Ein neue Krebsforschung zeigt, dass Wissenschafter Krebszellen zu Tode stimulieren können. Dazu nahmen die Forscher die Substanz MCB-613 ins Visier.
Das typische Merkmal einer Krebszelle ist ihre gefährliche Überaktivität – die im Zuge des Tumorwachstums außer Kontrolle geratene Zellteilung stellt für Krebszellen einen enormen Stressfaktor dar und ist gleichzeitig Angriffspunkt eines neuen Wirkstoffes. US-Forschern gelang es, Tumorzellen durch eine Substanz so heftig zu stimulieren, dass diese schließlich kollabierten.
Die soeben im Fachjournal Cancer Cell veröffentlichte Studie sei, den Experten zufolge, eine vielversprechende und äußerst wertvolle Erkenntnis in Hinblick auf zukünftige Krebstherapien. Im Mausmodell zeigt das aktuelle Konzept bereits vielversprechende Ergebnisse.
Krebszellen verfügen über Mutationen in sogenannten Onkogenen. Dabei handelt es sich um bestimmte zelluläre Erbanlagen, die bei entsprechender Störung einen Übergang vom normalen Wachstumsverhalten zu ungebremstem Tumorwachstum verursachen. Bisher konzentrierte sich ein Großteil der Krebsforschung auf die Suche nach Substanzen, mit der Fähigkeit, die Aktivität dieser Onkogene zu beeinflussen.
Dabei stellen besonders die Mitglieder der Onkogen-Familie der Steroidrezeptor-Koaktivatoren (SRC) vielversprechende therapeutische Targets dar. Sie sind an der Produktion jener Proteine beteiligt, die für das ungehemmte Tumorwachstum verantwortlich sind.
In einer vorhergehenden Studie führten Bert O’Malley vom Baylor College of Medicine ein Substanzen-Screening durch, um SRC-hemmende Moleküle zu identifizieren, die Krebszellen zu töten und das Tumorwachstum im Tiermodell unterbinden zu könnten.
Mit der Substanz MCB-613 Krebszellen zu Tode stimulieren
Im Zuge dieser Arbeiten untersuchten die Wissenschafter erstmals den umgekehrten Weg, nämlich Krebszellen zu Tode stimulieren zu können. „Dies ist die bis dato erste Substanz, die auf eine Stimulation bestimmter Onkogene zurückgreift, um die Krebstherapie voranzutreiben,“ so Co-Letztautor der Studie, David Lonard vom Baylor College of Medicine. „Denn bisher galt es den Krebs zu bekämpfen, d.h. die Überaktivität der Krebszellen zu hemmen.“
Die Suche nach einem entsprechenden SRC-Aktivator brachte Wissenschafter auf die Spur der Substanz MCB-613, die im Zellkulturmodell die erhoffte Wirkung zeigte. So führte eine MCB-613-Behandlung von Brust,- Prostata-, Lungen-, und Leberkrebszellen zum Tod dieser Zellen, im Gegensatz zu normalen Vergleichszellen, die trotz Behandlung mit MCB-613 unversehrt blieben.
Im Zuge weiterführender Versuche im Mausmodell gelang es den Forschern das Brustkrebswachstum durch Behandlung mit MCB-613 stillzulegen, ohne dabei massive Nebenwirkungen zu verursachen. Im Vergleich zu den behandelten Mäusen, hatte sich das Krebswachstum bei den nicht behandelten Tieren massiv ausgebreitet.
Spekulationen zufolge führt MCB-613 zur Anhäufung unfertiger, d.h. nicht korrekt gefalteter Proteine im sogenannten Endoplasmatischen Retikulum (ER). Diese für die Zellmaschinerie wichtige Zellstruktur läuft in Krebszellen bereits auf Hochtouren. Durch MCB-613 wird die zelluläre Aktivität schließlich über die Belastungsgrenze hinaus vorangetrieben. Bedingt durch den dabei entstehenden Stress kommt es zur Produktion freier Radikale, die schließlich zum Zelltod führen.
„Unser Prototyp agiert in diversen Arten von Tumorgewebe – wir haben Grund zur Annahme, dass es sich um eine Substanz handelt, die in der Krebstherapie allgemein eingesetzt werden könnte,“ so Lonard.
Weitere Studien sind geplant um den exakten Wirkmechanismus der Substanz aufzuklären. Die Aussichten hinsichtlich der Entwicklung entsprechender Medikamente sind jedoch gut, so die Wissenschafter abschließend.