Samstag, April 20, 2024

Das Mammographie-Screening bringt mehr Nutzen als Risiko

Das Mammographie-Screening bringt mehr Nutzen als Risiken. Vor allem bei dichter Brust sollten weitere Bildgebungen falsch negative Egebnisse ausschließen.

Obwohl das Mammographie-Screening seit der Einführung in Kanada im Jahr 1988 viel Nutzen gebracht hat, erfordern Fragen zum Risiko immer wieder eine aktuelle Überprüfung. Um Onkologen und Ärzten dabei zu helfen, optimale Patientenempfehlungen zu geben, überprüfen Forscher permanent die Literatur, um die neuesten Richtlinien für das Screening der Mammographie zu finden, einschließlich Nutzen und des Risikos wahrgenommener Schäden durch Überdiagnose, falsch positive, falsch negative und technologische Fortschritte.

 

Probleme beim Mammographie-Screening zu Nutzen und Risiko

Falsch positive Ergebnisse treten bei etwa 10%, und falsch negativen Ergebnisse bei 15% bis 20% auf!

Unter dem Strich verringert sich bei Frauen im Alter von 40 bis 74 Jahren, die tatsächlich alle 1 bis 2 Jahre am Mammographie-Screening teilnehmen, die Brustkrebssterblichkeit um 40%. Bei entsprechenden Korrekturen macht die Überdiagnose 10% oder weniger Brustkrebs aus.

Falsch positive Ergebnisse treten bei etwa 10% der untersuchten Frauen auf, von denen 80% durch zusätzliche Bildgebung und 10% durch Brustbiopsie behoben werden. Eine wichtige Einschränkung des Mammographie-Screenings sind die falsch negativen Ergebnisse (15% –20%). Die technologischen Fortschritte der digitalen Brusttomosynthese, der Brustultraschalluntersuchung und der Magnetresonanztomographie wirken den falsch negativen Ergebnissen der Screening-Mammographie entgegen, insbesondere bei Frauen mit dichtem Brustgewebe.

 

Empfehlungen der International Agency for Research on Cancer (IARC)

Ein unabhängiges Expertengremium, welches von der International Agency for Research on Cancer (IARC) der WHO einberufen wurde, kam jedenfalls unlängst zu dem Schluss, dass der Nutzen des Mammographie-Screenings für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren klar dem Risiko potenzieller Schäden überwiegt. Denn Teilnehmerinnen werde die Brustkrebssterblichkeit um etwa 40 Prozent gesenkt.

Die 29 unabhängigen Experten aus 16 Ländern zogen für ihre Bewertung alle überprüften wissenschaftlichen Ergebnisse heran. In Anbetracht der großen Verbesserungen in der Mammographietechnik und der Brustkrebstherapie kam das Gremium zu dem Schluss, dass die Relevanz der 25 bis 30 Jahre alten, randomisiert kontrollierten Studien (RCT) in Frage zu stellen ist.

Die besten Daten zur Bewertung der Effekte eines Mammographie-Screenings lieferten dazu nach Auffassung der IARC die qualitativ hochwertigen Beobachtungsstudien aus den aktuellen qualitätsgesicherten Brustkrebsfrüherkennungs-Programmen. Insbesondere inzidenzbasierte Kohorten-Studien mit langem Follow-up und Adjustierungen für Lead Time sowie für zeitliche Trends und geographische Unterschiede werden vom Expertengremium als geeignet angesehen ebenso wie Fall-Kontrollstudien nach sorgfältiger Prüfung ihrer methodischen Limitationen.

 

8 gerettete Leben pro 1.000 Frauen

Für die Nutzen-Risiko-Bilanz wertete das Expertengremium rund 20 Kohorten-Studien sowie 20 Fall-Kontrollstudien aus Europa, Australien und Nord Amerika aus. Diese belegten, dass für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, die regelmäßig am Mammographie-Screening teilnehmen, die Brustkrebssterblichkeit um etwa 40 Prozent gesenkt werde.

Das entspricht etwa 8 geretteten Leben pro 1.000 Frauen, die 20 Jahre lang regelmäßig die Untersuchung im Screening in Anspruch nehmen. Statt 19 Todesfälle würden nur noch 11 auftreten, berechnet für durchschnittlich 67 Neuerkrankungen zwischen 50 und 69 Jahren bei 1.000 Frauen.

Als relevante nachteilige Effekte nennt das Expertengremium falsch-positive Testergebnisse und Überdiagnosen. Das geschätzte Risiko für eine Mammographie-Screening-Teilnehmerin, in 10 Screening-Runden einen falsch-positiven Befund zu erhalten, liege bei rund 20 Prozent. Folglich werde 1 von 5 Frauen einmal innerhalb der 20 Jahre wegen eines auffälligen, schlussendlich jedoch gutartigen Befundes nochmals einbestellt.

Den Anteil an Überdiagnosen schätzt die IACR auf rund 6,5 Prozent ab. Das heißt, dass 4 von 1.000 untersuchten Frauen erfahren, dass sie Brustkrebs haben und deshalb auch eine Behandlung beginnt. Diese Frauen hätten ohne Screening keine Kenntnis von ihrer Brustkrebserkrankung erhalten, da der Brustkrebs nicht auffällig und auch nicht lebensgefährlich geworden wäre.

Neben der WHO empfehlen nach Analyse der aktuellsten Datenlage auch unabhängige Expertengremien in Großbritannien (Independent UK Panel), den Niederlanden (Health Council of the Netherlands) und den USA (U.S. Preventive Task Force) ein Mammographie-Screening für Frauen zwischen 50 und 69 Jahren.

 

Fazit

Die Teilnahme am Mammographie-Screening-Programm ist jedenfalls freiwillig. Die Untersuchung dient im Grunde genommen dazu, Brustkrebs möglichst früh zu erkennen. Das Mammographie-Screening schützt jedoch nicht vorbeugend davor, an Brustkrebs zu erkranken, der Nutzen ist jedenfalls größer als die Risiken.

Denn das Mammographie-Screening verringert das Risiko im Durchschnitt um 40%, dass Frauen zwischen 40 und 74 Jahren an Brustkrebs versterben.

Von den 10% falsch positiven Ergebnissen, die in der Mammographie auftreten, werden 8 von 10 durch zusätzliche Bildgebung oder Ultraschallbilder richtig erkannt. Die restlichen 2 können durch Biopsie aufgelöst werden.

Vor allem bei Frauen mit dichter Brust ist das Mammagraphie-Screening schließlich oft nicht ausreichend. Deswegen sollte hierzu zusätzlich die Mammasonographie sowie ein MR gemacht werden.


Literatur:

Seely JM, Alhassan T. Screening for breast cancer in 2018-what should we be doing today?. Curr Oncol. 2018;25(Suppl 1):S115-S124. doi:10.3747/co.25.3770

Lauby-Secretan B, Scoccianti C, Loomis D, et al. Breast-cancer screening – viewpoint of the IARC Working Group. N Engl J Med. 2015;372(24):2353-2358. doi:10.1056/NEJMsr1504363


Quellen:

Detaillierte Ausführungen der IARC Working Group werden publiziert in:  Handbook of Cancer Prevention Volume 15.

Independent UK Panel on Breast Cancer Screening (2012). Lancet 380 (9855): 1778-86.

Health Council of the Netherlands (2014) Population screening for breast cancer: expectations and developments. The Hague: Health Council of the Netherlands; publication no. 2014/01E.

U.S. Preventive Services Task Force (2015) Breast Cancer Screening Draft Recommendations, publication online April 20, 2015: http://screeningforbreastcancer.org/

Nutzen und Risiken des Mammographie-Screenings: www.mammo-programm.de

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