Freitag, April 19, 2024

Von-Willebrand-Faktor als Auslöser für Herzinfarkte und Schlaganfälle

Der Von-Willebrand-Faktor ist eine Art Superkleber nach Verletzungen, der auch an arteriosklerotischen Gefäßen bindet, was allerdings Herzinfarkte und Schlaganfälle auslösen kann.

Die Hämostase führt bei Verletzungen der Blutgefäße dazu, entstehenden Blutungen zum Stoppen zu bringen. Zu dieser Blutungsstillung steht dem menschlichen Organismus ein subtiles System aus Thrombozyten – den Blutplättchen – und im Blut zirkulierender Gerinnungsfaktoren zur Verfügung. Wenn eine der verschiedenen Hämostase-Komponenten nicht »funktionieren«, kann es zu spontanen schweren Blutungen kommen. Dann kann beispielsweise das so genannte Von-Willebrand-Jürgens-Syndrom entstehen, wenn der Von-Willebrand-Faktor in zu geringer Menge oder gar nicht produziert wird beziehungsweise seine biologische Funktion im Körper nur unzureichend ausübt.

Wenn ein betroffener Patient aber eine zu hohe Konzentration an Gerinnungsfaktoren hat oder diese besonders aktiv sind, können häufiger Gefäßverschlüssen wie Thrombosen oder Embolien entstehen, das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle steigt dann an. Denn auch wenn bei Herzinfarkten und Schlaganfällen in den meisten Fällen krankhafte Veränderungen an den arteriellen Gefäßen, wie etwa die Arteriosklerose, verantwortlich sind, ist für den Verschluss eines Gefäßes letztendlich das System der Hämostase zuständig. Deswegen kommen auch blutverdünnende Medikamente zur Behandlung und Verhinderung von Herzinfarkten und Schlaganfällen zur Anwendung.

 

Von-Willebrand-Faktor – Schlüsselrolle bei Herzinfarkten und Schlaganfällen

Ein Schlüsselfaktor im Hämostase-System ist somit der beschriebene Von-Willebrand-Faktor. Dieser besteht aus einem sehr langen Proteinfaden, der in der Blutbahn zunächst wie ein Wollknäuel aufgerollt zirkuliert. Im Falle einer Gefäßverletzung bindet er jedoch sofort an die verletzte Gefäßwand. Einmal gebunden, zerren vor allem in den Arterien die Strömungskräfte des Blutflusses ihn bis auf eine Länge im Millimeterbereich auseinander.

Hierdurch werden seine Bindungsstellen für die Thrombozyten zugänglich und es kommt zur Bildung eines Plättchenpfropfes, welcher die Wunde verschließt und an dem dann die eigentliche Blutgerinnung stattfindet. Der Von-Willebrand-Faktor ist somit der zentrale Multikomponenten-Kleber für Verletzungen der Blutgefäße.

Der Von-Willebrand-Faktor – der großmolekulare Anteil von Gerinnungsfaktor VIII – bindet aber nicht nur an Gefäßverletzungen, sondern spontan auch an entzündete Gefäßwände und an arteriosklerotisch veränderte Gefäße. Dies kann Herzinfarkte und Schlaganfälle auslösen. Somit könnten ohne den Von-Willebrand-Faktor die beschriebenen Prozesse entweder gar nicht oder nur sehr eingeschränkt ablaufen. Aus dieser Sicht könnte der Von-Willebrand-Faktor auch zur Vorbeugung und Behandlung von Herzinfarkten und Schlaganfällen eine bedeutende Rolle spielen.


Literatur:

Miesbach W, Berntorp E. Von Willebrand disease – the ‚Dos‘ and ‚Don’ts‘ in surgery. Eur J Haematol. 2017 Feb;98(2):121-127. doi: 10.1111/ejh.12809. Epub 2016 Oct 14.

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