Freitag, Juni 20, 2025

Therapie bei Bewegungsstörungen: Tiefe Hirnstimulation bei Dystonie

Ein bestimmtes Hirnaktivitätsmuster hängt mit der Erkrankungsschwere sowie dem Therapieerfolg der Tiefen Hirnstimulation bei Dystonie zusammen.

Unter dem Strich ist die Dystonie die dritthäufigste Bewegungsstörung weltweit. Und zwar nach Morbus Parkinson und dem essentiellen Tremor. Das betrifft mehr als 500.000 betroffenen Menschen in Europa. Bei einer Dystonie ist das Gleichgewicht zwischen jenen erregenden und hemmenden Nervenverbindungen gestört, das für „geordnete“ Bewegungsabläufe im Körper sorgt. So kommt es zu unwillkürlichen Bewegungen, Zuckungen und Krämpfen bestimmter Muskeln. Die zervikale Dystonie betrifft dabei den Hals- und Nackenbereich. Dazu konnten  Wissenschaftler unlängst in einer rezenten Studie für die isolierte Dystonie einen direkte Zusammenhang zwischen einem spezifischen Hirnaktivitätsmuster, der Schwere der Symptome sowie dem anschließenden Effekt der Tiefen Hirnstimulation (THS) zeigen.




Maßnahmen die helfen, wie man bis ins hohe Alter geistig fit bleiben kann

Gehirn – geistig fit © Julien Tromeur / shutterstock.com
Gehirn – geistig fit © Julien Tromeur / shutterstock.com

Nichtinvasive elektrische Hirnstimulation und intensives kognitives Training sollen helfen, dass Menschen geistig fit bis ins hohe Alter bleiben. Mehr dazu unter https://medmix.at/geistig-fit-bis-ins-hohe-alter/


Neurolgische Bewegungsstörungen Dystonie, den extrapyramidalen Hyperkinesien zugehörig

Die Bewegungsstörung Dystonie ist eine Erkrankung, die unerwünschte, unkontrollierbare, oft schmerzhafte, abnormale Bewegungen einer betroffenen Extremität oder Körperregion verursacht. Es handelt sich um eine relativ seltene Erkrankung, die die betroffenen Patienten sehr beeinträchtigen kann. Häufig verschlechtert sich dadurch die Lebensqualität einer Person sehr. In den meisten Fällen ist die Ursache unbekannt. Dystonie ist in der Regel eine Langzeiterkrankung, die einer langfristigen Behandlung bedarf, wobei es bislang keine Heilung gibt.

 

Nervenzellen im Theta-Rhythmus

Bei Dystonie-Patienten schwingen die Nervenzellen im sogenannten Theta-Rhythmus von vier bis zwölf Hertz. In der aktuellen Studie wurden 27 Patienten mithilfe stereotaktischer Verfahren auf beiden Seiten Elektroden in den Globus pallidus internus (GPi), einen Bereich in den Basalganglien, implantiert. Zwar ist schon länger bekannt, dass dies eine effektive Therapie ist und die gesteigerte neuronale Aktivität durch die Stimulation des GPi gebremst werden kann – die genaue Wirkweise ist jedoch bisher nicht abschließend geklärt.

Bei den untersuchten Patienten fand sich die charakteristische Wechselbeziehung zwischen der Hirnaktivität, der vorab klinisch gemessenen Schwere der Symptome, der Nähe zum optimalen Zielpunkt sowie dem therapeutischen Effekt.

Das Team um Prof. Dr. Andrea Kühn erforscht an der Charité intensiv die Ursachen von Bewegungsstörungen und den Einsatz der Tiefen Hirnstimulation als Therapieform. So haben bisher insgesamt mehr als 400 THS-Patienten an Messungen der Hirnaktivität teilgenommen. Diese wurden daraufhin auf Muster untersucht, die mit der Schwere der Symptome und dem Effekt der Therapie korrelieren. Mittels der Software „LEAD-DBS“ wurde dann die Amplitude der gefundenen Aktivitätswellen dreidimensional in einem virtuellen Gehirn kartiert. Hier fand sich zusätzlich ein signifikanter lokaler Anstieg ebendieses Aktivitätsmusters genau in dem Hirnareal, wo die Tiefen Hirnstimulation bei Dystonie am effektivsten ist.



 

Fazit

Die Ergebnisse der Berliner Wissenschaftler liefern Hinweise für die ursächliche Bedeutung der Theta-Aktivität für die Symptome der Dystonie und bieten einen Erklärungsansatz für die Wirkweise sowie den optimalen Zielpunkt der Tiefen Hirnstimulation bei den betroffenen Patienten. Die Forscher versuchen in weiteren Studien die die Langzeiteffekte der Tiefen Hirnstimulation auf die Aktivität der Nervenzellen analysieren.


Tiefe Hirnstimulation gegen schwerste Depressionen

Die Freiburger Ärzte stimulierten mit Elektroden eine Region im Gehirn, die an der Wahrnehmung von Freude beteiligt ist. Dadurch wurde die Depression bei sieben der acht behandelten Patienten gelindert. © Universitätsklinikum Freiburg
Die Freiburger Ärzte stimulierten mit Elektroden eine Region im Gehirn, die an der Wahrnehmung von Freude beteiligt ist. Dadurch wurde die Depression bei sieben der acht behandelten Patienten gelindert. © Universitätsklinikum Freiburg

Die Tiefe Hirnstimulation lindert schwerste Depressionen, die anhaltende positive Wirkung des Verfahrens wurde mittlerweile in mehreren Studien nachgewiesen. Mehr dazu unter https://medmix.at/tiefe-hirnstimulation-gegen-schwerste-depressionen/




Literatur:

Wolf-Julian Neumann, Andreas Horn, Siobhan Ewert, Julius Huebl, Christof Brücke, Colleen Slentz, Gerd-Helge Schneider and Andrea A. Kühn: A localized pallidal physiomarker in cervical dystonia. In: Annals of Neurology, Volume 82, Issue 6, December 2017, Pages: 912–924. DOI: 10.1002/ana.25095.

Louis ED. Tremor. Continuum (Minneap Minn). 2019;25(4):959-975. doi:10.1212/CON.0000000000000748

Tisch S, Rothwell JC, Limousin P, Hariz MI, Corcos DM. The physiological effects of pallidal deep brain stimulation in dystonia. IEEE Trans Neural Syst Rehabil Eng. 2007;15(2):166-172. doi:10.1109/TNSRE.2007.896994


Quelle:

Charité – Universitätsmedizin Berlin der Sektion Bewegungsstörungen und Neuromodulation an der Klinik für Neurologie

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