Dienstag, April 23, 2024

Gentest zeigt Risiko für Depression für Kinder und Jugendliche voraus

Ein neuer Gentest soll das Risiko für Depression bei Kindern und Jugendlichen voraussagen bzw. welche Kinder mit höherer Wahrscheinlichkeit daran erkranken werden.

Ein Gentest, ein genetisches Profil kann zukünftig das Risiko für Depression bei Kindern und Jugendlichen voraussagen. Dies konnten nun Wissenschaftler unter der Leitung des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München und der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München erstmals in einer Studie zeigen. Dazu untersuchten sie in einer multizentrischen Studie über 2000 Kinder und Jugendliche genetisch – mit Fragebögen und klinischen Interview.

 

Depression – häufige psychische Erkrankung

Laut der Weltgesundheitsorganisation ist Depression heute eine der häufigsten psychischen Erkrankungen. Diese beginnt bereits im Kindes- und Jugendalter und kann zu schweren psychosozialen Beeinträchtigungen sowie Selbstmord führen.

Weltweit leiden über 300 Millionen Menschen an einer Depression. Trotz vieler Diagnostik- und Behandlungsmöglichkeiten in Deutschland werden weniger als 50 Prozent der behandlungsbedürftigen Kinder und Jugendlichen angemessen behandelt. Oft wird die Erkrankung zu spät entdeckt.

Als Ursachen werden genetische, neurobiologische, soziale und psychologische Faktoren gesehen, die sich gegenseitig verstärken können. Obwohl die Erkrankung in jedem Alter auftreten kann, beginnt sie häufig schon im Kindes- und Jugendalter. Zur möglichst frühzeitigen wirksamen sowie zielgerichteten Vorbeugung der Depression muss man Risikofaktoren identifizieren, die zur Entstehung der Erkrankung beitragen.

 

Genetik der Depression

Große Genom-weite Studien in Erwachsenen haben im vergangenen Jahr wichtige Erkenntnisse zur Genetik der Depression gebracht. Das Team hat nun getestet, ob die genetischen Profile auch genutzt werden können, um Vorhersagen über Entstehung, Schweregrad und Erkrankungsbeginn bei Kindern und Jugendlichen zu tätigen.

Die Erstautorin der Studie Thorhildur Halldorsdottir vom Max-Planck-Institut für Psychiatrie erklärt das Vorgehen: „Wir haben dieses Risikoprofil auf der Basis von 460.000 Erwachsenen mit einer Depression erstmals gefunden. Darauf aufbauend haben wir bei Kindern und Jugendlichen in drei Stichproben, bei Patienten aus der Klinik und zwei epidemiologischen Stichproben, zeigen können, dass das Risikoprofil sowohl die klinische Diagnose Depression als auch depressive Symptome beeinflusst.“

 

Verständnis von Ursachen für Depression bei Kindern

Klinikdirektor Gerd Schulte-Körne sieht dieses Ergebnis als einen Meilenstein für unser Verständnis von den Ursachen für eine Depression bei Kindern. „Mit dieser Studie ist ein wichtiger Schritt in Richtung des Verstehens der komplexen genetischen Ursachen der Depression bei Kindern und Jugendlichen gelungen. Allerdings erklärt der Score nur eine Risikoerhöhung und nicht die Erkrankung.“

Außerdem haben die Forscher gezeigt, dass bei bereits an einer Depression erkrankten Kindern und Jugendlichen ein Zusammenhang zwischen einem erhöhten genetischen Risikoprofil und der Schwere der depressiven Erkrankung sowie dem Ersterkrankungsalter besteht. Wenn Missbrauchserfahrungen in der Kindheit vorliegen, so stellt dies einen zusätzlichen Faktor zum Risiko für Depression und depressiver Symptome dar.

Max-Planck-Direktorin und Leiterin der Studie, Elisabeth Binder, merkt an: „Es gibt noch viel zu tun, um die frühzeitige Diagnose von Depressionen bei Jugendlichen zu verbessern. Wenn wir jedoch wissen, welche Kinder mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Depression entwickeln, haben wir die Möglichkeit, wirksame Präventionsstrategien einzusetzen und die enorme Belastung der Depression zu reduzieren.“

Literatur:

Thorhildur Halldorsdottir et al. Polygenic Risk: Predicting Depression Outcomes in Clinical and Epidemiological Cohorts of Youth. American Journal of Psychiatry (doi: 10.1176/appi.ajp.2019.18091014)

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