Freitag, April 19, 2024

Ösophaguskarzinom: Reflux zeigte kein hohes Risiko für Speiseröhrenkrebs

Das Risiko für Speiseröhrenkrebs, Ösophaguskarzinom, ist durch Reflux kaum erhöht, stärker durch Infektionen und genetische Faktoren sowie Übergewicht und Rauchen.

Im Gegensatz zur weit verbreiteten Meinung hat unlängst eine US-amerikanische Studie ergeben, dass der Zusammenhang zwischen einer Reflux-Erkrankung (GERD) und das Risiko für die der Entwicklung von Speiseröhrenkrebs, dem Ösophaguskarzinom, nicht so stark ist, wie man früher vermutet hat.



 

Nicht Reflux, sondern vor allem Infektionen erhöhen das Risiko für Speiseröhrenkrebs, Ösophaguskarzinom sehr!

Die wichtigsten Risikofaktoren für Speiseröhrenkrebs sind genetische Faktoren (wie Tylosis) und Infektionen. Denn eine Vielzahl von Organismen waren in Studien entweder direkt oder indirekt in die Entstehung von Speiseröhrenkrebs verwickelt. Zu den Organismen mit potenziellen direkten Auswirkungen auf das Plattenepithelkarzinom gehören das humane Papillomavirus (HPV), das Epstein-Barr-Virus und Polyomaviren. Indirekt wird eine Infektion mit Helicobacter pylori mit Ösophagus-Adenokarzinom in Verbindung gebracht.

Darüber gehören laut der Wissenschaftler auch starkes Übergewicht und Rauchen eindeutig zu den stärkeren Risikofaktoren für Speiseröhrenkrebs zählen. Zudem erhöhen das Geschlecht (Männer), die ethnische Zugehörigkeit sowie das Alter des Patienten das Risiko.

 

Epidemiologie

In den USA werden pro Jahr rund 8.000 Fälle von Speiseröhrenkrebs diagnostiziert, etwa 6.000 betreffen die unter 80jährigen. 36 Prozent dieser Fälle betreffen über 60jährige Männer mit vorangegangenen Reflux-Symptomen. Frauen sind nur zu 12 Prozent betroffen, unabhängig von Alter und Refluxsymptomen. 34 Prozent der an Speiseröhrenkrebs Erkrankten wiesen keinen Reflux, kein Sodbrennen, auf.

Für Frauen läge – so die Studienautoren einer rezenten Untersuchung – das Risiko, an Speiseröhrenkrebs zu erkranken, unter 1 Prozent und sei demnach vernachlässigbar. Ein breit eingesetztes Screening mittels Endoskopie wie es in der Gastroenterologie derzeit gang und gäbe ist, ist laut der Autoren bei normalem Sodbrennen nicht angebracht.

Bei Speiseröhrenkrebs kommt es häufig erst im späteren Erkrankungsverlauf zum Auftreten von Beschwerden. Ein überraschender, ungewollter Gewichtsverlust mit Appetitlosigkeit, Schluckstörungen, Blutungen oder grundloses Erbrechen sind die wichtigsten Symptome.

 

Bei anhaltenden Symptomen wie Reflux den Arzt konsultieren

Beim Auftreten derartiger Gesundheitsproblemen oder Reflux über einen längeren Zeitraum sollte man ein Arzt konsultieren. Der erste Schritt bei einem gesteigerten Risiko für Speiseröhrenkrebs ist dann die Durchführung einer Gastroskopie – der Magenspiegelung. Denn dabei untersucht der Arzt auch die Speiseröhre.



Im Grunde genommen sind die Beschwerden meistens harmlos. Allerdings kann bei Reflux sehr wohl eine Form von Speiseröhrenkrebs vorliegen. Durch Feststellung des Zelltyps differenziert man übrigens zwei Arten von Speiseröhrenkrebs:

  • das Plattenepithelkarzinom und
  • das Adenokarzinom.

In Europa erwarten übrigens Gastroenterologen, dass im Jahr 2040 jeder dritte krebsbedingte Tod durch Krebs im Verdauungssystem (gastroenterolgische Tumore) verursacht wird. Dagegen helfen endoskopische Technologien, um die Diagnose von Krebsvorstufen und Krebs möglichst früh mit relativ geringer Invasivität stellen und so das Überleben der Patienten verbessern zu können.

Die Europäischen Gesellschaft für gastrointestinale Endoskopie (ESGE) fordert ein Screening aktuell bei Patienten mit lang anhaltenden Symptomen einer gastroösophagealen Reflux-Krankheit, das heisst über einen längeren Zeitraum als 5 Jahre, sowie bei mehreren Risikofaktoren wie einem Alter ab 50 Jahren, weiße Rasse, männliches Geschlecht, Fettleibigkeit und einer genetischen Veranlagung.


Literatur:

Săftoiu A, Hassan C, Areia M, et al. Role of gastrointestinal endoscopy in the screening of digestive tract cancers in Europe. European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) Position Statement. Endoscopy. 2020;52(4):293‐304. doi:10.1055/a-1104-5245

Quante M, Graham TA, Jansen M. Insights Into the Pathophysiology of Esophageal Adenocarcinoma. Gastroenterology. 2018;154(2):406‐420. doi:10.1053/j.gastro.2017.09.046

Souza RF. Reflux esophagitis and its role in the pathogenesis of Barrett’s metaplasia. J Gastroenterol. 2017;52(7):767‐776. doi:10.1007/s00535-017-1342-1

Amadi C, Gatenby P. Barrett’s oesophagus: Current controversies. World J Gastroenterol. 2017;23(28):5051‐5067. doi:10.3748/wjg.v23.i28.5051

Souza RF. From Reflux Esophagitis to Esophageal Adenocarcinoma. Dig Dis. 2016;34(5):483‐490. doi:10.1159/000445225


Quelle: Europäischen Gesellschaft für gastrointestinale Endoskopie (ESGE)

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