Mittwoch, April 24, 2024

Krebszellen versus Chemotherapie

Krebszellen verfügen über eine raffinierte Überlebensstrategie. Unabhängig davon, mit welcher Chemotherapie man einen Tumor konfrontiert, aktivieren sie  ihr Notfall-Programm ‚Autophagie‘. Wissenschafter der Brigham Young Universität (BYU) entdeckten nun jenes Protein-Duo, welches diesen Prozess in Gang setzt.

Als Autophagozytose oder Autophagie wird jener Prozess in Zellen bezeichnet, bei dem die Zellen ihre eigenen Bestandteile abbauen und verwerten. Betroffen können fehlgefaltete Proteine bis hin zu ganzen Zellorganellen sein.

Die Erforschung eines so genannten Proteinschalters könnten nun die Sensitivität von Krebszellen gegenüber Chemotherapeutika erhöhen. Geraten nämlich Krebszellen aufgrund einer Chemotherapie und der damit verbundenen Schäden an ihrem Erbgut in eine missliche Lage, aktivieren sie als letzte Überlebensstrategie ihren ausgeklügelten Notfall-Modus – die Autophagie, so bauen sie damit nicht benötigte Zellbestandteile gezielt ab und widmen die dadurch gewonnene Energie jenen Prozessen, die ein Überleben garantieren.

Krebszellen bei Ausführung ihres Notfall-Modus blockieren

In einer vor kurzem veröffentlichten Studie berichten Wissenschafter der BYU über die Entdeckung jenes Protein-Duos, die dieses Notfall-Programm aktivieren. Der entsprechende Umkehrschluss liegt nahe: behindert man diese Proteine in ihrer Funktion, sind Krebszellen nicht mehr in der Lage ihr Überleben durch Autophagie zu garantieren.

„Diese Erkenntnisse ermöglichen neue therapeutische Strategien, die sich gezielt auf die Mechanismen der Autophagie richten,“ erklärt Josh Anderson, Professor für Chemie an der BYU. „Oberstes Ziel ist es, die Sensitivität der Tumorzellen gegenüber der Chemotherapie zu erhöhen und damit ihre Wirksamkeit, auch in wesentlich geringeren Dosierungen, zu gewährleisten. Dies könnte durch entsprechende Blockierung der involvierten Proteine bzw. des Proteinschalters gelingen.“

Mit optimal dosierter Chemotherapie Krebszellen bekämpfen

Eine Dosisreduktion der Chemotherapeutika würde sich grundsätzlich – besonders in Hinblick auf das ungünstige Nebenwirkungsprofil der Medikamente – positiv auf den Krankheitsverlauf des Patienten auswirken. Viele Forschungsteams haben sich in ihrer Suche nach einem potenziellen Proteinschalter auf ein seit langem verdächtiges Eiweiß namens ATG9 konzentriert – es galt also, den „Zweiten im Bunde“ zu identifizieren.

Die Wissenschafter der BYU stolperten eher unerwartet und auf indirektem Wege auf brisante Informationen. Das eigentliche Ziel ihrer Forschungsarbeit war es zu ergründen, warum Krebszellen einen Überschuss des Proteins 14-3-3 zeta produzieren.

Die Proteine Atg9 und 14-3-3 zeta bilden „Notfall-Schalter“ in Krebszellen

In einem experimentellen Modell trieben sie Krebszellen aus Brustkrebsgewebe durch die Erzeugung eines Sauerstoff- und Glukosemangels gezielt in die Autophagie. Dabei beobachteten sie eine durch die Stresssituation erzeugte Interaktion zweier Proteine: Atg9 und 14-3-3 zeta. Die Wissenschafter erklären, dass es die Modifikation von Atg9 durch diesen „Beschuss“ dem Protein erlaubt, an das 14-3-3 zeta-Protein anzudocken. Der dadurch resultierende Protein-Schalter aktiviert das Notfall-Programm der Krebszelle und ermöglicht ihr Überleben.

Es gibt bereits Medikamente – darunter das Anti-Malaria Mittel Chloroquine –, die durch eine Blockade der Autophagie eine Effizienzsteigerung der Chemotherapie herbeiführen. Die aktuelle Studie könnte der erste Schritt in Richtung einer neuen, noch spezifischeren Substanz sein, die die Funktion des Proteinschalters zur Aktivierung der Autophagie außer Gang setzt.

Quelle: http://news.byu.edu/print.aspx?id=18217.
Metabolic stress-induced rearrangement of the 14-3-3ζ interactome promotes autophagy via a ULK1- and AMPK-regulated 14-3-3ζ interaction with phosphorylated Atg9A. Mol. Cell. Biol. MCB.00740-14

Bildtext: Krebszellen aktvieren bei Chemotherapie ihr Überlebensprogramm Autophagie. © Creations / shutterstock.com 

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