung dar. Sie sollten zukünftig einen erheblichen Stellenwert bei der Immunisierung von Kindern und Jugendlichen haben. Hierauf sollte bei der reisemedizinischen Beratung eingegangen werden.

 

Konjugatimpfung bei Älteren und chronisch Kranken

Eine wichtige Änderung für die Beratung älterer und chronisch kranker Reisender hat die Zulassung der 13-valenten Konjugatimpfung gegen Pneumokokken für alle Altersgruppen gebracht. Bedauerlicherweise wird seitens der Ständigen Impfkommission (STIKO) immer noch der Polysaccharidimpfstoff präferiert. Der Experte kann bei der reisemedizinischen Beratung jedoch die Vorteile der Konjugatimpfung verdeutlichen.

Für dieselbe Zielgruppe ist auch der neue Totimpfstoff gegen Gürtelrose (Herpes zoster) relevant, der seit der ersten Jahreshälfte 2018 verfügbar ist. Diese ausgesprochen häufige Infektion kann durch die neue Impfung mit sehr hoher Effektivität verhindert werden.

 

Neue Impfstoffe

Eine beachtliche Zahl von Impfstoffen befindet sich derzeit in Entwicklung beziehungsweise bereits in klinischer Prüfung. Jedoch sind die Aussichten auf Marktreife sehr unterschiedlich zu beurteilen.

Die intensive Arbeit an einem Impfstoff gegen Dengue-Viren hat zur Zulassung eines ersten Produktes, dem Dengvaxia ®,  in einzelnen Endemieländern geführt. Die Ergebnisse sind jedoch zunehmend enttäuschend. Hier richtet sich alle Hoffnung auf einen neuen Impfstoff gegen Dengue, der sich bereits in der letzten Phase der klinischen Prüfung befindet.

Ähnliches gilt für den ersten Impfstoff gegen Malaria (Mosquirix®). Dieser wird zwar in einzelnen afrikanischen Ländern eingesetzt, aber auch hier bleiben die Erfolge deutlich unter dem erhofften Effekt.

Zukünftig sollen auch Impfstoffe gegen Zika, Chikungunya, Ebola, West-Nil-Viren, Noroviren, Borrelien und andere Erreger zur Verfügung stehen. Zusätzlich sind einige Krankenhaus beziehungsweise nosokomiale Keime im Visier, wie Pseudomonas und Clostridium difficile.

Insgesamt sind in den nächsten Jahren zahlreiche Neuentwicklungen und Zulassungen von Impfstoffen zu erwarten, die in vielen Fällen überwiegend auch in der reisemedizinischen Beratung relevant sein werden. Problematisch ist der seit einigen Jahren immer wieder auftretende Mangel an Impfstoffen, der zum Teil erhebliche Ausmaße annimmt.

So war es 2018 über längere Zeiträume nicht möglich, Reisende rechtzeitig gegen Tollwut und Hepatitis A zu impfen. Hier empfiehlt sich eine frühzeitige Vorstellung vor Abreise, um eventuelle Versorgungsengpässe auffangen zu können.

Quelle:

Weltseuchenlage und Reiseimpfungen: Was gibt es Neues? Prof. Dr. med. Tomas Jelinek, Wissenschaftlicher Leiter des CRM Centrum für Reisemedizin, Düsseldorf; Medizinischer Leiter BCRT – Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin. 20. Forum Reisen und Gesundheit, März 2019, Berlin. CRM Centrum für Reisemedizin.

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