Freitag, April 26, 2024

Zwerchfellschrittmacher für Amyotrophe Lateralsklerose Patienten

Ein Zwerchfellschrittmacher verringert die Atmungsschwäche, die die Amyotrophe Lateralsklerose verursacht. Dadurch leben die Patienten länger ohne künstliche Beatmung.

Die chronische und fortschreitende Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) verursacht am ganzen Körper eine Muskellähmung. Die unheilbare Nervenerkrankung lähmt auch das Zwerchfeld – das Diaphragma. Dadurch beeinträchtigt sie letztendlich auch die Atmung lebensbedrohlich. Jedenfalls ist Amyotrophe Lateralsklerose ist eine unerbittlich fortschreitende und tödliche Krankheit, für die bislang keine kurativen Therapien verfügbar sind. Die symptomatische und palliative Versorgung in einem multidisziplinären Kontext bleibt weiterhin der Eckpfeiler des Therapie-Managements. Im letzten Jahrzehnt konnte sich der Zwerchfellschrittmacher zur Stimulierung des Zwerchfells als vielversprechende Behandlungsoption etablieren.

 

Amyotrophe Lateralsklerose Patienten überleben mit einem Zwerchfellschrittmacher länger

Amyotrophe Lateralsklerose ist eine Erkrankung des zentralen sowie motorischen Nervensystems, die mit fortschreitendem Verlauf die Muskeln im ganzen Körper lähmt.

Das Zwerchfell ist wiederum für uns Menschen der wichtigste Muskel für die Atmung. Beim Einatmen zieht sich das Diaphragma zusammen, senkt sich ab und befördert somit Luft in die Lungen. Nun lähmt die chronische Amyotrophe Lateralsklerose eben auch das Zwerchfell und führt so zu lebensbedrohlichen Atemminderungen.

Der Zwerchfellschrittmacher wird mittels innovativer Operation implantiert, um folglich direkt das Zwerchfell zu stimulieren. Man spricht auch von einer Diaphragma-Stimulation, kurz DDS. Spezialisierte Chirurgen platzieren dabei minimal-invasiv 4 Elektroden an der Unterseite des Zwerchfells. Danach »verlegen« sie die Kabel der Elektroden durch die Bauchwand nach außen und verbinden sie mit einem elektronischen Stimulationsgerät.

In Folge unterstützt diese Stimulatoreinheit die Kontraktionen des Zwerchfells, indem sie elektrische Impulse an die Nerveneintrittspunkte der Zwerchfellnerven sendet. Die Stimulation regt die Muskelbewegung an und wirkt der fortschreitenden Lähmung des Zwerchfells entgegen. Schließlich reduziert das die Atmungsschwäche, wodurch die Patienten länger ohne künstliche Beatmung leben können.

Zehn Tage nach der Operation stellen Experten den Zwerchfellschrittmacher ambulant ein und aktivieren die Stimulationseinheit. Schließlich stimulieren die Patienten ihr Zwerchfell zu Hause, indem sie viermal täglich jeweils eine halbe Stunde lang trainieren.

 

Welche Patienten geeignet sind

Grundsätzlich reduziert ein Zwerchfellschrittmacher die ALS-bedingte Atmungsschwäche und ermöglicht den Patienten ein längeres Leben ohne künstliche Beatmung.

Schließlich soll eine Beatmungstherapie durch nicht-invasive Ventilation – Maskenbeatmung – sowie einer Beatmung durch Luftröhrenschnitt hinausgezögert oder erleichtert werden.

Allerdings eignet sich diese minimal-invasive Methode nur für ausgewählte Patienten. Denn mehrere hundert Patientenbeispiele zeigen, dass vor allem jene mit einer spastischen Bewegungsstörung des Zwerchfells von der Zwerchfellschrittmacher-Implantation profitieren.

Hingegen nutzt diese vermutlich kaum jenen Patienten mit deutlichem Muskelschwund und schlaffen Lähmungen, da der Diaphragma versorgende Zwerchfellnerv Nervus phrenicus bereits hochgradig degeneriert ist. Tatsächlich kann dadurch die Stimulationseinheit diesen nicht mehr ausreichend elektrisch in Bewegung bringen.

Deswegen implantieren Chirurgen derzeit einen Zwerchfellschrittmacher nur bei Patienten mit einer spastischen Verlaufsform der Amyotrophen Lateralsklerose. Wobei hier der Eingriff schon früh bei ersten Atemfunktionsstörungen erfolgen sollte.


Literatur:

Riva N, Agosta F, Lunetta C, Filippi M, Quattrini A. Recent advances in amyotrophic lateral sclerosis. J Neurol. 2016;263(6):1241-1254. doi:10.1007/s00415-016-8091-6. PMCID: PMC4893385

Lenglet T, Camdessanché JP. Amyotrophic lateral sclerosis or not: Keys for the diagnosis. Rev Neurol (Paris). 2017;173(5):280-287. doi:10.1016/j.neurol.2017.04.003


Quelle: www.charite.de

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