Zum Thema Postoperative Schmerzen konnten rezente Studien zeigen, dass sehr oft bereits bei der Messung die ersten Defizite auftreten.
Um Schmerzen effizient behandeln zu können, muss man sie zunächst erst einmal erkennen und messen. Das gilt in besonderem Maße auch für die Postoperative Schmerztherapie. Jedenfalls sind mehrere Faktoren und Ursachen mitbestimmend dafür, dass die Realität der perioperativen Schmerztherapie in vielen Ländern nach wie vor hinter ihren Möglichkeiten zurückbleibt.
Unter anderem erweist sich die Erfassung, Dokumentation und damit auch die Wahrnehmung des Vorliegens postoperativer Schmerzen und der Schmerzintensitäten als Basis für die richtigen Entscheidungen zur Schmerztherapie oftmals als unzureichend.
Erhebliche Defizite bei der Schmerzmessung
Im Grunde genommen belegen verschiedene internationale Studien und Erfahrungen, dass die systematische Schmerzerfassung und Dokumentation die Grundvoraussetzung für eine auf den individuellen Patienten abgestimmte Postoperative Schmerztherapie nach einer Operationen ist.
Wie eine unlängst im „International Journal of Nursing Studies“ veröffentlichte Studie zeigt, gibt es bei der Schmerzmessung erhebliche Defizite. In einer großangelegten holländischen Untersuchung wollten die Autoren herausfinden, wie systematisch postoperative Schmerzen nach der Implementierung eines staatlichen Sicherheitsprogramms erhoben werden. Dazu wurden die Daten von 3.895 Patienten aus 16 Krankenhäusern analysiert.
Die Ergebnisse waren ernüchternd. Denn bei nur 53 Prozent der Patienten wurden ihre Schmerzen in den drei Tagen nach der Operation zumindest einmal täglich erfragt und dokumentiert. Dreimal täglich geschah das in diesem Zeitraum gar nur in nur zwölf Prozent der Fälle. Die nüchterne Conclusio der Autoren: „Unsere Arbeit hat gezeigt, dass die Implementierung der Schmerzerfassung immer noch unzureichend ist“.
Positive Motivation der stationären Einheit entscheidend für die Qualität der postoperativen Schmerztherapie einschließlich der Qualität der Dokumentation
Mit der Größe des Krankenhauses, fanden die Studienautoren heraus, ließen sich die Unterschiede nicht erklären. Wie sich zeigte, korreliert die Konsequenz der Schmerzerfassung nicht mit der Bettenanzahl einer Einrichtung. Eher würden die hausinterne Prioritätensetzung und nicht zuletzt die Kultur einer Abteilung darüber entscheiden, wie bewusst oder ignorant mit Schmerzen umgegangen wird.
Als besonders wichtig, um die Schmerzmessung und -dokumentation zu verbessern, erweist sich meiner Erfahrung nach positive Motivation. Beispielsweise konnte ein Wettbewerb im Jahr 2006 zwischen chirurgischen Abteilungen zum Thema ‚Schmerzarmes Krankenhaus‘, bei dem die Qualität der postoperativen Schmerztherapie einschließlich der Qualität der Dokumentation verglichen wurde, nachhaltig zu einer Optimierung der Schmerzmessung beigetragen. Selbst 10 Jahre danach erfolgte die regelmäßige Befragung und Dokumentation bei nahezu 90 Prozent aller postoperativen Patienten. Aufgrund dieses positiven Effekts wurde das Konzept auch von anderen Spitälern übernommen.“
Wenn Personal und Zeit fehlen, wird die postoperative Schmerztherapie oft vernachlässigt
Diese Erkenntnis sollten auch Budgetverantwortliche bei der Ausarbeitung ihrer Sparpläne berücksichtigen: Ein entscheidender Faktor war, wie viele Ressourcen für die intensive Betreuung der Patienten zur Verfügung standen. Wo es an Personal und Zeit fehlt, wird das perioperative Schmerzmanagement oft vernachlässigt. Damit wird aber in Kauf genommen, dass postoperative Schmerzen chronifizieren und in Zukunft ein noch höherer Betreuungsaufwand und noch höhere Kosten entstehen.
Literatur:
Hoogervorst-Schilp J, van Boekel RL, de Blok C, Steegers MA, Spreeuwenberg P, Wagner C. Postoperative pain assessment in hospitalised patients: National survey and secondary data analysis. Int J Nurs Stud. 2016 Nov;63:124-131. doi: 10.1016/j.ijnurstu.2016.09.001. Epub 2016 Sep 4. PMID: 27614250.
Quelle: Positionspapier der Österreichischen Schmerzgesellschaft „Perioperatives Schmerzmanagement“