Dienstag, September 17, 2024

Studie: Zwei Millionen Deutsche mit chronischer Nierenkrankheit

Eine neue Studie vermutet zwei Millionen Deutsche mit chronischer Nierenkrankheit. Doch nur ein Drittel aller Betroffenen weiss von der Nierenkrankheit.

 

Bislang gab es in Deutschland nur Zahlen zu nierenkranken Patienten im dialysepflichtigen Stadium. Eine kürzlich veröffentlichte Studie liefert jetzt erstmals Zahlen zur Häufigkeit der chronischen Nierenkrankheit sowie deren Risikofaktoren Bluthochdruck und Diabetes.

Auf der MEDICA EDUCATION CONFERENCE im April in Mannheim spricht der Projektleiter der Studie, Professor Dr. med. Matthias Girndt vom Universitätsklinikum Halle (Saale), über die Ergebnisse und Möglichkeiten der Prävention und Therapie. Letztere bleiben oftmals ungenutzt: Nur ein Drittel aller Betroffenen wissen von ihrer chronischen Nierenkrankheit.

 

Nierenschädigung ist häufig! Eine neue repräsentative Studie beziffert die Anzahl der Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion auf 2,3 Prozent der Bevölkerung oder mindesten zwei Millionen Menschen in Deutschland. Dabei nimmt die Häufigkeit mit steigendem Alter rasant zu, im siebten Lebensjahrzehnt ist bereits jeder Achte betroffen. Neben der gestörten Entgiftungsfunktion der Nieren, die an steigenden Blutwerten wie Kreatinin erkannt wird, kann auch eine Durchlässigkeit des Nierenfilters für Eiweißstoffe des Blutes eine Schädigung der Organe anzeigen. Das Auftreten von Eiweiß im Urin wurde bei 11,5 Prozent der Bevölkerung (> 20 Prozent im höheren Alter) festgestellt.

Nierenschädigung ist gefährlich! Im Allgemeinen schreitet eine dauerhafte Niereninsuffizienz fort. Die nach einer Schädigung noch verbliebenen Nierenstrukturen werden überlastet und verlieren ebenfalls kontinuierlich an Funktion. Hinsichtlich der Risiken der Nierenkrankheit denkt man oft an das Entstehen einer Dialysepflichtigkeit, das heißt der Notwendigkeit, in der Regel dreimal wöchentlich die Nierenfunktion durch maschinelle Blutwäsche zu ersetzen. Mindestens 80 000 Menschen in Deutschland sind dauerhaft dialysepflichtig, weitere etwa 23 000 Patienten mussten sich einer Nierentransplantation unterziehen. Dies sind aber nicht die einzigen Risiken: vielmehr steigert die Nierenkrankheit das Risiko für schwere Herz- und Kreislaufkrankheiten dramatisch. Von drei Patienten mit fortschreitender Niereninsuffizienz erreicht statistisch nur einer die Dialysepflicht, die beiden anderen versterben schon zuvor an Herzinfarkt, Herzinsuffizienz oder Schlaganfall.

Prävention. Bluthochdruck und Zuckerkrankheit zählen zu den wichtigsten Ursachen der Nierenschädigung. Sie sind zusammen für fast 50 Prozent der Fälle verantwortlich. Diese Nierenkrankheiten sind vermeidbar. Moderne medikamentöse Therapie erlaubt in der Mehrzahl der Fälle heute eine gute Einstellung des Zuckerstoffwechsels sowie des Blutdrucks. Neue Mess- und Überwachungsgeräte für den Blutzucker erhöhen den Patientenkomfort und können zur Therapietreue beitragen. Bisher kaum behandelbare „refraktäre“ Blutdruckerkrankungen können, zumindest teilweise, mit technischen Verfahren therapiert werden (Nierenarterienablation, Baroreflexstimulation, ROX-Coupler).

Nierenersatztherapie. Moderne Dialyseverfahren können die Verträglichkeit des Behandlungsverfahrens steigern (automatisierte Filtrations-Biofeedback-Steuerung) und eventuell durch Dialysemembranen mit weiterentwickelten Eigenschaften („modifizierter Cut-off“) Langzeitkomplikationen mindern. Zu den schwerwiegenden Komplikationen, vor allem bei Dialysepatienten, die wegen schlechter Venenverhältnisse über Dialysekatheter in den großen Halsvenen behandelt werden müssen, zählen Bakterieneinschwemmungen, Blutstrominfektionen und Endokarditis. Diese sind nur durch optimierte Hygiene und technische Abläufe, gegebenenfalls durch geeignete Blocklösungen für die langfristig verbleibenden Katheter zu verhindern.

 

Professor Dr. Matthias Girndt
Professor Dr. Matthias Girndt

 

Quelle:

Statement von Professor Dr. med. Matthias Girndt – Direktor der Klinik für Innere Medizin II – Nephrologie, Rheumatologie, Endokrinologie und Diabetologie am Universitätsklinikum Halle (Saale)  –

bei der Eröffnungs-Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin e. V. (DGIM – http:www.dgim16.de) Samstag, 9. April 2016, 12.30 bis 13.30 Uhr, Mannheim

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