Montag, Oktober 2, 2023

Wer sich um andere kümmert, lebt länger

Helfen lohnt sich: Wer sich um andere kümmert, lebt länger – Studie untersucht den Zusammenhang von Kümmern und Lebenszeit.

Ältere Menschen, die andere unterstützen, leben länger. Das belegt eine Studie, die in der Fachzeitschrift Evolution and Human Behavior erschienen ist. Daran beteiligt waren Forschende der Universität Basel, der Edith Cowan University, der University of Western Australia, der Humboldt-Universität zu Berlin und des Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin.

Wer sich im Alter um andere kümmert, tut damit auch sich selbst etwas Gutes. So leben Großeltern, die sich um ihre Enkelkinder kümmern, im Schnitt länger als Großeltern, die das nicht tun. Dies konnte ein internationales Forschungsteam anhand von Überlebensanalysen von über 500 Menschen im Alter zwischen 70 und 103 Jahren zeigen. Basis waren Daten der sogenannten Berliner Altersstudie aus den Jahren 1990 bis 2009.

Anders als in den meisten Studien zum Thema bezogen die Forschenden gezielt keine Daten mit ein, die intensive Pflegeaufgaben wie Vormundschaften innerhalb der Familie beinhalten. Stattdessen verglichen sie Großeltern, die ihre Enkelkinder betreuten, mit Großeltern, die dies nicht taten sowie mit älteren, enkel- oder kinderlosen Menschen, die sich um andere Menschen in ihrem sozialen Umfeld kümmerten.

Die Ergebnisse der Analysen zeigen, dass sich ein solches Kümmern positiv auf die Lebenszeit der sich Kümmernden auswirken kann. Die Hälfte der Großeltern, die ihre Enkelkinder umsorgten, lebten noch etwa zehn Jahre nach dem ersten Interview 1990. Ähnlich sieht es bei Menschen aus, die zwar keine Enkelkinder hatten, aber ihre Kinder unterstützten, beispielsweise im Haushalt. Von denjenigen, die sich nicht engagierten, starb dagegen etwa die Hälfte innerhalb von fünf Jahren.

Die Forschenden konnten darüber hinaus belegen, dass dieser positive Effekt des Kümmerns auf die Lebenszeit nicht nur bei Hilfeleistungen und Betreuung innerhalb der eigenen Familie gilt. Die Datenanalyse zeigt, dass auch kinderlose, ältere Erwachsene, die beispielsweise anderen Menschen emotionalen Beistand leisten, davon profitieren könnten. Die Hälfte der Engagierten lebte noch sieben weitere Jahre, während diejenigen, die sich sozial nicht engagierten, im Schnitt nur noch vier weitere Jahre weiter lebten.

„Jedoch sollte man das Sorgen für andere nicht als Patentrezept für ein längeres Leben verstehen“, sagt Ralph Hertwig, Direktor des Forschungsbereichs „Adaptive Rationalität“ am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. „Wir gehen davon aus, dass bei einem moderaten Maß von Engagement tatsächlich positive Effekte auf die Gesundheit zu erwarten sind. Wenn es darüber hinaus geht, zeigen frühere Studien, dass dies zu Stress führt, der sich negativ auf die physische und psychische Gesundheit auswirkt“, so Hertwig. Da es in Deutschland nicht der Regelfall ist, dass sich Großeltern vollumfänglich um ihre Enkelkinder kümmern, wurden intensive Pflegeaufgaben nicht in die Analyse miteinbezogen.

Die Forschenden vermuten, dass die Wurzeln prosozialen Verhaltens ursprünglich in der Familie liegen. „Es scheint plausibel, dass die Entwicklung von prosozialem Verhalten der Eltern und Großeltern gegenüber ihren Nachkommen durch ein neuronales und hormonales System möglich gemacht wurde, das dann auch die Grundlage für Kooperation und altruistischem Verhalten gegenüber Nichtverwandten ermöglichte“, sagt Sonja Hilbrand, Doktorandin an der Fakultät für Psychologie der Universität Basel.

Hintergrundinformationen

Originalstudie
Hilbrand, S., Coall, D. A., Gerstorf, D., & Hertwig, R. (2016). Caregiving within and beyond the family is associated with lower mortality for the caregiver: A prospective study. Evolution and Human Behavior. http://dx.doi.org/10.1016/j.evolhumbehav.2016.11.010

Berliner Altersstudien

Die Berliner Altersstudie (BASE) ist eine multidisziplinäre Untersuchung von Menschen im Alter von 70 bis über 100 Jahre, die im ehemaligen Westteil Berlins lebten. In der Hauptstudie (1990–1993) wurde eine Kernstichprobe von 516 Personen in 14 Sitzungen hinsichtlich ihrer geistigen und körperlichen Gesundheit, ihrer intellektuellen Leistungsfähigkeit und psychischen Befindlichkeit sowie ihrer sozialen und ökonomischen Situation untersucht. Seitdem ist die Studie als Längsschnittstudie (BASE-II) weitergeführt worden, indem überlebende Teilnehmer siebenmal nachuntersucht wurden.

Mehr: https://www.base-berlin.mpg.de/de; https://www.base2.mpg.de/de

Max-Planck-Institut für Bildungsforschung

Das Max-Planck-Institut für Bildungsforschung wurde 1963 in Berlin gegründet und ist als interdisziplinäre Forschungseinrichtung dem Studium der menschlichen Entwicklung und Bildung gewidmet. Das Institut gehört zur Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V., einer der führenden Organisationen für Grundlagenforschung in Europa.

Related Articles

Aktuell

Wie Makronährstoffe Entscheidungen beeinflussen

Die Zusammenstellung der Makronährstoffe Kohlenhydrate und Proteine zum Frühstück beeinflusst das soziale Entscheidungsverhalten. Unter dem Strich können Makronährstoffe durch ihre Zusammenstellung bei einer Mahlzeit einen Einfluss darauf haben, wie...
- Advertisement -

Latest Articles

Behandlung mittels Psychotherapie bei jungen Menschen mit Depression

Psychotherapie wie die kognitive Verhaltenstherapie sollte die erste Behandlung bei jungen Menschen mit Depression sein. Und erst später Medikamente. Laut einer rezenten australischen Studie sollte...

Schweres Asthma – Eigenschaften und Symptome

Das Definieren wichtiger Eigenschaften und Symptome der Erkrankung kann dabei helfen, effizienter schweres Asthma bronchiale zu behandeln. Die Erkenntnisse großer Studien haben in jüngster Zeit...

Hoher Salzkonsum: Auswirkungen erhöhen Risiko für Herzschwäche

Ein hoher Salzkonsum erhöht auch das Risiko für Herzschwäche deutlich, negative Auswirkungen auf Blutdruck und KHK waren bereits bekannt. Unter dem Strich gehören nicht nur...