Donnerstag, April 18, 2024

Augenhintergrunduntersuchung mit Smartphone und der Fundusfotografie

Für die Augenhintergrunduntersuchung übermittelt man die mit Smartphone-basierter Fundusfotografie aufgenommenen Bilder an Augenärzte zur Analyse.

Viele schwerwiegende Augenerkrankungen, die zur Erblindung führen können, sind durch eine frühzeitige Diagnose und Therapie behandelbar. Allerdings gibt es in den meisten Entwicklungs- und Schwellenländern bislang keine flächendeckende augenärztliche Versorgung. Das Grundproblem sind knappe finanzielle Ressourcen sowie eine – bemessen an der Menge der zu versorgenden Patienten – unzureichende Anzahl an Augenärzten. Die Smartphone-basierte Augenhintergrunduntersuchung mit Fundusfotografie stellt einen möglichen Lösungsansatz dar.

Smart-Phone-basierte Fundusfotografie für die Augenhintergrunduntersuchung. Zu sehen sind der Sehnerv und die Netzhaut versorgenden Arterien und Venen.
Abbildung 1
Smart-Phone-basierte Fundusfotografie für die Augenhintergrunduntersuchung. Zu sehen sind der Sehnerv und die Netzhaut versorgenden Arterien und Venen.

 

Die Smartphone-basierter Fundusfotografie zur Augenhintergrunduntersuchung bringt viele Vorteile

Smartphones sind mittlerweile weltweit verfügbar, verfügen meist über gute Kameraeigenschaften und sind intuitiv bedienbar. Mit speziellen Adaptern lässt sich mit der Smartphone-Kamera eine Augenhintergrunduntersuchung durchführen. Die Vorteile sind die hohe Mobilität aufgrund von geringem Gewicht und die handliche Größe im Vergleich zu den meisten herkömmlichen Kamerasystemen zur Augenhintergrunddiagnostik sowie die wesentlich geringeren Anschaffungskosten gegenüber konventionellen Geräten.

Man konnte zeigen, dass sich die Smartphone-basierte Fundusfotografie für die Erkennung von diabetischer Retinopathie und Sehnervenschädigungen eignet. Solche Schädigungen kommen beispielsweise beim Glaukom vor. Auch wenn manche Adapter eine Sehnervenbeurteilung ohne Pupillenerweiterung ermöglichen, sollte eine Beurteilung mit weit getropfter Pupille erfolgen, da hierdurch eine bessere Bildqualität und validere Einschätzung des Sehnerven möglich sind6.

 

Vergleichsstudie zu den verschiedenen Adaptern

Da bislang kein Vergleich der verschiedenen Ansätze zur Smartphone-basierten Fundusfotografie unternommen wurde, führten Forscher eine Vergleichsstudie vier verschiedener Adapter bezüglich Bildqualität und Eignung zum Screening diabetischer Retinopathie durch. Hierbei zeigte sich, dass es bei Bildqualität und Eignung zur Erkennung diabetischer Retinopathie relevante Unterschiede gibt und auf indirekter Ophthalmoskopie beruhende Ansätze den Adaptern, die auf direkter Ophthalmoskopie beruhen, überlegen sein könnten. Die Smartphone-basierte Fundus-Fotografie kann darüber hinaus augenärztlichem Hilfspersonal beigebracht werden, sodass dieses die Patientenuntersuchungen selbstständig durchführen kann.

 

Ideal zur Kombination mit der Telemedizin

Ideal wäre in diesem Zusammenhang die Kombination mit einem telemedizinischen Ansatz: Die von augenärztlichem Hilfspersonal mittels Smartphone-basierter Fundusfotografie aufgenommenen Bilder werden per Internet an ein Krankenhaus übertragen und dort von Augenärzten am Computer beurteilt. Anschließend erfolgt eine direkte Rückmeldung, ob der Patient einer Behandlung bedarf.

In einem durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und die Else Kröner-Fresenius Stiftung geförderten Kooperationsprojekt mit dem Sankara Eye Hospital, Bangalore, Indien, erprobt die Universitäts-Augenklinik Bonn diesen Ansatz aktuell zum tele-ophthalmologischen Screening diabetischer Retinopathie mittels Smartphone-basierter Fundusfotografie in Südindien.

Literatur:

Ryan, M. E., et al. Comparison Among Methods of Retinopathy Assessment (CAMRA) Study Smartphone, Nonmydriatic, and Mydriatic Photography. Ophthalmology; 122(10), 2038-2043, doi:10.1016/j.ophtha.2015.06.011 (2015).

Russo, A., Morescalch, F., Costagliola, C., Delcassi, L. & Semeraro, F. Comparison of Smartphone Ophthalmoscopy With Slit-Lamp Biomicroscopy for Grading Diabetic Retinopathy. American journal of ophthalmology; 159(2), 360-364, doi:10.1016/j.ajo.2014.11.008 (2015).

Rajalakshmi, R., et al. Validation of Smartphone Based Retinal Photography for Diabetic Retinopathy Screening. PloS one; 10(9), doi:10.1371/journal.pone.0138285 (2015).

Russo, A., et al. Comparison of Smartphone Ophthalmoscopy with Slit-Lamp Biomicroscopy for Grading Vertical Cup-to-Disc Ratio. Journal of glaucoma; 25(9), e777-781, doi:10.1097/ijg.0000000000000499 (2016).

Bastawrous, A., et al. Clinical Validation of a Smartphone-Based Adapter for Optic Disc Imaging in Kenya. JAMA ophthalmology; 134(2), 151-158, doi:10.1001/jamaophthalmol.2015.4625 (2016).

Wintergerst, M. W. M., Brinkmann, C. K., Holz, F. G. & Finger, R. P. Undilated versus dilated monoscopic smartphone-based fundus photography for optic nerve head evaluation. Scientific reports; 8(1), 10228, doi:10.1038/s41598-018-28585-6 (2018).


Quelle:

Statement: » Augenuntersuchung mit dem Smartphone kann die Sehkraft retten. « Dr. med. Maximilian Wintergerst, Arzt in Weiterbildung zum Facharzt für Augenheilkunde, Augenklinik am Universitätsklinikum Bonn. Zum 117. Kongress der DOG, September 2019, Berlin

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