Donnerstag, März 28, 2024

Calcineurin-Blocker gegen Alzheimer?

Calcineurin-Blocker: Medikamente gegen die Abstossung von Organtransplantaten scheinen vor der Alzheimer-Krankheit zu schützen.

Dr. Giulio Taglialatela, Haupt-Autor und Professor für Neurologie an der UMTB. © UMTB
Dr. Giulio Taglialatela, Haupt-Autor und Professor für Neurologie an der UMTB. © UMTB

Eine unlängst publizierte Studie des medizinischen Zweigs der Universität Texas hat ergeben, dass bei Transplantationpatienten durch die täglich eingenommene Calcineurin-Medikation, die vor der Abstoßung des Organtransplantats schützen soll, als Nebeneffekt auch vor der Alzheimer-Krankheit eine Art Schutzmechanismus ausgelöst wird.

Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste neurodegenerative Erkrankung, für die es keine Heilung gibt. Es gilt als bewiesen, dass toxische Proteinablagerungen, auch β-Amyloid genannt, selektiv die Kommunikationswege zwischen Gehirnzellen angreifen und zerstören, und damit die Gedächtnisleistung der Betroffenen stark einschränken. Es besteht daher große Einigkeit darüber, dass eine Aufhebung dieser Toxizität eine effektive Behandlungsstrategie sein könnte.

Calcineurin ist ein Enzym, dass die Kommunikation zwischen Gehirnzellen und Gedächtnisstrukturen reguliert. Das UMTB-Forschungsteam und deren Kollegen zeigten, dass dieses Enzym eine zentrale Rolle für die schädlichen Effekte des β-Amyloid spielt, und dass im zentralen Nervensystem von Alzheimer-Patienten erhöhte Calcineurin-Spiegel gefunden wurden.

Calcineurin-Blocker stellte im Tierversuch die Gedächtnisleistung wieder her

Unter Nutzung des Alzheimer-Mausmodells zeigten die Wissenschafter schon zuvor, dass das Blockieren des Calcineurin die Gedächtnisfunktion wiederhergestellt hat. Nichtsdestotrotz ist es eine große Herausforderung eine geeignete Behandlungsstrategie zu erstellen, um mit einem Calcineurin-Blocker das Einsetzen und Fortschreiten einer Alzheimer-Erkrankung zu verhindern, da derlei Wirkstoffe eine stark immunsupprimierende Wirkung haben.

Daten von 2.644 Calcineurin-Blocker Anwender bzw. Patienten analysiert

Um dieses Problem zu umgehen, analysierte das UTMB-Team die Patientendaten von 2.644 Probanden, die nach Organtransplantationen Calcineurin-Blocker-basierte Medikationen – darunter Tacrolimus und Ciclosporin – für den Rest ihres Lebens zu sich nehmen mussten, um eine Abstossung der transplantierten Organe zu verhindern. Teil der medizinischen Obsorge für Transplantationspatienten ist es, jedes Anzeichen von Gedächtnisverlust oder Demenz unmittelbar aufzuzeichnen und zu beobachten, da es negativen Einfluss auf die Behandlungs-Compliance der Patienten haben könnte.

Die Teilnehmer wurden in verschiedene Gruppen eingeteilt, je nach Alter bei der letzten Visite oder Tod, Geschlecht und Ethnie. Acht Teilnehmer zeigten Anzeichen von Demenz – zwei davon waren jünger als 65, fünf waren in der Altersgruppe 65-74, und einer in der Gruppe 75-84.

Die UMTB-Studiendaten wurden mit nationalen Daten verglichen, die 2014 von der Alzheimer’s Association über gleichaltrige Patienten eingehoben wurden, um die Prävalenz von Alzheimer in unterschiedlichen Altersgruppen zu vergleichen.

Die Daten von Transplantationspatienten bestätigen die des Tiermodells

„Diese Daten zeigen deutlich, dass die Prävalenz von Demenz und Alzheimer in unserer Transplantationspatientengruppe, im Vergleich zu den nationalen Daten der allgemeinen Bevölkerung, deutlich geringer, bzw. fast nicht vorhanden, ist.“, sagt einer der Haupt-Autoren, Luca Cicalese, Professor am Department für Chirurgie. „In der Patientengruppe über 65 waren 11 Prozent der allgemeinen Bevölkerung dement, verglichen mit 1,02 Prozent der Studienteilnehmer. Bei Patienten über 75 litten 15,3 Prozent der Bevölkerung an Demenz, aber nur 0,6 Prozent der Transplantationspatientengruppe. Von den Patienten über 85 hatten 32 Prozent Demenz, in der Vergleichsgruppe der Transplantationspatienten gab es keinen einzigen Demenz-Fall.“

Nachdem der Großteil der Studienteilnehmer aus Texas kam, verglichen die Forscher ihre Daten weiters auch mit den Zahlen der allgemeinen Bevölkerung des Bundesstaats Texas und kamen auf ähnliche Ergebnisse.

„Zusammengefasst bestätigen uns die aus den Patientendaten gewonnenen Erkenntnisse unsere Ergebnisse aus dem Tiermodell, und damit auch unsere Vermutung, dass das Blockieren von Calcineurin eine schützende Wirkung vor der Entstehung einer Alzheimer-Krankheit bzw. deren Voranschreitens hat, möglicherweise sogar einen bestehenden Alzheimer therapieren kann,“ sagt Haupt-Autor Giulio Taglialatela, Professor und Vize-Vorstand für Forschung am Departement für Neurologie und Direktor des UTMB’s Mitchell Center for Neurodegenerative Diseases. „Daher versuchen wir gerade Behandlungsstrategien zu entwickeln, die die gleiche positive Wirkung für Alzheimer-Patienten schon bei geringen Dosen von Calcineurin-Blocker erzielen, und damit nur eine geringe bis garkeine Immunsupprimierung hervorufen, was die möglichen unerwünschten Nebeneffekte limitieren sollte.“

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