Samstag, April 27, 2024

Nachlassen der Nierenfunktion – Nierenschwäche betrifft sehr viele Menschen

Da das Nachlassen der Nierenfunktion keine Beschwerden verursacht, erkennt man eine Nierenschwäche oft viel zu spät. Dabei ist die Zahl der Begleiterkrankungen sehr hoch.

Unter dem Strich leiden in unseren Breiten Millionen von Menschen an einer Nierenschwäche. Allerdings verursacht das Nachlassen der Nierenfunktion keinerlei Schmerzen. Deswegen erkennt man eine Nierenschwäche – eine Niereninsuffizienz – auch oft viel zu spät.

 

Begleiterkrankungen bei Nachlassen der Nierenfunktion

Dass die Patienten das Nachlassen der Nierenfunktion nicht bemerken, kann schwerwiegende Folgen haben. Denn die Zahl der möglichen Begleiterkrankungen ist bei Nierenschwäche-Patienten so hoch wie in keinem anderen medizinischen Fachbereich. Daher müsse bei der Behandlung von Nierenerkrankungen immer der ganze Patient gesehen werden. Darauf weisen Experten der Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) aktuell hin.

 

Die Niere ist viel mehr als nur ein Ausscheidungsorgan.

Im Grunde genommen reguliert die Niere unter anderem den Salzhaushalt. Außerdem trägt sie zur Blutbildung bei und ist eng mit dem Protein-, Energie- sowie Knochenstoffwechsel verbunden. „Störungen der Nierenfunktion wirken sich daher prinzipiell auf den ganzen Körper aus“, sagt Professor Dr. med. Jürgen Floege, Vorsitzender der DGIM und Direktor der Klinik für Nieren- und Hochdruckkrankheiten, rheumatologische und immunologische Erkrankungen an der Uniklinik der RWTH Aachen. Die Behandlung nephrologischer Patienten zähle damit zu den komplexesten Aufgaben der Medizin.

Mit Zahlen unterfüttert wurde dieser Eindruck unlängst durch kanadische Mediziner, die die Krankendaten von knapp 2,6 Millionen Versicherten auswerteten und Patienten unterschiedlicher Fachärzte auf die Komplexität ihres Gesundheitszustands hin analysierten. Demnach haben Nierenpatienten die höchste Zahl von Komorbiditäten (im Mittel 4,2 zusätzliche Erkrankungen), die größte Zahl verschriebener Medikamente (durchschnittlich 14,2), das höchste Sterberisiko (6,6 Prozent pro Jahr) und das größte Risiko, binnen eines Jahres stationär pflegebedürftig zu werden (2,0 Prozent).

„Damit weisen nephrologische Patienten bei vier von neun Komplexitäts-Parametern die höchsten Werte auf und liegen auch bei der Ermittlung der Gesamtkomplexität an erster Stelle“, sagt Floege – eine Beobachtung, die sich mit seiner Erfahrung aus der nephrologischen Praxis deckt.

 

Risikofaktor Nierenschwäche, Niereninsuffizienz

Unter dem Strich ist eine Niereninsuffizienz ist der stärkste Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche, Herzinfarkt oder Schlaganfall. Auch Ödeme wie das „Wasser in den Beinen“ oder „Wasser in der Lunge“ sind eine häufige Folge der Niereninsuffizienz, ebenso wie Störungen des Nervensystems, die mit Konzentrationsstörungen und Desorientiertheit einhergehen können. Nicht zuletzt wird auch der Knochenstoffwechsel in Mitleidenschaft gezogen, sodass das Risiko von Knochenbrüchen ansteigt. „Man kann etwas pauschaliert sagen, dass Patienten mit Niereninsuffizienz in vielerlei Hinsicht schneller altern als Nierengesunde“, sagt Floege.

Aufgrund der vielfältigen Auswirkungen, die eine Nierenschädigung auf andere Organsysteme hat, sollte der Arzt stets den ganzen Patienten im Blick behalten. Dabei muss er auch mögliche Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten berücksichtigen. Denn 90 Prozent aller Medikamente werden über die Nieren ausgeschieden.


Literatur:

Marcello Tonelli et al.: Comparison of the Complexity of Patients Seen by Different Medical Subspecialists in a Universal Health Care System. JAMA Network Open. 2018;1(7):e184852. doi:10.1001/jamanetworkopen.2018.4852

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