Freitag, April 19, 2024

Zusammenhang ACE-Hemmer Lungenkrebs untersucht

Eine aktuelle britische Studie berichtet über einen möglichen Zusammenhang ACE-Hemmer Lungenkrebs. Doch viele Herzspezialisten entwarnen.

Im Grunde genommen nehmen viele Millionen Patienten Medikamente gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, allen voran auch ACE-Hemmer. Letzteres gilt für nahezu jeden zweiten Bluthochdruck-Patient in unseren Breiten. Schließlich zählen dazu auch alle Patienten mit systolischer Herzinsuffizienz und alle Patienten nach Herzinfarkt. Diese nehmen entweder ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptor-Blocker ein, um ihre Prognose zu verbessern. Prinzipiell haben zahlreiche Studienergebnisse nachgewiesen, dass diese medikamentöse Therapien lebensverlängernd wirkt und die Beschwerden verbessern. Dementsprechend groß war die Verunsicherung, als die britischen Forscher aktuell über einen Zusammenhang ACE-Hemmer Lungenkrebs und einem höheren Krebsrisiko berichteten.

 

ACE-Hemmer Lungenkrebs: Mögliches erhöhtes Risiko für ein Bronchialkarzinom untersucht

Bei Patienten, die ACE-Hemmer einnehmen, ist aufgrund von kürzlich publizierten Daten einer britischen Studie Verunsicherung entstanden. Wissenschaftler aus Großbritannien hatten bei mit ACE-Hemmern behandelten Patienten ein höheres Lungenkrebsrisiko beobachtet als bei Patienten, die AT1-Rezeptor-Blocker oder andere blutdrucksenkende Wirkstoffe einnehmen.

Mit ACE-Hemmern versorgte Patienten wiesen demnach gegenüber AT1-Antagonisten einnehmenden Patienten eine um 14% und gegenüber einer Gruppe, die andere Blutdrucksenker erhielt, eine um 6 % höhere Wahrscheinlichkeit auf, Lungenkrebs zu entwickeln.

 

Schwäche der Studie

Bei der Einordnung der Daten muss laut Experten der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie beachtet werden, dass sie Ergebnis einer reinen Beobachtungsstudie sind, die naturgemäß zunächst einmal mögliche Zusammenhänge aufzeigen, nicht aber Aussagen zu Ursache und Wirkung treffen kann. Eine ganz wesentliche Schwäche der Studie ist, dass diverse beeinflussende Faktoren nicht berücksichtigt werden konnten, weil keine Informationen dazu vorlagen. Lungenkrebserkrankungen sind multifaktoriell bedingt und somit ist eine Kontrolle für andere beeinflussende Faktoren sehr wichtig in solchen Studien.

Nicht mit in die Untersuchung einbezogen wurden beispielsweise der sozioökonomische Status, die Ernährungsgewohnheiten der Patienten und familiäre Vorbelastungen für Lungenkrebs. Vor allem aber gab es keine Daten zu Dauer und Intensität, mit der die Patienten Tabak konsumierten. Dauer und Ausmaß des Zigarettenkonsums sind aber ganz entscheidende Faktoren in dem Zusammenhang, da sie sowohl die Entstehung von Bluthochdruck beeinflussen als auch wesentlich das Risiko für Bronchialkarzinome bestimmen.

 

Studie als Signal ernst nehmen

Bedacht werden müsse darüber hinaus, dass die Daten der britischen Studie sich in eine lange Liste äußerst diverser Studienergebnisse einreihen. In manchen vorhergegangenen Studien zeigte sich ein Zusammenhang, in anderen wiederum nicht. Als Signal wird die Studie in Kardiologenkreisen jedoch ernst genommen. Es gilt allerdings, stets sorgfältig zwischen dem Nutzen, den Patienten aus der Therapie ziehen, und den Risiken abzuwägen. Die Experten fordern weitere Studien, um die Frage abschließend beurteilen zu können.

Ein sogenannter „Detection-Bias“ entsteht zudem durch eine häufige Nebenwirkung der ACE-Hemmer, die bei vielen Patienten Reizhusten verursachen. Dies führt dazu, dass Ärzte Reizhusten-Patienten häufig mit bildgebenden Maßnahmen auf Erkrankungen der Lunge untersuchen lassen. Dementsprechend entdeckt man auch öfter Karzinome als bei anderen Patienten.

 

Was die Ergebnisse bedeuten

Wobei sich Experten einig sind: Aufgrund der nun erschienenen Daten besteht aktuell zunächst einmal kein Anlass, die Medikation von mit ACE-Hemmern behandelten Patienten, die das Medikament gut vertragen, umzustellen. Viel mehr Sorgen sollten die häufig zu niedrig angesetzte Dosierung der Medikamente durch die Ärzte und die oft mangelnde Einnahmetreue der Patienten bereiten.

Ärzte sollten weiterhin ihre Herz- und Bluthochdruckpatienten mit diesen sehr nützlichen und lebensverlängernden Präparaten behandeln und diese auf keinen Fall abgesetzen. Bei bestimmten Patienten, beispielsweise mit erhöhtem Risiko für oder bereits bestehenden Lungenkrebserkrankungen, kann der Ersatz des ACE-Hemmers erwogen werden.

Patienten sollten alle Sorgen, Bedenken und Probleme bezüglich ihrer Medikation offen mit ihrem behandelnden Arzt besprechen, rät die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie.


Quelle:

Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK)
Pressetext DGK 11/2018 – https://dgk.org/

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