Sonntag, September 29, 2024

Trendwende im postoperativen Schmerzmanagement

Seit den 1950er-Jahren hat sich in diesem Bereich wenig verändert, daher ist es Zeit für eine Trendwende im postoperativen Schmerzmanagement.

Im Rahmen des diesjährigen Pflegekongresses wurden unter anderem Neue Trends im postoperativen Schmerzmanagement diskutiert. Dabei standen drei Aspekte klar im Vordergrund: Die Wichtigkeit der Zusammenarbeit von Medizin und Pflege sowie des raschen Beginns einer adäquaten Behandlung nach der Operation und die aktive Einbindung der Patienten. Höchste Zeit, dass diese Schlüssel eines suffizienten Schmerzmanagements auch zum Einsatz kommen, sind sich die Experten einig. Ein neues nicht-invasives System der patientengesteuerten Analgesie (PCA) mit dem Opioid Sufentanil bündelt all diese Voraussetzungen und kann damit künftig einen wichtigen Beitrag zur besseren postoperativen schmerzmedizinischen Versorgung leisten.

„Jetzt muss Schluss sein!” Mit diesem deutlichen Appell eröffnete Prof. DDr. Jürgen Osterbrink, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Institut für Pflegewissenschaft und -praxis in Salzburg das Symposium “Neue Trends im postoperativen Schmerzmanagement” des Schmerzspezialisten Grünenthal. Denn: „Postoperatives Schmerzmanagement ist seit den 1950er-Jahren allgegenwärtig. Seither hat sich in diesem Bereich jedoch nur wenig verändert. Suffiziente Schmerzlinderung nach Operationen ist in Zeiten von s3-Leitlinien, Expertenstandards und gelebter Interprofessionalität nach wie vor eine ungelöste Herausforderung.”

Unterschätztes Problem …

Die schmerzmedizinische Versorgung frisch operierter Patienten ist also nicht zufriedenstellend: Weniger als die Hälfte der Patienten sind mit ihrer postoperativen Schmerztherapie zufrieden und die Komplikations- sowie Chronifizierungsrate nach Operationen ist deutlich zu hoch. Ein zunehmend brisantes Problem, denn die Zahl der chirurgischen Eingriffe steigt. „In Österreich haben wir rund 1,2 Millionen Eingriffe pro Jahr. 44 Prozent der Patienten haben laut IMAS-Umfrage aus dem Jahr 2004 danach starke oder mittelstarke Schmerzen, die es gilt suffizient zu behandeln”, skizzierte OA Dr. Wolfgang Jaksch, Präsident der Österreichischen Schmerzgesellschaft und verweist darauf, dass die bestmögliche Schmerzbehandlung ein festgeschriebenes Menschenrecht ist.  Ein Grund für die unzureichende Schmerzlinderung ist, dass die erwartete Schmerzintensität sehr häufig falsch eingeschätzt wird. Beispielsweise sind entgegen den Erwartungen die Schmerzen bei kleineren Operationen oft stärker als bei umfangreicheren Eingriffen. [1] Speziell bei den zunehmenden endoskopischen Eingriffen wird die postoperative Schmerzintensität vielfach unterschätzt.

… mit schweren Folgen

Unzureichend behandelter Schmerz kann zu Komplikation führen. Das ist speziell deshalb von Bedeutung, da vor allem ältere und damit häufig multimorbide Patienten operiert werden. „Starker Akutschmerz bewirkt eine massive Aktivierung des Sympatikus, wodurch es zu Blutdruckanstieg, Tachykardien etc. kommt. Dazu wird die Rehabilitation beeinträchtigt, es entstehen respiratorische Probleme, die Wundheilung ist schlechter, die Immunkompetenz wird negativ beeinflusst und – ein ganz heißes Thema – schlechte Schmerztherapie lässt auch Metastasen schneller wachsen”, erklärte Jaksch. Eine weitere Komplikation insuffizient behandelter postoperativer Schmerzen ist deren Chronifizierung. „Jeder zehnte Patient entwickelt nach einer Operation chronische Schmerzen”, weiß der Schmerzmediziner und verwies auf eine europaweite Untersuchung, bei der festgestellt wurde, dass 11,8 Prozent der Patienten 12 Monate nach der Operation an mittelstarken bis starken Schmerzen litten. [2] „Wenn man das durchrechnet, entstehen bei 1,2 Millionen Operationen mindestens 10.000 neue chronische Schmerzpatienten pro Jahr!“ Risikofaktoren sind chronischer präoperativer Schmerz, orthopädische Operationen und, ganz entscheidend, die Zeit wie lange der Patient am ersten Tag nach der Operation starke Schmerzen hatte. Jaksch konkretisierte: „Leidet ein Patient am ersten postoperativen Tag an starken Schmerzen, hat er ein deutlich erhöhtes Risiko, dass der Schmerz chronisch wird.” Damit das nicht passiert, Patienten rasch genesen und wieder mobil werden, ist eine frühzeitige sowie adäquate Schmerztherapie wichtig.

Teamwork beim postoperativen Schmerzmanagement 

Der Pflegewissenschafter und geschäftsführender Vorstand des Institutes für Pflegewissenschaft und -praxis der Paracelsus Medizinischen Privatuniversität Salzburg Ass.-Prof. Dr. Ande Ewers zeigte die Eckdaten eines funktionierenden Schmerzmanagements aus Sicht der Pflege auf und betonte: „Pflegende sind integraler Bestandteil eines erfolgreichen multiprofessionellen Teams. Ihre zentrale Aufgabe liegt in der Koordination und Steuerung der Prozesse im postoperativen Schmerzmanagement.” Damit das gelingt, seien aktuelles Wissen zur systematischen Schmerzeinschätzung, medikamentösen Behandlung und deren möglichen Nebenwirkungen sowie zu nicht-medikamentösen Maßnahmen und Schulungskompetenz, um Patienten entsprechend anleiten und informieren zu können, die Voraussetzungen.

Patienten mit eingeschlossen!

Speziell die Einbindung der Patienten hält der Experte für ein zentrales Element eines funktionierenden Schmerzmanagements. „Wenn der Patient nicht aktiv mitgestaltet, dann wird‘s im Schmerzmanagement schwierig”, so Ewers. „Das aktive Einbeziehen in die Therapieentscheidung hat zur Folge, dass die Patienten sich als Partner wahrgenommen fühlen, wodurch sich die Zufriedenheit mit der Behandlung verstärkt.”

Neues System Zalviso ® bringt zufriedene Patienten und spart Ressourcen

Die Therapie ist multimodal und besteht aus Nichtopioid-Analgetika, neuronaler oder epiduraler Blockade und bei Bedarf sollten Opioide verabreicht werden, denn „Patienten mit starken Schmerzen benötigen stark wirksame Medikamente”, so Schmerzexperte Jaksch. Ein bedeutender Fortschritt könnte mit einem neuen Konzept für die nicht-invasive patientengesteuerte Analgesie (PCA) gelingen, das 2017 in Österreich zur Verfügung stehen wird. Eine PCA führt im Vergleich zu einer konventionellen Opioidgabe zu einer niedrigen Schmerzintensität und einer deutlich höheren Zufriedenheit, da die Patienten die aktive Kontrolle über die Therapie haben. [3] Bis dato kam sie wenig zum Einsatz, da die Handhabung schwierig und der Ressourcenaufwand hoch war.

Das neue Nano Tab-PCA-System Zalviso vereint das hochwirksame Opioid Sufentanil mit der Möglichkeit für den Patienten, selbst aktiv zum Management mäßig starker bis starker postoperativer Schmerzen beitragen zu können. Das System enthält 40 Naonotabletten Sufentanil in einer Dosierung von 15 µg in einer Patrone zur sublingualen Anwendung. Die Tablette wird mit Hilfe des Zalviso-Applikationsgerätes unter der Zunge gelegt. Das System ist so konstruiert, dass es nur durch den Patienten aktiviert werden kann. Ein 20-Minuten-Lockout verhindert, dass das minimale Dosierungsintervall von 20 Minuten unterschritten wird. Damit können Überdosierung, Missbrauch oder unbefugter Zugriff verhindert werden.

Die wesentlichen Vorteile sieht Jaksch darin, dass Zalviso keinen i.v.-Zugang braucht und damit eine geringere Infektionsgefahr besteht, es ist sicher durch Programmierung, bedeutet wenig Aufwand in der Betreuung und die Patienten sind mobil. Laut Vergleichsstudien mit intravenöser Morphin-PCA sind Zalviso-Patienten deutlich zufriedener (extrem zufrieden 30 vs. 46%). Aber auch das Pflegepersonal wurde befragt: Auch hier hat sich gezeigt, dass 65 Prozent des Pflegepersonals extrem oder sehr zufrieden mit dem neuen System waren. Besonders positiv wurde der geringe Arbeits- und Zeitaufwand eingestuft. [6]

2017 ist „Global Year against Pain after Surgery“

Das kommende Jahr wird von der International Association for the study of pain (IASP), von der europäischen Schmerzföderation (EFIC) und der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) zum „Global Year against Pain after Surgery“ ausgerufen. „Wir werden in diesem Jahr vieles unternehmen, um das Bewusstsein für eine bessere Versorgung des postoperativen Schmerzes zu steigern“, gibt ÖSG-Präsident Jaksch Ausblick.

Wichtige Strukturelemente für eine gute Akutschmerztherapie:

  • eine regelmäßige Schmerzmessung
  • eine sorgfältige Dokumentation
  • ein strukturiertes Qualitätsmanagement
  • die Aufklärung und Integration des Patienten in die Behandlung
  • eine fachübergreifende Zusammenarbeit aller am Schmerzmanagement Beteiligten
  • die regelmäßige Weiterbildung von Ärzten und Pflegepersonal
  • die Erstellung klinikeigener Leitfäden zur Akutschmerztherapie auf Basis bestehender Leitlinien
  • die Möglichkeit patientengesteuerter nicht-invasiver Therapieverfahren

Quellen: Simanski et al., Pain Medicine 2014; Hudcova et al., Cochrane Database Syst Rev 2006

Quelle: Pflegekongress16, Symposium der Firma Grünenthal „ Neue Trends im postoperativen Schmerzmanagement “, 25. November 2016, Wien

Über CHANGE PAIN

Um die Schmerztherapie voranzutreiben und die Patientenversorgung zu verbessern, wurde von der Dachorganisation der europäischen Schmerzgesellschaften (EFIC) und Grünenthal europaweit die Initiative CHANGE PAIN ins Leben gerufen. Ärzten, Schmerzpatienten, deren Angehörigen und allen im Management von Schmerz Beteiligten oder Interessierten wird damit ein breites Experten-Netzwerk sowie ein Informations- und Servicepaket zur Seite gestellt. Kernthemen und Ziele der Initiative sind die Optimierung der Arzt-Patienten-Kommunikation, die individuell angepasste Therapie mit guter Balance zwischen Wirkung und Verträglichkeit sowie ein besseres Verständnis für Entstehungsmechanismen von Schmerzen. Die Initiative wird durch internationale und nationale Schmerzexperten wissenschaftlich gefördert. Die CHANGE PAIN Experten-Gruppe – in Österreich unter der Leitung von OA Dr. Jaksch – hat es sich zur Aufgabe gemacht, bessere Einblicke in die Problematik der Behandlung starker chronischer Schmerzen zu geben. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen werden laufend wissenschaftlich publiziert. Zusätzlich werden adäquate Fortbildungsunterlagen und -angebote für Fachpublikum in Medizin und Pflege erarbeitet. Weitere Informationen & Service unter www.change-pain.at

 

Über Grünenthal

Die Grünenthal Gruppe ist ein unabhängiges, international tätiges, forschendes Pharmaunternehmen in Familienbesitz mit Konzernzentrale in Aachen. Wir sind ein unternehmerischer Spezialist, der den Patienten echten Nutzen bringt. Durch unsere nachhaltige Investition in Forschung und Entwicklung über dem Branchendurchschnitt verpflichten wir uns der Innovation, um medizinische Versorgungslücken zu schließen und nutzenbringende Produkte auf den Markt zu bringen. Grünenthal ist ein Unternehmen mit vollständig integrierter Forschung und Entwicklung; wir verfügen über langjährige Erfahrung in innovativer Schmerzbehandlung und der Entwicklung modernster Technologien für den Patienten. Als eines der letzten verbliebenen fünf forschenden Pharmaunternehmen mit Konzernzentrale in Deutschland investiert Grünenthal nachhaltig in die Forschung und Entwicklung. Im Jahr 2015 betrugen diese Investitionen 19% des Umsatzes. Die Forschungs- und Entwicklungsstrategie Grünenthals konzentriert sich auf ausgesuchte Therapiegebiete und modernste Technologien. Den Schwerpunkt bildet die intensive Suche nach neuen Wegen, um Schmerzen besser, nachhaltiger und mit weniger Nebenwirkungen zu lindern.

Die Grünenthal Gruppe ist in insgesamt 32 Ländern mit Gesellschaften in Europa, Lateinamerika und den Vereinigten Staaten vertreten. Grünenthal-Produkte sind in mehr als 155 Ländern erhältlich und knapp 5.400 Mitarbeiter arbeiten weltweit für die Grünenthal Gruppe. Der Umsatz 2015 betrug 1,2 Mrd. €. Weitere Informationen unter: www.grunenthal.at

 

Literatur

[1] Gerbershagen et al., Anesthesiology 2013; 118: 934-944

[2] Fletcher et al. Eur J Anaestesiol 2015

[3] Hudcova J et al. Chchrane Database Syst Rev, 2012

[4] Willsie SK et al.; Clinical Therapeutics 2014

[5] Willsie SK et al. Clin Ther. 2015;37:145–55

[6] Melson T et al., Pain Practice, 2014

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