Mittels neuer Sequenziermethoden entdeckten Grazer Wissenschafter eine Gen-Mutation, die das Zellwachstum anregt – ein wesentliches Charakteristikum von bösartigen Zellen.
Das kolorektale Karzinom bzw. Darmkrebs ist die dritthäufigste bösartige Tumorerkrankung weltweit, in Österreich kommt es jährlich an die 5.000 Darmkrebs-Neuerkrankungen. Die Heilungschancen hängen stark davon ab, in welchem Krankheitsstadium die Erkrankung diagnostiziert wird.
WissenschafterInnen der Medizinischen Universität Graz unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Heinz Sill, Klinische Abteilung für Hämatologie der Medizinischen Universität Graz identifizierten nun eine Genmutation, die wesentlich zur Früherkennung und Prävention von familiärem Darmkrebs beiträgt. Die aktuellen Forschungsergebnisse wurden jetzt in „Nature Communications“ veröffentlicht.

Darmkrebs: Jede fünfte Neuerkrankung innerhalb der Familie
„In 20% der Krankheitsfälle wird eine familiäre Häufung beobachtet, in etwa 5% aller kolorektalen Karzinome kann ein charakteristischer Vererbungsmodus festgestellt werden“, erklärt Prof. Sill. In diesen Fällen spricht man von einem „Familiären Darmkrebs“. Dabei werden schwerwiegende Mutationen – so genannte Keimbahn-Mutationen – in bestimmten Genen vererbt, die eine deutliche Aussage zum Erkrankungsrisiko liefern können. „Die Identifikation dieser Mutationen hat wesentliche Auswirkungen auf Patienten und deren Angehörige“, so Sill weiter. Gemeinsam mit den Instituten für Pathologie und Humangenetik der Med Uni Graz, aber auch KollegInnen der Med Uni Innsbruck und internationalen Organisationen entdeckten die Wissenschafter eine Genmutation, der eine große Rolle in der Krebs-Prävention zukommt.
Darmkrebs über drei Generationen vererbt
Im Rahmen einer Studie wurde eine große österreichische Familie untersucht, in welcher kolorektale Karzinome über drei Generationen vererbt wurden. Sämtliche molekulare Analysen auf bekannte Mutationen verliefen negativ. Daher wurde ein „Familiäres kolorektales Karzinom X Syndrom (FCCTX)“ diagnostiziert. „Mittels neuer Sequenziermethoden wurde eine Mutation im Gen SEMA4A identifiziert“, berichtet der Erstautor der Studie, Dr. Eduard Schulz. Die bisher bekannte Funktion dieses Gens bezieht sich auf die neuronale Entwicklung und Modulation von Immunzellen. Alle untersuchten Familienmitglieder mit der Diagnose Darmkrebs wiesen die idente Mutation im SEMA4A Gen auf.
Wichtige Ergebnisse für die Prävention
Im nächsten Schritt wurde die biologische Relevanz der Mutation in der Zellkultur untersucht. Dabei machten die Wissenschafter eine bedeutende Entdeckung. „Darmzellen mit mutiertem SEMA4A zeigten eine deutlich höhere Aktivität von Signalwegen, die das Zellwachstum anregen“, schildert Dr. Schulz. Dies ist ein wesentliches Charakteristikum von bösartigen Zellen. Auch der Zellzyklus war als Folge dieser abnormen Aktivität stark beschleunigt.
Der Nachweis von Keimbahn-Mutationen im SEMA4A Gen hat wichtige Konsequenzen für Patienten mit familiärem Darmkrebs und deren Angehörige. „Die Bestimmung der Mutation im SEMA4A-Gen klärt über das Erkrankungsrisiko auf und ist ein wichtiger Beitrag zur Krebsprävention beim familiären Darmkrebs“, analysiert Prof. Sill abschließend.
Bild. Darmkrebs wird häufig vererbt. Die Identifikation der Genmutation ist ein wichtiger Beitrag zur Prävention. © Sebastian Kaulitzki / shutterstock.com
Quelle: https://www.medunigraz.at/neues/detail/news/darmkrebs-erbliche-komponente-erforscht/