Sonntag, Februar 16, 2025

DGIM: Sprechende Medizin kommt im ärztlichen Alltag zu kurz

Sprechende Medizin – das Patientengespräch – ist wichtige Voraussetzung dafür, dass Patienten zu Medizin und behandelnden Arzt Vertrauen gewinnen können.

Oft bleibt im stressigen Klinikalltag und angesichts des ökonomischen Drucks, der auf vielen Medizinern lastet, zu wenig Zeit für den Austausch zwischen Arzt und Patient. Bei betreuungsintensiven Fachdisziplinen wie etwa der Diabetologie oder der Rheumatologie leidet häufig auch der Behandlungserfolg unter der fehlenden Zeit für ein Patientengespräch – mit massiven gesundheitlichen Folgen. Statistiken zufolge unterbricht der Arzt seinen Patienten bereits nach 15 Sekunden und stellt vornehmlich sogenannte „geschlossene“ Fragen, auf die der Patient nur mit „Ja“ oder „Nein“ antworten kann. Für „offene“ Fragen wie die nach dem Befinden bleibt zu wenig Zeit. „Das Gespräch mit dem Patienten ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass er überhaupt Vertrauen gewinnen kann – zur Medizin und zum behandelnden Arzt. So können wir ihm beispielsweise Mut machen, eine Behandlung zu beginnen“, sagt Professor Schumm-Draeger, Vorsitzende und Kongresspräsidentin der DGIM aus München. Grundstein für den Austausch zwischen Ärzten und Patienten sei ausreichend Zeit – und diese sei im zunehmend wirtschaftlich orientierten Klinikalltag zu wenig vorhanden. „Die so wichtige Sprechende Medizin kommt häufig viel zu kurz“, meint Schumm-Draeger. „Um sicherzustellen, dass Patienten zukünftig beispielsweise besser über mögliche Risiken von Medikamenten informiert werden, müssen wir im Vergütungssystem Raum für den Austausch mit dem Patienten schaffen.“

Gerade für Menschen mit chronischen Krankheiten wie Diabetes oder Schilddrüsenerkrankungen sind regelmäßige Gespräche mit Ärzten sehr wichtig – denn hier ist eine erfolgreiche Betreuung und Behandlung nur mit einer intensiven Arzt-Patienten-Beziehung möglich. Bei der Diabetestherapie kommt dem Patienten beispielsweise eine entscheidende Rolle zu: „Er muss die wesentlichen Therapiemaßnahmen in seinem Alltag dauerhaft und eigenverantwortlich umsetzen“, erläutert die DGIM-Vorsitzende. „Je besser das dem Betroffenen gelingt, desto positiver ist die Prognose für den Verlauf des Diabetes.“ Eine wichtige Voraussetzung dafür ist, dass Patienten – beispielsweise durch Gespräche mit Ärzten – ausreichend Wissen über ihre Erkrankung und genügend Fertigkeiten haben, um damit im Alltag zurechtzukommen. Sprechende Medizin wird in einem Video von Professor Schumm-Draeger in ihrer Bedeutung in der Diabetestherapie veranschaulicht.

Neben ihrer Forderung nach einer angemessenen Vergütung für die Sprechende Medizin befasst sich die DGIM intensiv mit der Frage, wie die verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen die Bedingungen für Ärzte und Patienten verbessern können. Am Ende der Diskussion soll ein „Klinik-Kodex“ stehen.

Neben der sprechenden Medizin stehen folgende Themen im Mittelpunkt des123. Internistenkongresses in Mannheim: die Systemmedizin, Versorgungsforschung in der Inneren Medizin: Gesundheitsökonomische Aspekte von interdisziplinärer Vernetzung/integrierter Versorgung, Digital Health Chancen und Herausforderungen für Diagnostik und Therapie, der Kardio-metabolische Patient, Diabetologie als fächerübergreifende interdisziplinäre Herausforderung, Endokrinologie – Schnittstelle in der Inneren Medizin und darüber hinaus, individuelle Pharmakotherapie, genderspezifische Aspekte in Diagnostik und Therapie, patientenorientierte Medizin im höheren Lebensalter, Innere Medizin von Prävention bis Palliation und das Curriculum Innere Medizin für Europa. Weitere Informationen zum Kongress finden Interessierte hier: www.dgim2017.de.

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