Dienstag, April 23, 2024

LGALS3BP und Interferon-stimulierte Gene zur Verteidigung gegen Viren

Verschiedene Experimente haben gezeigt, dass LGALS3BP eine bislang unbekannte Schlüsselposition bei der Koordination der antiviralen Immunantwort einnimmt.

Im Grunde genommen entwickelt unser Körper verschiedene Verteidigungsstrategien gegen Virenangriffe. Nun haben daher Forscher der Technischen Universität München (TUM) und des Max-Planck-Instituts für Biochemie einen wichtigen Teil der angeborenen Virenabwehr systematisch untersucht. Die Interferon-stimulierte Gene, kurz: ISGs, spielen hier jedenfalls eine bedeutende Rolle. Dabei wurde auch erstmals erfasst, welche Strategien ISGs verwenden, um die körpereigene Virusabwehr aufzubauen. Schließlich scheint hier unter anderem das Molekül LGALS3BP und seine Interaktion mit Interferon-stimulierte Gene eine Schlüsselrolle einzunehmen.

 

Interferon-stimulierte Gene beeinträchtigen die Aktivität der Viren

Viren verhalten sich im Körper wie Saboteure. Sie nutzen die molekularen Mechanismen der Zellen, um sich zu vervielfältigen und zu verbreiten – mit teilweise verheerenden Folgen. Denn um dem entgegenzuwirken, hat sich im Lauf der Evolution eine wirkungsvolle Virenabwehr gebildet, die Teil unseres angeborenen Immunsystems ist. Eine wichtige Rolle spielen hierbei die ISGs. „Aus Studien von Kolleginnen und Kollegen wissen wir zwar, dass verschiedene ISGs die Aktivität von Viren negativ beeinflussen können, aber nicht, wie genau sie das tun“, sagt Andreas Pichlmair, Professor für Immunpathologie von Virusinfektionen am Institut für Virologie der TUM.

Pichlmair und sein Team haben in einer aktuellen Studie systematisch untersucht, mit welchen Proteinen Interferon-stimulierte Gene interagieren. Sie aktivierten in Zellkulturen jeweils ein ISG und charakterisierten mittels Massenspektrometrie, mit welchen Proteinen es interagierte. Resultat der aufwendigen Untersuchung sind Informationen zu 104 ISGs und 1401 Proteinen, die mit den ISGs Verbindungen eingehen. Etwa 90 Prozent dieser Verbindungen waren bislang nicht bekannt.

 

Proteine der Wirtszellen wie das Molekül LGALS3BP helfen bei den Abwehrstrategien

„Sobald wir die die Interaktionspartner der ISGs kennen, können wir daraus ableiten, wie der Körper gegen Viren vorgeht“, sagt Andreas Pichlmair. „Schon die ersten Ergebnisse zeigen, wie vielfältig diese Immunantwort ist.“ Während einige ISGs Viren direkt beeinflussen können, arbeiten andere indirekt. Beispielsweise sind unter den Interaktionspartnern Proteine aus der Zelle, die von den Viren genutzt werden, um sich zu vervielfältigen. Weiters Andere interagieren ISGs mit Proteinen, die für den Energiehaushalt der Zelle notwendig sind.

Ein weiteres Ergebnis ist, dass einige Proteine – beispielsweise das Molekül LGALS3BP – mit einer großen Zahl an ISGs interagieren. Zusätzliche Experimente haben gezeigt, dass LGALS3BP eine bislang unbekannte Schlüsselposition bei der Koordination der antiviralen Immunantwort einnimmt.

Auch für die Entwicklung neuer Therapien sieht Andreas Pichlmair schließlich Ansatzpunkte: „Wenn wir wissen, was unser Körper tut, wenn er eine Infektion mit Viren erfolgreich bekämpft, können wir Möglichkeiten finden, diese Verteidigung bei Erkrankungen in Gang zu setzen, mit denen der Körper nicht selbst fertig wird.“

 

Datensammlungen als wichtiger Bestandteil der Biomedizin

Das Forschungsprojekt von Andreas Pichlmair zeigt die Bedeutung von biomedizinischen Datensammlungen für die Grundlagen- und Anwendungsforschung. Basis der aktuellen Studie war beispielsweise Daten aus verschiedenen Studien dazu, welche Proteine überhaupt zu den ISGs zählen. Weitere wichtige Informationen konnten die Forscherinnen und Forscher unter anderem dadurch gewinnen, indem sie ihre Ergebnisse mit Daten anderer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu Proteininteraktionen von Viren verknüpften.

An der TUM wurden jedenfalls in den vergangenen Jahren immer wieder wichtige Beiträge für die datenbasierte biomedizinische Forschung geleistet. etwa durch die Erstellung der Datenbank „ProteomicsDB“, in der etwa 90 Prozent des menschlichen Proteoms kostenfrei zugänglich gemacht werden. Pichlmair und sein Team hatten zuletzt dokumentiert, mit welchen zellulären Proteinen die einzelnen Proteine des Zika-Virus interagieren und konnten so einen Teil der Pathogenese dieses Virus erklären.

Literatur:

P. Hubel, C. Urban, V. Bergant, W. M. Schneider, B. Knauer, A. Stukalov, P. Scaturro, A. Mann, L. Brunotte, H. Hoffmann, J. W. Schoggins, M. Schwemmle, M. Mann, C. M. Rice and A. Pichlmair. „A protein interaction network of interferon stimulated genes extends the innate immune system landscape„. Nature Immunology (2019). DOI:10.1038/s41590-019-0323-3. https://www.nature.com/articles/s41590-019-0323-3


Quelle: Technische Universität München https://www.tum.de/

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