Donnerstag, März 28, 2024

Die virale Meningoenzephalitis: Symptome und Therapie

Die virale Meningoenzephalitis zeigt vor allem die Symptome Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Fieber, Photophobie, Phonobie, Arthralgien und Myalgien.

Eine virale Meningoenzephalitis zeigt die typischen klinischen Symptome Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit, Fieber, Photophobie, Phonobie, Arthralgien sowie Myalgien. Wenn die Meningoenzephalitis enzephalitisch verläuft, kommen immer klinische Zeichen einer zerebralen Funktionsstörung hinzu. Es treten kann rasch zu Bewusstseinsstörung kommen, weiter Myoklonien, epileptische Anfälle. begleitet von vaskulitischer und/oder myelitischer Symptomatik.



 

Wann man an eine virale Meningoenzephalitis denken soll

  • Umgebungsfällen mit bekannten Viruserkrankungen
  • Insektenstich (»arthropode borne«)
  • Tierbiss
  • Zugehörigkeit zu bestimmten ­ Risikogruppen
  • Behandlung mit Blut bzw. Blutprodukten
  • krankheitsbedingter oder therapeutischer Immunsuppression
  • vorhergehenden Auslandsaufenthalte (»Reiseanamnese«)

Eine virale Meningoenzephalitis wird typischerweise über eine hämatogene Infektionsroute ausgelöst, Herpes simplex-Virus Typ 1, Varicella zoster-Virus, Rabies-Viren und Herpes B-Viren erreichen über die neurogene Infektionsroute das zentrale Nervensystem.

 

Therapie der Meningoenzephalitis

Jeder Patient mit einer viralen Meningoenzephalitis – ebenso wie jeder Patient mit einer bakteriellen Meningitis – muss auf einer neurologisch orientierten Intensivstation beobachtet bzw. behandelt werden.

Allgemeine Therapieprinzipien


Bei Verdacht auf HSV-Infektion

  • Aciclovir 10 mg/kg i.v. alle 8 Stunden – Cave: Nierenfunktion (!)
  • Wenn bakterielle ZNS-Infektion nicht sicher auszuschließen – Antibiotika-Gabe, z.B. Ampicillin 4 g i.v. alle 6 Stunden

Nur in speziellen Fällen

  • passive Immunisierung mit Hyperimmunseren
  • Rabies: Berirab P® 20 IE/kg einmalig i.m. frühzeitig (!)
  • FSME: FSME-Bulin® nicht mehr im Handel (!)

Großzügige Applikation von Analgetika und Sedativa

  • Achtung bei Neuroleptanalgesie: Herabsetzung der »Krampfschwelle« (!)

Antikonvulsive Therapie

  • unter Analgosedierung nicht erforderlich
  • beim nicht-analgosedierten Patienten Lorazepam 2–4 mg i.v., eventuell Valproinsäure 1.000–3.000 mg i.v.
  • Cave: Phenytoin wegen kardialer Nebenwirkungen nach Möglichkeit vermeiden (vgl. virale »Begleit«-Myokarditis)

 


Allgemeine und neurologisch-intensivmedizinische Maßnahmen

  • Hirnödemtherapie
  • antipyretische Therapie (kontrollierte Normothermie)
  • hämodynamischer Support (Flüssigkeitstherapie, Katecholamine)
  • Thrombose- und Stressulcusprophylaxe
  • ausreichende Ernährungstherapie

 



 

Herpes simplex-Virus Typ I-Enzephalitis (HSV I)

Typischerweise beginnt eine HSV I-Enzephalitis fokal, breitet sich sekundär aus und führt im fortgeschrittenen Stadium zu hämorrhagischen Nekrosen. Die Inzidenz der HSV I-Enzephalitis beträgt 2 bis 4 pro Million Einwohner pro Jahr, sie ist die häufigste sporadische Enzephalitis in nicht tropischen Ländern.

Unbehandelt hat eine HSV I-Enzephalitis eine Letalität von über 70%. Herpes simplex-Virus Typ II (HSV II = Herpes genitalis) führt bei perinataler Infektion beim Neugeborenen zu einer hämorrhagischen nekrotisierenden Enzephalitis. Eine HSV I-Enzephalitis verläuft typischerweise in Stadien.

Die Diagnose einer HSV I-Enzephalitis wird durch einen entzündlichen Liquor bei Lumbalpunktion gestellt und den Nachweis von HSV I-DNA mittels Liquor PCR. Ein EEG unterstützt die Diagnose einer Herpes Enzephalitis.

Die Therapie einer HSV I-Enzephalitis ist mit Aciclovir 10–20mg/kg KG alle 6 bis 8 Stunden intravenös für mindestens 14 Tage durchzuführen. In den sehr seltenen Fällen einer Aciclovirresistenz – typischerweise bei HIV-Patienten – kann Vidarabin oder Foscarnet appliziert werden. Prognostische Determinanten sind Alter sowie Bewusstseinslage zum Beginn der antiviralen Therapie.

 

Frühsommer-Meningoenzephalitis

Die durch Ixodes ricinus (Holzbock, Waldzecke) übertragenen Flaviviridae (FSME-Virus) führen in ca. 1/3 der Fälle zu einer klinisch relevanten neurologischen Erkrankung. Der klinische Verlauf ist typischerweise biphasisch, die Inkubationszeit beträgt 7 bis 12 (3 bis 21) Tage. Einer ersten vir­ämischen Phase (Sommergrippe) folgt dann bei 50% der virämischen Patienten eine ZNS-Erkrankung. Die ZNS-Erkrankung manifestiert sich in 50% als Meningitis, in 40% als Enzephalitis und in 10% als Radikulomyelitis.

Eine spezifische antivirale Therapie ist gegenwärtig nicht etabliert, das Management eines Patienten mit einer FSME beschränkt sich auf intensivmedizinisches Monitoring, großzügige Applikation von Analgetika und Sedativa, antipyretische Therapie, hämodynamischen Support etc. Aufgrund des Fehlens einer spezifischen antiviralen Therapie muss besonderes Augenmerk auf die Prophylaxe der FSME gelegt werden. Neben der Expositionsprophylaxe ist seit vielen Jahren die Immunprophylaxe (aktive Immunisierung) etabliert.




Literatur:

Steiner I, Budka H, Chaudhuri A, Koskiniemi M, Sainio K, Salonen O, Kennedy PG. Viral meningoencephalitis: a review of diagnostic methods and guidelines for management. Eur J Neurol. 2010 Aug;17(8):999-e57. doi: 10.1111/j.1468-1331.2010.02970.x. Epub 2010 Mar 3.


Quelle: Virale Meningoenzephalitis. MEDMIX 1/2009

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