Oft möchten Rheumapatienten nach einer längerer Beschwerdefreiheit unter laufender Therapie ihre Rheuma-Medikamente reduzieren oder sogar absetzen.
Viele Rheumapatienten äußern nach einer längeren Phase der Beschwerdefreiheit unter laufender Therapie den Wunsch, die Einnahme ihrer Rheuma-Medikamente zu reduzieren oder gar zu beenden. Dieser Wunsch wie auch die Option, gerade im Fall der Biologika-Therapie durch Reduktion Kosten einzusparen, hat in den letzten Jahren vermehrt dazu geführt, dass dieses Vorgehen in Studien untersucht wurde.
Als Voraussetzung für einen solchen Therapieabbau gilt grundsätzlich – neben dem Einverständnis des Patienten –, dass mindestens über sechs Monate eine stabile Remission vorliegt. Eine weitere Voraussetzung sollte eine zuverlässige Überwachung sein, um Verschlechterung nach der Reduzierung sofort zu erkennen. Unter dieser Vorgabe haben die durchgeführten Studien trotz unterschiedlichen Designs und unterschiedlich eingesetzter Rheuma-Medikamente eine Reihe gemeinsamer Erkenntnisse geliefert:
Die Wahrscheinlichkeit eines erfolgreichen Abbaus der jeweiligen Rheuma-Medikamente ist umso höher, je kürzer die Krankheitsdauer ist und je schneller es gelingt, unter der Behandlung eine Remission zu erreichen, wobei eine hohe Aktivität zu Beginn der Erkrankung und (bei RA) ACPA-Positivität mit geringerer Erfolgsaussicht verbunden sind.
Empfohlen: Dosis der eingesetzten Rheuma-Medikamente reduzieren, statt absetzen
Wenn die Dosis der eingesetzten Rheuma-Medikamente reduziert wird (bei Biologika zum Beispiel durch Verlängerung der Applikationsintervalle), ist das wesentlich erfolgversprechender als ein komplettes Absetzen der medikamentösen Therapie, das sehr häufig einen Flare (ein erneutes Aufflackern der Erkrankung) in relativ kurzer Zeit nach sich zieht.
In fast allen Studien konnte gezeigt werden, dass im Falle eines Flare der Wiederbeginn der vorher erfolgreichen Therapie beziehungsweise erneute Volldosierung rasch wieder zu einer stabilen Einstellung führt.
Vermutlich deshalb wurde bisher in keiner Studie belegt, dass Reduzierungsversuche zu einem verschlechterten Langzeitoutcome für den Patienten führen können – allerdings liegen Langzeitbeobachtungen nach Therapieabbaustudien bisher nur ganz vereinzelt vor.
Einige dieser Erkenntnisse wurden in deutschen RETRO-Studie erarbeitet bzw. bestätigt. In drei Gruppen wurden hier randomisiert Fortsetzung, Halbierung und Absetzen der laufenden DMARD-Therapie verglichen: Ein Flare trat innerhalb eines Jahres bei 15,8 vs. 38,9 vs. 51,9 Prozent der Patienten auf, bei ACPA-positiven Patienten in rund 40 Prozent und damit rund doppelt so häufig wie bei ACPA-negativen. Wiederbeginn der Therapie war mit erneut ausgezeichnetem Ansprechen verbunden.
Eine erhöhte Erfolgsaussicht für Therapiereduzierung konnte darüber hinaus in einer Reihe von Studien dann gezeigt werden, wenn eine komplette und anhaltende Remission nicht nur durch den DAS 28 ermittelt war, sondern durch einen blanden bildgebenden Befund (zum Beispiel mittels Power-Doppler-Sonografie) bestätigt wurde.
In der Regel steht am Beginn des Therapieabbaus das Ausschleichen der Glukokortikoidtherapie. In modernen Leitlinien wie zum Beispiel den kürzlich veröffentlichten aktualisierten EULAR-Empfehlungen wird gefordert, Kortikoide (die initial obligatorisch zum Behandlungsplan gehören) möglichst nach drei bis sechs Monaten abzusetzen. Für die weitere Reihenfolge des Abbaus gibt es keine wirklich evidenzbasierten Regeln. Leitlinien wie die EULAR-Empfehlungen geben aus ökonomischen Gründen vor, zunächst das Biologikum zu reduzieren, erst dann konventionelle DMARDs wie Methotrexat. Patienten haben jedoch sehr oft die umgekehrte Präferenz, sie möchten zuerst Methotrexat reduzieren und möglichst beenden. Die Entscheidung über die Reihenfolge muss somit individuell getroffen werden.
De facto bedeutet eine Therapiereduzierung zumindest bei Biologika-Gabe ein Abweichen von der im Label festgelegten Dosierung und damit eine Off-Label-Therapie. In Anbetracht der wirtschaftlichen Aspekte ist sicher kaum zu erwarten, dass bei diesem Vorgehen eine Sanktionierung in Form eines Regresses durch die Kostenträger erfolgt. Im Gegenteil versuchen jedoch einzelne Kassen immer wieder, den Verschreiber zum Beispiel brieflich zu veranlassen, einen Therapieabbau vorzunehmen. Eine solche Einflussnahme von außen ist strikt abzulehnen – die Entscheidung zum Therapieabbau muss individuell gemeinsam von Arzt und Patient besprochen und gegebenenfalls in die Tat umgesetzt werden.
Weniger Therapie für mehr Lebensqualität: Für wen und wann die Reduktion der Rheuma-Medikamente eine Option ist – Redemanuskript von Professor Dr. Klaus Krüger, Praxiszentrum St. Bonifatius, München