Anonyme Ambulatorien bedrohen ärztliche Freiberuflichkeit, die Ärztekammer fordert weiteren Ausbau und Stärkung von Gruppenpraxen.
103 Gruppenpraxen in der Bundeshauptstadt bieten den Patienten eine wohnortnahe Versorgung sowie ein breites Leistungsspektrum mit freier Arztwahl. Es ist dies ein Zukunftsmodell, dessen Ausbau und Weiterentwicklung von der Ärztekammer vehement gefordert wird. ****
„Gemeinsam mit den Einzelordinationen bieten Gruppenpraxen den idealen Gesundheitsversorgungsmix für Ballungsräume wie Wien“, zeigt sich Johannes Steinhart, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien, erfreut. Statt völlig unnötig rein profitorientierte Ambulatorien zu subventionieren, müssten diese ärztlichen Zusammenschlüsse viel stärker gefördert werden, fordert er.
Gruppenpraxen – Vorteile eines ärztlichen Zusammenschlusses
Gruppenpraxen garantieren den Patienten alle notwendigen Vorteile eines ärztlichen Zusammenschlusses, ohne dass die Ärzteschaft aus der Eigentümerposition und der Freiberuflichkeit verdrängt wird. In Wien existieren derzeit 97 Gruppenpraxen mit Kassenvertrag sowie sechs Wahlarztgruppenpraxen, geführt von insgesamt 249 ärztlichen Gesellschaftern.
All diese Einrichtungen stehen im 100-prozentigen Eigentum der Ärzteschaft und können entweder als OG oder als GmbH geführt werden. Ausschließlich berufsberechtigte Ärztinnen und Ärzte dürfen Gesellschafter in Gruppenpraxen sein – ganz im Gegensatz zu Ambulatorien, die dem Krankenanstaltengesetz unterliegen und damit jederzeit an einen nicht ärztlichen Höchstbieter verkauft werden können. In der Praxis scheint dann ein Unternehmen oder Fonds als Eigentümer auf, Rendite und Profit stünden damit im Vordergrund.
15a-Vereinbarung bedroht Freiberuflichkeit
Während in Ambulatorien Ärztinnen und Ärzte in Abhängigkeit zu profitorientierten Eigentümern stehen, wird durch Gruppenpraxen die Unabhängigkeit der Ärzteschaft garantiert. „Gruppenpraxen schützen den Arzt als freien Beruf, Ambulatorien sind ein Anschlag auf diese Freiberuflichkeit“, stellt Steinhart klar und fordert: „Bereits 40 weitere Gruppenpraxen stehen in Wien in der Pipeline und warten auf Bewilligung der Gebietskrankenkasse. Statt unnötig Ambulatorien zu planen und zu finanzieren, sollte die Wiener Gebietskrankenkasse endlich entsprechend handeln und ihre Versorgungsblockade lösen.“
Sollten die politischen Pläne, die im Zuge des Finanzausgleichs ohne öffentlichen Diskurs geschmiedet wurden, Realität werden, würde der Kassenarzt endgültig verdrängt und ausgehungert werden, da Ärztinnen und Ärzte mit Großinvestoren aus dem In- und Ausland nicht mithalten könnten.
Für die Patienten bedeute das ebenso drastische Einschnitte, wie für die Ärzteschaft: Durch Ambulatorien wäre ein Ende der freien Arztwahl und der Haus- und Vertrauensärzte eingeläutet und damit der Weg hin zur „Fließbandabfertigung“ durch ständig wechselnde Ärztinnen und Ärzte in Ambulatorien frei. Ärztliche Leistungen würden weiter eingeschränkt, denn bei Ambulatorien steigen die Kosten für den Steuerzahler, da neben Ärztinnen und Ärzten, die finanziert werden müssten, auch ein Investor Gewinne abschöpfen würde.
Steinhart fordert daher seitens der Politik ein klares Bekenntnis: „Wir müssen die Organisationsform Gruppenpraxis stärken und weiterentwickeln, statt, wie in der 15a-Vereinbarung geplant, anonyme Ambulatorien ohne Bedarfsprüfung zu errichten. Gegen Letzteres werden wir uns mit aller Macht wehren.“