Es ist ein diskriminierendes Vorurteil, dass Neurorehabilitation nach Schlaganfall nur bei jüngeren Betroffenen unter 80 hilft.
Rund 65 Prozent der Patienten behalten nach dem Schlaganfall subjektive Beeinträchtigungen zurück, 32 Prozent sind im Alltag auf Hilfe angewiesen. Auch wenn der Schlaganfall selbst wie ein Blitz aus heiterem Himmel kommt und ein akutes Ereignis darstellt, bleiben meist chronische Probleme zurück. Vorausdenken und Planung von Akutbehandlung über Neurorehabilitation bis in die ambulante Nachsorge stellen bei Schlaganfall-Patienten eine hohe Herausforderung dar.
In Grunde genommen ist die Neurorehabilitation ein sich dynamisch verändernder Bereich, der sich zunehmend ausweitet. Ärzte, Therapeuten und Krankenschwestern in der Ausbildung bekommen die Gelegenheit, an systematischen Veränderungen mitzuwirken und sich in der Forschung zu engagieren, die grundlegende Auswirkungen auf die klinische Praxis hat. In diesem zusammenhang gibt es viele neue Entwicklungen in der Neurorehabilitation nach Schlaganfall aufzuzeigen.
Schlaganfall entsteht fast immer auf der Grundlage von Risikofaktoren, die selbst chronische Krankheiten darstellen wie Bluthochdruck und Diabetes mellitus. Insgesamt ist der Schlaganfall eine ganz typische chronische Erkrankung.
Intensive Neurorehabilitation bringt große Vorteile
Nachdem jemand aus einer Spezialstation für Patienten mit Schlaganfall entlassen wurde, ist es wichtig, dass er danach eine intensive Neurorehabilitation erhält. Dadurch erhöhen sich die Chancen erheblich, nach einem Schlaganfall erfolgreich in den Alltag zurückzukehren.
Es ist nicht gerechtfertigt, ältere Menschen bei Rehabilitationsmaßnahmen zu benachteiligen. Denn sowohl ältere als auch jüngere Schlaganfall-Patienten von einer intensiven Neurorehabilitation profitieren können.
Allerdings erhalten ältere Menschen nach einem Schlaganfall oft nur eine begrenzte geriatrische Rehabilitation, während jüngere Menschen in der Regel die intensive Neurorehabilitation erhalten.
Dies geschieht oft aufgrund der Annahme, dass ältere Menschen von einer intensiven Behandlung wenig Nutzen hätten und möglicherweise überfordert wären. Diese Annahme wurde kürzlich widerlegt.
Intensive Neurorehabilitation nach Schlaganfall bei älteren Menschen wirksam
Unlängst haben Forscher mehr als 2300 Patienten untersucht, um festzustellen, wie gut sie sich nach einem Schlaganfall in den ersten vier Wochen der intensiven neurologischen Rehabilitation erholen.
Die Ergebnisse einer Langzeitstudie haben gezeigt, dass die Kombination von Physiotherapie, Ergotherapie, Sport und Sprachtherapie Menschen über 80 genauso gut hilft wie Menschen zwischen 65 und 80 Jahren und Menschen unter 65 Jahren.
Unabhängig vom Alter führt jede zusätzliche Stunde Therapie zu einer besseren Erholung und weniger Pflegebedarf. Es gibt also kein zu hohes Alter für die intensive Neurorehabilitation.
Eine solche intensive Neurorehabilitation, die bis an die Grenzen der individuellen Leistungsfähigkeit geht, hilft jedem Schlaganfall-Patienten unabhängig von seinem Alter und sollte besonders bei älteren Menschen öfter angewendet werden.
Literatur:
Anaya MA, Branscheidt M. Neurorehabilitation After Stroke. Stroke. 2019 Jul;50(7):e180-e182. doi: 10.1161/STROKEAHA.118.023878. Epub 2019 May 20. PMID: 31104616.