Dienstag, April 23, 2024

Online-Hilfe für Schüler mit psychischen Problemen

Eine aktuelle deutsche Studie untersucht, welche Möglichkeiten einer Online-Hilfe Schülern mit psychischen Problemen im Internet zur Verfügung stehen.

Rund 15.000 Jugendliche ab zwölf Jahren können in Kooperation mit ihren Schulen in einer aktuellen deutschen Studie teilnehmen. Die Möglichkeiten einer Online-Hilfe bei Problemen wie Anzeichen von Depressionen, Essstörungen, Alkoholmissbrauch sowie zur allgemeinen Gesundheitsförderung sind mannigfaltig. Schließlich werden in der Studie psychisch auffällige Jugendliche angeleitet, sich professionelle Online-Hilfe zu suchen.

 

ProHEAD – wissenschaftliche Untersuchung zu Angeboten einer Online-Hilfe im Internet für Jugendliche

ProHEAD schließt rund 15.000 Teilnehmern an fünf Standorten. Die Studie mit einer 3,3 Millionen Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ist die bundesweit bislang größte und umfassendste wissenschaftliche Untersuchung zu Angeboten einer Online-Hilfe im Internet für Jugendliche.

Das ProHEAD-Projekt wird von Prof. Dr. Michael Kaess und seinem Team von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg Ggeleitet und koordiniert. Weiters sind andere Abteilungen des Universitätsklinikums Heidelberg (Forschungsstelle für Psychotherapie; Leitung: PD Dr. Stephanie Bauer) sowie Partner der Universitätsklinika Hamburg-Eppendorf und Leipzig, der Universität Marburg, des Zentralinstituts für Seelische Gesundheit in Mannheim sowie der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd beteiligt.

ProHEAD steht für: „Promoting Help-seeking using E-technology for ADolescents“ – zu Deutsch:  „Förderung des Hilfesuchverhaltens von Kindern und Jugendlichen durch den Einsatz neuer Medien“. Grundsätzlich geht es darum, wie Internetseiten zu Depressionen, Essstörungen oder Alkoholmissbrauch aufgebaut sind, damit sie betroffenen Schülern wirklich helfen. Es wird untersucht, wie man über ein Internetportal bereits erkrankte junge Menschen dazu bewegen kann, sich aktiv professionelle Online-Hilfe zu suchen.

 

Nicht immer sind die besten Ansprechpartner in den Suchmaschinen an vorderster Stelle.

Kinder und Jugendliche leiden häufig an psychischen Erkrankungen. Nahezu die Hälfte junger Menschen entwickeln im Laufe des Heranwachsens psychische Probleme wie Essstörungen, gefährlicher Alkoholkonsum oder depressive Syndrome. Die wenigsten betroffenen Jugendliche erhalten eine professionelle Behandlung.

Besonders junge Betroffene suchen häufig zunächst Unterstützung bei nahestehenden Personen oder im Internet. Vor allem eine Online-Hilfe bietet Vorteile wie Anonymität, Verfügbarkeit zu jeder Tageszeit sowie Erreichbarkeit am Land.

„Die Gründe für mangelndes Hilfesuchverhalten in dieser Altersgruppe sind vielfältig. Häufige Barrieren sind Vorurteile, Scham, fehlende Informationen und Skepsis gegenüber den Möglichkeiten professioneller Hilfe“, fasst Projektleiter Prof. Dr. Michael Kaess zusammen. Dabei wäre es wichtig, früh einzuschreiten. „Eine möglichst frühzeitige Erkennung und die anschließende professionelle Behandlung psychischer Probleme verbessert die psychische Verfassung des Jugendlichen, vermeidet eine Chronifizierung und kann die Kosten im Gesundheitswesen reduzieren“. Was noch hinzukommt: Nicht alle Internetseiten, die junge Menschen mit Problemen aufsuchen, sind empfehlenswert. Schließlich gibt es auch Onlineangebote, die beispielsweise Essstörungen eher fördern können.

 

Welche Art von Online-Hilfsangeboten effektiv ist

Das Forschungsprojekt möchte die Jugendlichen dort abholen, wo sie sich heutzutage häufig aufhalten – im Internet. Ziel der Studie sind die Entwicklung, Umsetzung und der Praxistest von Online-Programmen, die das Hilfesuchverhalten von Jugendlichen mit psychischen Problemen fördern, bei gefährdeten Jugendlichen die Symptome reduzieren und Jugendlichen ohne Auffälligkeiten allgemeine Tipps zur Förderung der psychischen Gesundheit geben. Die Teilnahme ist für Schüler freiwillig, die Angaben unterliegen dem Datenschutz.

Vom 1. November an werden bundesweit die ersten Schulen in das Projekt einsteigen. Der erste Schritt ist für die Jugendlichen das Ausfüllen eines Fragebogens am PC, was circa 90 Minuten dauert. Auf Basis der Ergebnisse werden die Jugendlichen in die drei Gruppen „Jugendliche mit Verdacht auf eine psychische Erkrankung“, „Jugendliche mit erhöhtem Risiko“ oder „Gesunde Jugendliche“ eingeteilt.

„Innerhalb dieser Programme erfolgt eine zufällige Zuteilung zu unterschiedlichen Interventions-Gruppen, um herauszufinden, welche Art von onlinebasierten Hilfsangeboten besonders wirkungsvoll ist bzw. auf welche Weise Betroffene dazu bewegt werden können, sich professionelle Hilfe zu suchen“, sagt Prof. Dr. Michael Kaess. Nach einem und dann noch einmal nach zwei Jahren wird erneut ein Fragebogen ausgefüllt, um zu erfahren, wie erfolgreich die verschiedenen Angebote waren.

Während einige Programme rein automatisiert ablaufen, werden andere von Experten betreut, die beispielsweise in Chats auch individuelle Fragen beantworten. Die Online-Angebote sollen professionelle und persönliche Unterstützung keinesfalls ersetzen, sondern Jugendliche darin bestärken, sich Hilfe zu suchen. „Uns ist besonders wichtig, dass im Rahmen des Projekts alle Schülerinnen und Schüler Zugriff auf Online-Angebote zur Förderung der psychischen Gesundheit und zur Prävention psychischer Erkrankungen haben. Dadurch haben alle – zugeschnitten auf ihre Bedürfnisse – die Möglichkeit, auf einfachem Weg etwas für ihr Wohlergehen zu tun“, so Projektleiter Prof. Michael Kaess.

Weitere Informationen

http://www.prohead.de/

https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/ProHEAD.143526.0.html

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