Donnerstag, April 18, 2024

Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura mit Caplacizumab effektiv behandeln

Caplacizumab drängt die Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura innerhalb weniger Tage zurück und schützt die Organe vor weiterer Minderdurchblutung.

Wer einen akuten Schub der seltenen Krankheit thrombotisch-thrombozytopenische Purpura überlebt, kämpft danach oft mit bleibenden, vor allem neurologischen Schäden. Eine internationale Studie unter Beteiligung der Universitätsklinik für Hämatologie des Inselspitals Bern konnte nun die Wirksamkeit einer innovativen Therapie bestätigen.

Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura (TTP) ist mit 2 bis 3 Neuerkrankungen pro 1 Million und Jahr selten. Die Krankheit ist lebensbedrohlich und trifft vor allem jüngere, bis dahin meist gesunde Menschen.  Frauen etwas häufiger als Männer. Unbehandelt führt die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura innerhalb weniger Tage zum Tod.

Bei gesunden Personen spaltet die Eiweissschere ADAMTS13 im Blut das Protein Von-Willebrand-Faktor (VWF). Damit wird verhindert, dass Blutplättchen (Thrombozyten) spontan mit dem VWF verkleben und Gerinnsel bilden. Die Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura ist durch das Fehlen der ADAMTS13 charakterisiert. Der und Blutplättchen verklumpen, Gerinnsel verstopfen die Gefässe. Dadurch werden die Organe minderdurchblutet – Herzinfarkt, Hirnschlag und Nierenversagen sind die Folgen. Die thrombotisch-thrombozytopenische Purpura ist eine Autoimmunerkrankung, bei der Autoantikörper den schweren ADAMTS13-Mangel verursachen.

Die Standarttherapie besteht bisher aus täglichem Plasmaaustausch (Entfernung der Autoantikörper, Zufuhr von ADAMTS13) in Kombination mit immunsuppressiven Medikamenten, die die Autoantikörperproduktion unterdrücken. Trotz dieser Behandlung sterben immer noch 10 bis 20 Prozent der Patienten während eines akuten Schubes. Mehr als die Hälfte der Überlebenden weisen zudem bleibende Organschäden und Einschränkungen auf, vor allem in Form von neurologischen Defiziten, und Rückfälle sind häufig.

 

Caplacizumab dämmt die Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura bei niedriger Rückfallquote rasch ein.

Eine grosse internationale, im «New England Journal of Medicine» (NEJM) aktuell publizierte Studie mit Beteiligung der Universitätsklinik für Hämatologie am Inselspital Bern konnte die Wirksamkeit der neuartigen Behandlung mit Caplacizumab bestätigen.

Die neue Therapie drängt die Thrombotisch-thrombozytopenische Purpura innerhalb weniger Tage zurück und schützt die Organe vor weiterer Minderdurchblutung. Dabei verhindert das gegen den Von-Willebrand-Faktor gerichtete Caplacizumab die Bindung der Blutplättchen an dieses grosse klebrige Protein. Folglich kommt es dadurch auch nicht zur Bildung von Von-Willebrand-Faktor-Plättchengerinnseln in den kleinen Gefässen.

An der Phase-III-Studie nahmen 145 Patienten teil. 72 von ihnen erhielten während der Plasmaaustausch-Behandlung und 30 Tage darüber hinaus den Nanobody Caplacizumab. Die anderen 73 erhielten über den gleichen Zeitraum ein Placebo.

Mit dem neuen Wirkstoff Caplacizumab endete die Akutphase der Thrombotisch-thrombozytopenischen Purpura für 75 Prozent der Erkrankten bereits nach 2,95 Tagen. Demgegenüber waren es 4,5 Tagen unter der herkömmlichen Therapie. Zudem benötigten die Patienten weniger Plasmaaustausche und konnten das Spital früher verlassen.

Die Nebenwirkungen der Behandlung waren insgesamt vergleichbar. Erwartungsgemäss traten allerdings unter Caplacizumab leichte Blutungen etwas häufiger auf (65 % gegenüber 48 % mit Placebo). Schließlich konnten damit die vielversprechenden Daten aus einer Phase-II-Studie, an der die Berner Hämatologie ebenfalls beteiligt war, bestätigt werden.

Literatur:

Marie Scully, Spero R. Cataland, Flora Peyvandi, Paul Coppo, Paul Knöbl, Johanna A. Kremer Hovinga, Ara Metjian, Javier de la Rubia, Katerina Pavenski, Filip Callewaert, Debjit Biswas, Hilde De Winter et al. for the HERCULES Investigators. Caplacizumab Treatment for Acquired Thrombotic Thrombocytopenic. January 9, 2019, New England Journal of Medicine (NEJM). DOI: 10.1056/NEJMoa1806311


Quelle: Universitätsklinik für Hämatologie und Hämatologisches Zentrallabor, Inselspital, Universitätsspital Bern

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