Samstag, April 20, 2024

Smartwatch kann Vorhofflimmern rechtzeitig erkennen

Zukünftig könnte eine Smartwatch dabei helfen, den Herzrhythmus von Patienten mit erhöhtem Risiko bequem und regelmäßig zu überwachen.

Eine kommerziell erhältliche Smartwatch soll Vorhofflimmern korrekt erkennen können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Wissenschaftlern des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) an der Universitätsmedizin Greifswald und Wissenschaftlern des Universitätsspitals Basel.

Zukünftig könnten elektronische Armbanduhren daher den Patienten dabei helfen, um den Herzrhythmus mit einem erhöhten Risiko bequem und regelmäßig zu überwachen. Vorhofflimmern könnte so früher entdeckt und dadurch das Risiko für einen Schlaganfall deutlich reduziert werden.

Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung. Experten erwarten, dass sie in den nächsten 40 Jahren bei über 55-Jährigen sogar doppelt so häufig auftreten wird. Kommt das Herz aus dem Takt, steigt das Risiko für einen Schlaganfall. Die Einnahme von Blutgerinnungshemmern, sogenannten Antikoagulantien, kann dieses Risiko jedoch um bis zu 70 Prozent reduzieren. Problem dabei ist, dass Vorhofflimmern häufig unentdeckt und damit unbehandelt bleibt, da es oft nur anfallartig auftritt und keine Beschwerden verursacht.

 

Mit verstärkten und verlängerten Screenings des Herzrhythmus Vorhofflimmern erkennen

Man weiß, dass durch verstärkte und verlängerte Screenings des Herzrhythmus Vorhofflimmern häufiger rechtzeitig erkannt wird. Professor Marcus Dörr von der Universitätsmedizin Greifswald und seine Schweizer Kollegen vom Universitätsspital Basel konnten nun zeigen, dass ein Smartwatch hier eine Möglichkeit bietet, den Herzrhythmus bequem und vergleichsweise günstig zu überwachen.

In einer prospektiven kontrollierten Studie haben sie dafür an 508 Personen mit und ohne Vorhofflimmern untersucht, ob eine Smartwatch mit einer App zur Aufzeichnung des Herzrhythmus Vorhofflimmern akkurat detektieren kann. Hierfür analysierten die Forscher die Aufzeichnungen der Smartwatch durch einen automatischen Algorithmus hinsichtlich des Vorliegens von Vorhofflimmern.

 

Vergleich mit einem mobilen Elektrokardiogramm

Schließlich verglichen die Experten diese Ergebnisse mit einem mobilen Elektrokardiogramm (EKG)-Gerät. Dabei legten die Patienten für die Messung je zwei Finger der rechten und linken Hand auf eine Elektrode. Diese EKGs wurden anschließend von Ärzten ausgewertet, denen keine weiteren Informationen über die Teilnehmer vorlagen.

Dabei zeigte sich, dass die Smartwatch mindestens genauso gut und akkurat wie das mobile Elektrokardiogramm Vorhofflimmern detektieren kann. „Besonders wichtig war, dass durch die App nicht zu viele falsch-positive Befunde erhoben wurden. Also Vorhofflimmern angezeigt wurde, wenn tatsächlich keines vorlag“, sagt Dörr. Denn dies würde unnötige Untersuchungen und Kosten nach sich ziehen.

 

Signalstörungen durch Bewegung

Allerdings gab es noch Probleme mit der Qualität des Signals. Meistens traten diese Störungen auf, wenn die Träger sich bewegten. Dann konnte die Smartwatch den Herzrhythmus nicht immer korrekt erfassen.

In der Studie konnten die Wissenschaftler aufgrund schlechter Signalqualität 20 Prozent der Daten nicht auswerten. „Eine mögliche Lösung könnte sein, neben der Verbesserung des Algorithmus, den Herzrhythmus nachts mehrfach automatisiert aufzuzeichnen, wenn man sich weniger bewegt“, so DZHK-Wissenschaftler Dörr.

Die Studie zeigte außerdem, dass eine wiederholte einminütige Aufzeichnung ausreicht, um Herzrhythmusstörungen zuverlässig zu entdecken. Ein verlängertes Aufzeichnungsintervall von drei oder fünf Minuten brachte keine besseren Ergebnisse.

 

Smartwatch könnte diagnostische Lücke füllen

Bevor die Smartwatch jedoch tatsächlich für ein Screening bei Risikopatienten eingesetzt werden kann, sind noch weitere größere klinische Studien nötig. Dafür läuft schon eine EU-finanzierte Studie, die untersucht, ob die Smartwatch ein beschwerdefreies Vorhofflimmern bei Risikopatienten zuverlässig erkennen kann.

Momentan bekommen Patienten mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmern ein Langzeit-EKG, das den Herzrhythmus für bis zu 72 Stunden aufzeichnet. Wenn man in dieser Zeitspanne nichts entdeckt, dann kann man laut Leitlinien theoretisch damit aufhören, den Herzrhythmus zu überwachen. Ist das Risiko sehr hoch, können in ausgewählten Fällen kleine implantierbare Ereignisrekorder hinter das Brustbein operativ eingesetzt werden. Eine teure und invasive Methode.

Auch andere, externe Geräte zur Rhythmusüberwachung sind kostspielig, die die Krankenkassen nicht bezahlen. Eine Smartwatch ist hier vergleichsweise günstig und kann theoretisch von jedermann erworben werden. Sie könnte daher zukünftig die Lücke zwischen dem Langzeit-EKG und einem implantierten Gerät schließen.

Literatur:

Dörr M, Nohturfft V, Brasier N, Bosshard E, Djurdjevic A, Gross S, Raichle CJ, Rhinisperger M, Stöckli R, Eckstein J. The WATCH AF Trial: SmartWATCH for Detection of Atrial Fibrillation. JACC Clin Electrophysiol. 2019 Feb;5(2): 199-208. Epub 2018 Nov 28. DOI:10.1016/j.jacep.2018.10.006.

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