Donnerstag, April 18, 2024

Kardiovaskuläre Erkrankungen bei Diabetes-Patienten

Diabetes-Patienten haben ein hohes Risiko, kardiovaskuläre Erkrankungen – Herz-Kreislauf-Erkrankungen – zu entwickeln.

Weltweit sind fast 500 Millionen Menschen an der Stoffwechselerkrankung Diabetes erkrankt – mit steigender Tendenz.(1) Zu den häufigsten Folgeschäden bei Diabetes-Patienten gehören kardiovaskuläre Erkrankungen – mit hoher Krankheitshäufigkeit (Morbidität) und Sterblichkeit (Mortalität).

 

Kontrolle des kardiovaskulären Risikos

Treten Kardiovaskuläre Erkrankungen und Typ-2-Diabetes gemeinsam auf, kann das die Lebenszeit der Patienten um zwölf Jahre verkürzen. Die Kontrolle des kardiovaskulären Risikos ist daher ein wesentliches Ziel im Management des Typ-2-Diabetes.

Herzkranzgefäßerkrankungen sowie Herzmuskelschwäche (Herzinsuffizienz) sind die häufigsten zwei Arten von Herzerkrankungen bei Typ-2-Diabetikern. Erstere umfassen Erkrankungen wie Herzinfarkt und „Herzenge“ (Angina pectoris), die bei Diabetikern zwei bis drei Mal häufiger als bei vergleichbaren Personen ohne Diabetes auftreten. Die Herzmuskelschwäche kommt bei Diabetikern sogar drei bis fünf Mal so häufig vor.

An erster Stelle der Todesursachen liegt mit großem Abstand die koronare Herzkrankheit (KHK).(2) Darunter versteht man die durch eine „Gefäßverkalkung“ (Atherosklerose) bedingte Verhärtung von Herzkranzgefäßen. Das häufigste Symptom der koronaren Herzkrankheit ist die Angina pectoris. Die zugrundeliegende Atherosklerose tritt bei Patienten mit Typ-2-Diabetes in einem früheren Alter auf als bei Nicht-Diabetikern, zeigt ein rasches Fortschreiten und führt häufig zu schweren Komplikationen wie Herzinfarkt (Myokardinfarkt) oder Schlaganfall. Der überwiegende Teil der Fälle von Typ-2-Diabetes tritt meistens im Rahmen einer Anhäufung der folgenden Risikofaktoren („Metabolisches Syndrom“) auf:

  • Veränderte Blutfettwerte (Dyslipidämie)
  • Bluthochdruck (Hypertonie)
  • Massives Übergewicht (Adipositas)

Die Folge sind bei Diabetes-Patienten eine erhöhte Neigung für die Bildung von Blutgerinnseln und eine beschleunigte Entwicklung einer Atherosklerose der Herzkranzgefäße, die sich von jener bei Nicht-Diabetikern unterscheidet. Diese Atherosklerose ist mit einer reduzierten Schwelle für die Blutgerinnung und so mit einer beschleunigten Entstehung von Blutgerinnseln (Thromben) kombiniert.

 

Maßnahmen gegen kardiovaskuläre Erkrankungen

Die rechtzeitige Diagnose und Behandlung der koronaren Herzkrankheit sowie eine gezielte Behandlung von Risikofaktoren in den Frühstadien der Erkrankung zählen wohl zu den wichtigsten Maßnahmen in der Betreuung von Diabetikern, insbesondere bei Personen des mittleren und höheren Lebensalters. Idealerweise werden Diabetes-Patienten so behandelt, dass kardiovaskuläre Erkrankungen erst gar nicht auftreten – der behandelnde Arzt sollte genau auf Blutzucker, Blutdruck und Blutfette achten.

Hinweise auf kardiovaskuläre Erkrankungen sollten durch genaue Patientenbefragung, sorgfältige körperliche Untersuchung und Techniken ohne Eingriffe in den Körper (z.B. EKG, Bestimmung der Herzfrequenzvariabilität und Ultraschall-Doppler-Untersuchungen) gewonnen werden.

Bei Diabetikern mit bekannter koronarer Herzkrankheit sollte außerdem eine Röntgenkontrastdarstellung der Herzkranzgefäße (Koronarangiographie) durchgeführt werden. Eine beträchtliche Zahl der Betroffenen weist atherosklerotische Veränderungen an den Gefäßen bereits zum Zeitpunkt der Diagnose des Diabetes auf, daher sollten eingreifende Maßnahmen, wenn möglich, schon in einem Stadium vor Auftreten des Diabetes beginnen.

Das Risiko, kardiovaskuläre Erkankungen zu entwickeln, kann durch multifaktorielle Maßnahmen gesenkt werden. Dazu zählen Lebensstilmodifikation (gesunde Ernährung, Bewegung, Gewichtsabnahme) und die effektive Kontrolle von Blutzucker, Blutdruck und Lipidstoffwechsel.(3)

Im Unterschied zur Blutdruck- und Cholesterinsenkung ist der Effekt einer alleinigen intensiven blutzuckersenkenden Therapie auf das Herz-Kreislauf-Risiko und die Sterblichkeit nach wie vor umstritten.(4) Dazu trug unter anderem bei, dass für manche ältere Antidiabetika sogar eine potenzielle Erhöhung des kardiovaskulären Risikos gezeigt wurde.(5,6,7)

Aus diesem Grund fordern heute die Zulassungsbehörden für jedes neue Antidiabetikum den Nachweis der substanzspezifischen kardiovaskulären Sicherheit mit einer spezifischen, individuellen kardiovaskulären Endpunktstudie.(8,9)

In der Therapie des Diabetes haben sich cholesterinsenkende Medikamente wie Statine besonders bewährt und werden daher empfohlen. Seit dem Jahr 2015 gibt es für einige wenige moderne antidiabetische Substanzen nun auch positive Daten hinsichtlich der Verhinderung von mitunter tödlich verlaufenden Herz-Kreislauf-Ereignissen bei Typ-2-Diabetes.(10,11)

Diese positiven Studiendaten wurden von der europäischen Arzneimittelbehörde EMA aufgegriffen und die Anwendungsgebiete der jeweiligen antidiabetischen Substanzen wurden um die günstige Wirkung auf Kardiovaskuläre Erkrankungen erweitert. Für Patienten mit Typ-2-Diabetes bedeutet das einen großen Fortschritt in der Therapie: Durch den gezielten Einsatz von antidiabetischen Substanzen mit nachgewiesenem positiven Effekt auf Herz-Kreislauf-Ereignisse können Ärzte nun nicht nur die Blutzuckerkontrolle verbessern, sondern auch das Leben von Patienten mit Typ-2-Diabetes retten.

Literatur:

1 IDF Diabetes Atlas, 2017. 8th Edition. http://www.idf.org/diabetesatlas.

2 Nwaneri et al. Br J Diabetes Vasc Dis 2013;13:192–207.

3 Gaede P. Et al., NEJM 2008;358:580–591.

4 Turnbull FM. et al, Diabetologia (2009) 52:2288–2298

5 Nissen. Ann Intern Med 2012;157:671–2

6 Nissen et al. JAMA 2005;294:2581–6

7 Nissen et al. N Engl J Med 2007;356:2457–71

8 http://www.fda.gov/downloads/drugs/guidancecomplianceregulatoryinformation/ %20guidances/ucm071627.pdf

9 http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Scientific_guideline/ 2012/06/WC500129256.pdf Association Meeting (ADA) Boston, June 9th 2015, NCT01147250

10 Zinman B. et al., N Engl J Med 2015; 373;2117-28.

11 Marso SP et al., N Engl J Med 2016; 375:311-322.


Quelle: CARE 4 YOUR HEART – Verein zur Verhinderung von diabetesbedingten Folgeerkrankungen

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