Mittwoch, März 26, 2025

Plastisch-rekonstruktive Chirurgie

Auch für die plastisch-rekonstruktive Chirurgie stellen sich neue Herausforderungen durch die kontinuierliche Zunahme der Lebenserwartung.

Bedingt durch die kontinuierliche Zunahme der Lebenserwartung stellen sich – wie auch in anderen Bereichen der Medizin – für die plastisch-rekonstruktive Chirurgie neue Herausforderungen, die mit den Begleiterscheinungen des höheren Lebensalters verbunden sind. Nach den Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes von 2016 haben Menschen in Deutschland bei Geburt eine Lebenserwartung von 78,2 Jahren (männlich) beziehungsweise von 83,1 Jahren (weiblich). Seit Beginn der statistischen Aufzeichnungen zum Ende des 19. Jahrhunderts hat sich die Lebenserwartung Neugeborener damit mehr als verdoppelt. Während in der Vergangenheit der bestimmende Faktor für einen Anstieg der Lebenserwartung die sinkende Säuglings- und Kindersterblichkeit war, ist es heutzutage die sinkende Sterblichkeit im höheren Alter (Statistisches Bundesamt, Sterbetafel 2013/2015). Für die medizinische Versorgung und speziell für die plastisch-rekonstruktive Chirurgie ergeben sich daraus direkte Auswirkungen. So nimmt aufgrund des noch vor Jahrzehnten üblichen sorglosen Umgangs mit den UV-Strahlen der Sonne heute mit zunehmendem Lebensalter das Auftreten von Hautkrebs dramatisch zu. Der Versorgung einer alternden Gesellschaft und den hiermit einhergehenden Herausforderungen und Ansprüchen muss Rechnung getragen werden.

Neben einer Erweiterung der Rekonstruktionsverfahren ist die rasante Weiterentwicklung und Standardisierung der Mikrochirurgie auf Basis verbesserter und neu entwickelter Instrumente ein wesentlicher Erfolg der letzten Dekaden. Dadurch ist heutzutage der freie Gewebetransfer mit geringer Hebemorbidität und niedrigen Lappenverlustraten nahezu unabhängig vom Alter möglich (Ludolph et al. 2015). Das zunehmende Wissen über die Gewebeperfusion und die Vielzahl möglicher Gewebeentnahmestellen und -arten ermöglichen die sichere Durchführung von freien Gewebetransfers nahezu unabhängig vom Patientenalter in geeigneten Fällen. Durch die Standardisierung der Verfahren sind auch größere rekonstruktive Eingriffe, im Zweifelsfall auch als palliative Maßnahmen, selbst im hohen Lebensalter und bei Vorliegen von Komorbiditäten heute fast immer durchführbar. Verjauchende, also aufbrechende Tumoren oder stigmatisierende Veränderungen, welche die betroffenen älteren Patienten zusätzlich gesellschaftlich isolieren, können heute fast immer erfolgreich operativ behandelt werden. Chronische Wunden beispielsweise als Folge von Diabetes mellitus, peripherer arterieller Verschlusskrankheit oder Druckulzera, Defekte nach operativen Tumorbehandlungen, aber auch unfallbedingte Wunden in einem älteren Patientenkollektiv stellen dabei einen Großteil des Spektrums dar.

Eine einheitlich anerkannte Definition des Begriffs „Alter“ existiert in der operativen Medizin allerdings nicht. Altersgrenzen variieren in diesem Zusammenhang literaturabhängig zwischen 60 und 75 Jahren für die Definition des „alten Patienten“, mit einer allgemeinen Grenze von 85 Jahren als „sehr alt“. Um die tatsächliche Operationsindikation im Einzelfall abzuschätzen, ist aber die Unterscheidung zwischen dem tatsächlichen / chronologischen und dem biologischen Alter relevant. Neben dem biologischen Alter kommt daher dem Begriff der Frailty aktuell mehr und mehr Bedeutung zu. Frailty beschreibt die Gebrechlichkeit, welche sich als Konsequenz der altersassoziierten Funktionseinbußen entwickelt und zu einer erhöhten Vulnerabilität des gesamten Organismus führt. Sie ist ein Zustand erhöhter Anfälligkeit gegenüber externen und internen Stressoren. Das Risiko, durch eine Erkrankung gravierende Funktionseinbußen bis hin zu dauerhaften Behinderungen zu erleiden, ist aufgrund ausgeprägter Gebrechlichkeit erhöht. Mit dem sogenannten Frailty-Index nach Rockwood lässt sich die Indikation zu einer rekonstruktiven Operation besser einschätzen. Das Beispiel der interdisziplinären Extremitäten-Rekonstruktion bei multimorbiden und älteren Menschen versus der früher viel häufiger geübten Amputation belegt den Wert der altersunabhängigen Wiederherstellung nachdrücklich. Eine Extremitäten-Amputation führt besonders bei älteren Menschen zu einer signifikanten und zahlenmäßig deutlichen Verkürzung der (Über-) Lebenszeit. Es gilt daher auch bei älteren Patienten, dass der Erhalt von Lebensqualität in Abhängigkeit vom biologischen Alter und der Verfassung des Erkrankten heute das Maß der Dinge bei der Indikationsstellung zur plastisch-chirurgischen Rekonstruktion darstellt.

Quelle:

Statement » Plastisch-rekonstruktive Chirurgie beim älteren Menschen « von Professor Dr. med. Raymund Horch, Präsident der Deutschen Gesellschaft der Plastischen, Rekonstruktiven und Ästhetischen Chirurgen (DGPRÄC); Direktor der Plastisch- und Handchirurgischen Klinik am Universitätsklinikum Erlangen der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

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