Ich bleib mir treu – Jahresthema der Deutschen Hochdruckliga: Warum Arzt und Patient den Therapieerfolg nur gemeinsam erzielen können.
Der Anteil der Bluthochdruck-Patienten, der in Deutschland blutdrucksenkend behandelt wird, ist zuletzt erfreulicherweise aufgrund unserer gemeinsamen Anstrengungen deutlich auf etwa 75 Prozent angestiegen. Der Prozentsatz der gut behandelten, das heißt kontrollierten Bluthochdruck-Patienten ist ebenfalls auf gut 50 Prozent angestiegen. Das bedeutet andererseits, dass immer noch etwa 25 Prozent gar nicht oder knapp die Hälfte nicht ausreichend gut behandelt werden.
Eine sehr wichtige Ursache hierfür stellt die Nonadhärenz (Nichteinhalten/-umsetzen von Therapieempfehlungen) dar. Beispielsweise konnte in einer Studie an 149 neu diagnostizierten Hochdruck-Patienten mittels elektronischer Tablettenboxen gezeigt werden, dass 42 Prozent nichtadhärent (definiert als die Einnahme von weniger als 80 Prozent der verschriebenen Antihypertensiva) waren. Zwei wichtige Untersuchungen aus Frankfurt und Göttingen konnten mittels Messung von Antihypertensivakonzentration im Urin zeigen, dass insbesondere auch bei schwer einstellbaren Hochdruck-Patienten, die Rate an Nonadhärenz sehr hoch, bei circa 50 Prozent liegt. Faktoren, die Nonadhärenz beim Hochdruck-Patienten begünstigen sind:
- Beschwerdefreiheit („asymptomatisch“, tut nicht weh)
- Folgeschäden wie Schlaganfall, Herzinfarkt, Nierenkrankheit sind dem Patienten nicht bewusst oder werden negiert („so alt möchte ich gar nicht werden“)
- chronische, nicht heilbare Erkrankung, die eine Dauertherapie benötigt
Aufseiten der Bluthochdruck-Behandlung wird die Nonadhärenz durch
- häufige, das heißt mehrfach tägliche Medikamentengabe,
- Nebenwirkungen (substanz-spezifisch oder durch zu rasche Blutdrucksenkung („vor der Blutdruckbehandlung habe ich mich wacher/fitter gefühlt“)),
- ungenügende Information (über Krankheit/Nebenwirkungen) bzw. Interaktion (Nachfragen nach Nebenwirkungen) zwischen Patient und Arzt,
- Arzt-Patientenkontakt beeinträchtigt durch lange Wartezeiten bzw. fehlende Kontrolltermine
- hohe Kosten (bei fehlender Versicherung) begünstigt.
Hieraus ergeben sich unter anderem folgende Konsequenzen:
- Patienten (und gegebenenfalls die Familie) über das Krankheitsbild, dessen Diagnostik und Behandlung informieren
- Patienten (und gegebenenfalls die Familie) in Entscheidungsprozesse miteinbeziehen
- Blutdruckselbstmessung empfehlen und für die Therapiesteuerung verwenden
- nichtmedikamentöse Ansatzpunkte („Lebensstiländerungen“) zur Blutdrucksenkung erläutern
- langwirksame blutdrucksenkende Medikamente, die tägliche Einmalgabe erlauben, verwenden
- Kombinationspräparate verwenden (niedrige Tablettenlast)
- langsame Blutdrucksenkung in den Zielbereich
- nach Nebenwirkungen fragen, gegebenenfalls Alternativen vorschlagen
- nach Adhärenz fragen
- Tablettenboxen verwenden, elektronische Erinnerungshilfen (z.B. Apps) verwenden
Grundsätzlich benötigen insbesondere schwer einstellbare Hypertoniker eine intensive Begleitung in ihrem Krankheitsprozess. Hierfür wäre ein kassenfinanziertes, strukturiertes Behandlungsprogramm im Sinne eines Disease-Management-Programms für schwer einstellbare Hypertoniker erforderlich.
Quelle:
Statement » Ich bleib mir treu ! – Jahresthema der Deutschen Hochdruckliga. Warum Arzt und Patient den Therapieerfolg nur gemeinsam erzielen können. « Professor Dr. med. Bernhard Krämer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga e.V. DHL®, Direktor der V. Medizinischen Klinik, Universitätsklinikum Mannheim, Medizinische Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg anlässlich der PK der Deutschen Hochdruckliga e.V. (DHL)® – Deutsche Gesellschaft für Hypertonie und Prävention zum Welt Hypertonie Tage am 15. Mai 2017, Dependance der DGIM, Berlin