Freitag, April 19, 2024

Knoblauchgeruch in der Muttermilch

Forscher haben nachgewiesen, dass sich der Konsum von Knoblauch durch stillende Frauen sich in Knoblauchgeruch in der Muttermilch niederschlägt.

Lebensmittelchemiker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben nachgewiesen, dass die Einnahme von Knoblauch durch stillende Frauen sich im Knoblauchgeruch der Muttermilch niederschlägt. Verantwortlich dafür ist Allylmethylsulfid (AMS). Dieses Stoffwechselprodukt bildet sich erst verstärkt im mütterlichen Organismus. Man muss allerdings noch klären, ob der Knoblauchgeruch spätere Ernährungspräferenzen der Kinder beeinflusst. Beispielsweise ob sie später Knoblauch mögen.

 

Muttermilch – die optimale Nahrung fürs Baby

Dass Muttermilch die beste Nahrung für Säuglinge ist, ist unbestritten. Ob Sie aber auf spätere Erkrankungen und Allergien oder auf die Ernährungsgewohnheiten des Kindes Einfluss hat, ist offen. Einige Forscher nehmen an, dass Kinder solche Lebensmittel bevorzugen, die ihre Mütter während der Stillzeit konsumieren, da sie vermuten, dass die Milch dann genauso oder zumindest ähnlich schmeckt.“

Mit ihrer Arbeitsgruppe beschäftigt sich Büttner seit Jahren damit, wie Aromen vom Stoffwechsel des Menschen verarbeitet werden. Was den Einfluss auf die Muttermilch betrifft, kommt die Forscherin zu eher nüchternen Ergebnissen, denn einige Aromastoffe sind sehr labil und können im Körper des Menschen zu Derivaten verstoffwechselt werden, die wenig mit den für das Lebensmittel charakteristischen Ausgangsprodukten zu tun haben. So hat Büttners Team in früheren Untersuchungen nachgewiesen, dass etwa die Einnahme von Fischöl und Stilltee das Aromaprofil der Muttermilch nicht verändert. Eukalyptuskapseln, die auch während der Stillzeit bei Erkältungskrankheiten eingesetzt werden, geben der Muttermilch jedoch eine deutliche Eukalyptusnote. Allerdings ist hier nicht nur der ursprüngliche geruchsaktive Wirkstoff Eukalyptol in der Milch zu finden, sondern auch eine Vielzahl von Derivaten, die der mütterliche Organismus aus Eukalyptol erst bildet.

 

Allylmethylsulfid bringt Knoblauchgeruch in die Muttermilch

Mit dem Knoblauch scheint es ähnlich zu sein. In einer Studie hatten die Lebensmittelchemiker der FAU die Milch von stillenden Müttern untersucht, die durchschnittlich 2,5 Stunden zuvor rohen Knoblauch gegessen hatten. Zunächst wurde die Milch einer sensorischen Prüfung durch speziell geschulte Personen unterzogen – mit dem Ergebnis, dass den Proben ein charakteristischer knoblauch- und kohlartiger Geruch bescheinigt wurde. Anschließend wurde das Muttermilcharoma in einem Gaschromatographen in seine Bestandteile zerlegt, und es konnten Metaboliten nachgewiesen werden, die klar auf den Knoblauch zurückzuführen sind: Allylmethylsulfid (AMS), Allylmethylsulfoxid (AMSO) und Allylmethylsulfon (AMSO2). Gleichzeitig wurden die Metaboliten von den Riechexperten geprüft, und es stellte sich heraus, dass das AMS ein knoblauchartiges Aroma verströmt – die übrigen Derivate waren geruchlos.

Kann der Genuss von Knoblauch also die späteren Ernährungsgewohnheiten der Säuglinge beeinflussen? „Wir können diese Frage gegenwärtig nicht beantworten“, erklärt Andrea Büttner. AMS allein scheint auf jeden Fall nicht dasselbe wie der ursprüngliche Knoblauchgeruch zu sein. Interessant an den Untersuchungen war auch, dass in Muttermilch Derivate von Aromen gefunden werden, die ursprünglich nicht in derselben Form in den verzehrten Lebensmitteln vorhanden waren.

Bisher denkt man primär über den Geruch nach, allerdings sind andere, darüber hinausgehende Effekte solcher Derivate auf Gesundheit und Entwicklung der Säuglinge noch weitgehend unerforscht. Zudem könnte die Wirkung bestimmter Ausgangsprodukte in der Nahrung generell überbewertet sein, da der Körper der Mutter hier auch eine Schutzfunktion übernimmt, indem er Inhaltsstoffe der Nahrung abbauen kann. Oft wird vergessen, dass selbst natürliche Aromastoffe nicht immer gesund sein müssen.“

 

Auch Körper und Küche transportieren Aromen

Im Zusammenhang mit der Diskussion um die prägenden Eigenschaften der Muttermilch verweist Andrea Büttner auch auf andere Aromaträger, die die Entwicklung von Säuglingen beeinflussen können: „Wir müssen berücksichtigen, dass Aromen offenbar nur eingeschränkt mit der Muttermilch transportiert werden, aber in sonstigen sozialen Kontexten – etwa über den Körpergeruch der Mutter oder über Gerüche, die bei der Nahrungszubereitung entstehen – eine viel stärkere Wirkung entfalten können.

Über Geruch können sich Menschen leicht an Kindheitserlebnisse erinnern, und Mamas Kuchen-Backen oder Lieblingsspeise-Kochen ist dabei eine der prägendsten Erfahrungen. Beim sozialen Lernen von Gerüchen und Aromen besteht noch ein großer Forschungsbedarf.“

Dass Knoblauchgeruch die Säuglinge vom Genuss der Muttermilch abhalten könnte, steht indes nicht zu befürchten – sie scheint sogar vielmehr den Appetit anzuregen, wie in einer anderen Studie an Säuglingen gezeigt wurde, die mehr Milch tranken, wenn die Mutter Knoblauch gegessen hatte.

Literatur:

Laura Scheffler, Yvonne Sauermann, Gina Zeh, Katharina Hauf, Anja Heinlein, Constanze Sharapa, Andrea Buettner. Detection of Volatile Metabolites of Garlic in Human Breast Milk. Metabolites 2016, 6(2), 18; https://doi.org/10.3390/metabo6020018.

Die Ergebnisse der Studie wurden unter dem Titel „Detection of Volatile Metabolites of Garlic in Human Breast Milk“ im Online-Journal des renommierten Multidisciplinary Digital Publishing Institute (MDPI) veröffentlicht. * doi: 10.3390/metabo6020018


Quellen: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)

Fraunhofer Institute for Process Engineering and Packaging

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