Samstag, April 20, 2024

Analyse-System für die Brustkrebs-Diagnostik nutzt Künstliche Intelligenz

Forschende haben ein neues Analyse-System für die Brustkrebs-Diagnostik anhand von Gewebeschnitten entwickelt, das Künstliche Intelligenz (KI) nutzt.

Zwei Weiterentwicklungen machen das neues Analyse-System für die Brustkrebs-Diagnostik einzigartig. Einerseits integriert es erstmals morphologische, molekulare und histologische Daten in einer Auswertung. Andererseits liefert es eine Erklärung des KI-Entscheidungsprozesses in Form von Heatmaps mit. Dadurch können Ärztinnen und Ärzte das Ergebnis der KI-Analyse nachvollziehen und auf Plausibilität prüfen. Künstliche Intelligenz wird damit erklärbar – ein entscheidender und unabdingbarer Schritt nach vorn, will man KI-Systeme künftig im Klinik-Alltag zur Unterstützung der Medizin einsetzen. Die Forschungsergebnisse wurden jetzt in Nature Machine Intelligence* veröffentlicht.

Krebsmedizin beschäftigt sich zunehmend mit der molekularen Charakterisierung von Tumorgewebe-Proben. Ermittelt wird dabei unter anderem der Methylierungszustand der DNA, die Genexpression, somatische Mutationen oder auch die Protein-Expression in den pathologischen Präparaten. Gleichzeitig setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Krebsprogression eng mit der Verbindung von Krebszellen untereinander und der Interaktion mit dem umgebenden Gewebe – einschließlich des Immunsystems – zusammenhängt.

 

Künstliche Intelligenz in der Brustkrebs-Diagnostik

Während mikroskopische Techniken die Untersuchung biologischer Prozesse mit hoher räumlicher Auflösung erlauben, kann man molekulare Marker mikroskopisch nur begrenzt erheben. Sie werden vielmehr anhand von aus Gewebeproben extrahierten Proteinen oder DNA ermittelt. Als Folge erlauben sie meist keine räumliche Auflösung, und daher ist ihr Zusammenhang mit den mikroskopischen Strukturen typischerweise unklar. Diese Probleme der Brustkrebs-Diagnostik konnte ein interdisziplinäres Forschungsteam jetzt mithilfe von Künstlicher Intelligenz lösen.

„Bei Brustkrebs ist bekannt, dass die Zahl eingewanderter Immunzellen, der sogenannten Lymphozyten, im Tumorgewebe einen Einfluss auf die Prognose der Patientin hat. Zusätzlich wird diskutiert, ob diese Zahl auch einen prädiktiven Wert hat – also Aussagen darüber ermöglicht, wie gut welche Therapie anschlägt“, sagt Prof. Dr. Frederick Klauschen vom Institut für Pathologie der Charité.

„Das Problem: Wir haben gute und belastbare molekulare Daten und gute, räumlich hochaufgelöste histologische Daten. Aber es fehlte bislang die entscheidende Brücke zwischen den Bildgebungsdaten und den hochdimensionalen molekularen Daten“, ergänzt Prof. Dr. Klaus-Robert Müller, Professor für Maschinelles Lernen an der TU Berlin. Die beiden Wissenschaftler kooperieren bereits seit mehreren Jahren unter dem Dach des nationalen KI-Kompetenzzentrums Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD), das an der TU Berlin beheimatet ist.

 

Erkennung von pathologischen Veränderungen in mikroskopischen Bildern

In dem jetzt veröffentlichten Ansatz gelang genau diese Symbiose. „Unser System ermöglicht die robuste Erkennung von pathologischen Veränderungen in mikroskopischen Bildern. Parallel dazu liefern wir eine präzise Heatmap-Visualisierung, die zeigt, welcher Pixel auf dem mikroskopischen Bild in welchem Maße zu der Diagnose des Algorithmus beigetragen hat“, erläutert Prof. Müller. Zudem haben die Forschenden das Verfahren noch einen großen Schritt weiterentwickelt.

„Unser Analysesystem wurde mithilfe von maschinellen Lernverfahren so trainiert, dass es auch verschiedene molekulare Merkmale, wie zum Beispiel die DNA-Methylierung, die Genexpression oder auch die Protein-Expression in bestimmten Bereichen des Gewebes aus den histologischen Bildern vorhersagen kann.“

Als nächstes stehen die Zertifizierung und weitere klinische Validierungen – inklusive Tests in der pathologischen Routinediagnostik – auf der Agenda. Doch Prof. Klauschen ist überzeugt: „Die von uns entwickelte Methode erlaubt es in Zukunft, die histopathologische Tumordiagnostik präziser, standardisierter und damit auch qualitativ besser zu machen.“


Literatur:

Song T, Wang Y, Du W, Cao S, Tian Y, Liang Y. The method for breast cancer grade prediction and pathway analysis based on improved multiple kernel learning. J Bioinform Comput Biol. 2017 Feb;15(1):1650037. doi: 10.1142/S0219720016500372. Epub 2016 Nov 29. PMID: 27899048.


Quelle:

Charité – Universitätsmedizin Berlin: www.charite.de

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...