Sonntag, Februar 9, 2025

Fettstoffwechsel beeinflusst das Immunsystem

Deutsche Wissenschaftler entdeckten: der Fettstoffwechsel beeinflusst das Immunsystem. Sie haben einen neuen Weg gefunden, das Gleichgewicht zwischen Immunzellen zu beeinflussen.

Sie verändern den Stoffwechsel der Immunzellen während ihrer Entstehung und fördern so die Bildung der einen oder anderen Sorte von Immunzellen. Die Ergebnisse dieser translationalen Studie wurden in „Nature Medicine“ veröffentlicht.

In einem gesunden Körper herrscht ein sorgfältig geregeltes Gleichgewicht zwischen verschiedenen Immunzellen. Ist diese Balance gestört, können beispielsweise chronisch-entzündliche Darmerkrankungen oder Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose entstehen. „Wir untersuchen besonders die Rolle verschiedener T-Helferzellen“, sagt Dr. Matthias Lochner, Projektleiter am Institut für Infektionsimmunologie des TWINCORE, „sowohl der pro-entzündlichen Th17-Helferzellen als auch der hemmenden regulatorischen T-Helferzellen, kurz Tregs.“ Diese Zellen sind direkte Gegenspieler und vermitteln das wichtige Gleichgewicht zwischen einer nötigen Immunabwehr und dem Schutz vor einer Überreaktion des Immunsystems.

Die Wissenschaftler am TWINCORE suchen nach Strategien, um dieses Gleichgewicht zwischen den entzündlichen und anti-entzündlichen regulatorischen T-Zellen (Tregs) zu beeinflussen. Dr. Luciana Berod ist gemeinsam mit Christin Friedrich eine der Hauptautorinnen der Studie: „Einer unserer Ansätze ist, in den Energiestoffwechsel der Immunzellen einzugreifen, denn die verschiedenen T-Zellen weisen deutliche Unterschiede in ihrem Zellstoffwechsel auf.“ Die Idee: Mit dem Molekül Soraphen A, das Forscher des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) aus Myxobakterien gewonnen haben, können sie in den Energiestoffwechsel der T-Zellen eingreifen und so die Entwicklung von Tregs an Stelle der entzündlichen Th17-Zellen fördern. „Beide Zelltypen entstehen aus den gleichen Vorläuferzellen“, erklärt Luciana Berod. „Soraphen A hemmt die Funktion des Enzyms Acetyl-CoA-Carboxylase, über das ein wichtiger Teil des Fettsäurestoffwechsels der Zelle abläuft – der Teil des Energiestoffwechsels ist.“ Die experimentellen Daten der Infektionsimmunologen zeigen: Die Fettsäuresynthese spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung der entzündlichen Th17-Helferzellen. Für die Bildung der Tregs hingegen ist dieser Stoffwechselweg nicht entscheidend.

Am Helmholz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland (HIPS), einer Außenstelle des HZI, haben Pharmazeuten die chemische Struktur des Moleküls Soraphen A verändert. „Wir haben ein besser wasserlösliches Derivat hergestellt“, sagt Prof. Rolf Müller, Leiter der Abteilung Mikrobielle Naturstoffe am HIPS. „Erst durch diese Modifikation ist es möglich, diese Substanz als Wirkstoff im Organismus einzusetzen – in diesem Fall Mäusen zu verabreichen, die an Multipler Sklerose erkrankt sind.“ Die TWINCORE-Wissenschaftler konnten beobachten, dass die mit Soraphen A behandelten Tiere deutlich weniger Krankheitsanzeichen entwickeln als unbehandelte Tiere. „Eine wichtige Erkenntnis ist für uns, dass Soraphen A den gleichen Effekt auf die Entwicklung menschlicher T-Zellen hat“, sagt Prof. Tim Sparwasser, Leiter des Instituts für Infektionsimmunologie. „Zudem sehen wir ähnliche Effekte von Soraphen A auch bei der Entwicklung anderer Immunzellen. Wir vermuten, dass wir über den Eingriff in den Fettstoffwechsel einen neuen Weg gefunden haben, auch andere Immunkrankheiten wie Allergien oder auch Infektionskrankheiten behandeln zu können.“

Publikation:
Luciana Berod, Christin Friedrich, Amrita Nandan, Jenny Freitag, Stefanie Hagemann, Kirsten Harmrolfs, Aline Sandouk, Christina Hesse, Carla N Castro, Heike Bähre, Sarah K Tschirner, Nataliya Gorinski, Melanie Gohmert, Christian T Mayer, Jochen Huehn, Evgeni Ponimaskin, Wolf-Rainer Abraham, Rolf Müller, Matthias Lochner & Tim Sparwasser. De novo fatty acid synthesis controls the fate between regulatory T and T helper 17 cells. Nat. Med. published ahead of print October 5, 2014. DOI: 10.1038/nm.3704

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