Donnerstag, März 28, 2024

Systemischer Lupus erythematodes mit neuen Kriterien zur Klassifikation

Systemischer Lupus erythematodes bekam nun neue Kriterien zur Klassifikation. Diese sind statistisch besser als die Vorgängermodelle.

Am Rheumatologen-Kongress in Dresden spannten zwei Schwerpunkte bewusst eine Brücke über die gesamte Rheumatologie. Und zwar waren das einerseits die Autoimmun-Systemerkrankungen. Und andererseits die Arthrose, die Gelenkabnutzung. Schwerpunkt an der Rheumatologie am Uniklinikum Dresden sind die Autoimmun-Systemerkrankungen. Ein prominentes Beispiel dafür ist der SLE, systemischer Lupus erythematodes, für den weltweit führende Experten neue Kriterien zur Klassifikation entwickelt hatten. An der Publikation der neuen EULAR/ACR-Kriterien für den SLE hatten Experten gut fünf Jahre gearbeitet haben.



Systemische Lupus erythematodes

Unter dem Strich ist Systemischer Lupus erythematodes eine komplizierte Rheumaerkrankung mit komplexen Kriterien zur Klassifikation. Die Erkrankung betrifft etwa jede tausendste Frau und jeden zehntausendsten Mann. Wobei praktisch alle Organe an Schädigungen leiden können.

Das betrifft zum Beispiel die Gelenke, die Haut, die Nieren, Herzbeutel und Rippenfell oder verschiedene Blutkörperchen. Und bei jeder Patientin und jedem Patienten sind die betroffenen Organe unterschiedlich. Das kommt daher, dass das Immunsystem bei dieser Erkrankung verschiedene Autoantikörper macht.

Vorstellen kann man sich das wie eine Impfung gegen körpereigene Gewebe. Wie es zu diesen Autoantikörpern kommt, ist noch nicht ganz klar. Aber jede SLE-Patientin und jeder SLE-Patient hat mehrere unterschiedliche Autoantikörper.

Einige dieser Autoantikörper kann man heute direkt messen, aber viele andere erkennen wir nur an ihren Folgen. Deshalb ist die Erkennung dieser ohnedies eher seltenen Erkrankung nicht ganz einfach. Und es ist auch nicht einfach, Medizinstudierenden ein Konzept des SLE mitzugeben, damit sie Jahre später SLE-Patienten erkennen können.

Was unser Bild der Erkrankung wesentlich beeinflusst hat, sind sogenannte SLE-Klassifikationskriterien. Denn die Diagnose ist ein sehr individueller Prozess, in den sehr viele Informationen einfließen. Aber auch wissenschaftlich möchten wir möglichst präzise festlegen, wer an SLE leidet und wer nicht. Wenn zu viele Patienten mit einer ganz anderen Erkrankung an einer SLE-Studie teilnehmen, gefährdet das das Ergebnis. Dafür brauchen wir einen objektiven und relativ einfachen Maßstab, eben Klassifikationskriterien.



 

Aktuelle Kriterien zur Klassifikation: Systemischer Lupus erythematodes im Fokus von EULAR und ACR

Die aktuellen SLE-Klassifikationskriterien entstanden in einem gemeinsamen Projekt der EULAR, der europäischen Dachgesellschaft der Rheumatologen, und des ACR, des American College of Rheumatology. Zum ersten Mal steht die EULAR, und damit Europa, auf solchen Kriterien gleichrangig drauf.

Professor Dr. med. Martin Aringer: „Initiiert haben das Projekt Prof. Thomas Dörner an der Charité und ich am Uniklinikum Dresden. Auch sonst gab es eine wesentliche deutsche Beteiligung. Herr Prof. Matthias Schneider und Herr Dr. Ralph Brinks in Düsseldorf haben sich ebenso maßgeblich beteiligt wie Frau Prof. Bimba Hoyer in Kiel, Herr Prof. Falk Hiepe wieder hier in Berlin und Herr Dr. Nicolai Leuchten in meinem Team in Dresden. Insgesamt war das aber ein wirklich weltweites Projekt. Auf der ACR-Seite hat das Projekt Frau Dr. Sindhu Johnson in Toronto mit mir geleitet. Neben europäischen und nordamerikanischen Zentren beteiligten sich SLE-Experten weltweit, unter anderem aus Mexiko, Hongkong und Japan.“

 

Kriterien zur Klassifikation müssen zeigen, was sie können

Neue Kriterien müssen zeigen, dass sie statistisch besser sind als die Vorgängermodelle, und diesen Test haben die Kriterien bestanden. Aber was hat sich inhaltlich geändert?

Einerseits haben die experten den klassischen Suchtest für die ganze Erkrankungsgruppe, die ANA oder antinukleären Antikörper, in die Position eines Suchtests umgereiht. Bei Klassifikationskriterien heißt das dann Eingangskriterium. Das heißt, dass die neuen Kriterien SLE ganz ohne ANA nicht bestätigen können, aber fast alle SLE-Patienten haben ANA.

Dann hat man den einzelnen wichtigen Befunden jeweils eine Wertigkeit zugeordnet. Manche der Probleme treten bei ganz vielen Erkrankungen auf und zählen daher relativ wenig. Andere, besonders eine Nierenbiopsie mit einer schweren SLE-Nierenentzündung, machen einen SLE schon sehr wahrscheinlich.

 

Kriterium Fieber

Ein Kriterium kam neu dazu, nämlich Fieber. Das haben nämlich viele Patientinnen und Patienten mit neu aufgetretenem SLE. Klarerweise tritt Fieber auch bei Infektionen auf. Und deshalb gibt es für die neuen Kriterien auch eine einfache Regel. Wenn es eine bessere Erklärung gibt (wie eine Lungenentzündung für Fieber), wird das nicht für die SLE-Klassifikation gezählt.

Alle diese Veränderungen sollen die Genauigkeit der Zuordnung verbessern und helfen, Patienten früher als SLE-Patienten zu erkennen. Sie bilden auch besser ab, was SLE-Experten weltweit in ihrer Klinik tun. Daher besteht die Hoffnung, dass die neuen Kriterien helfen werden, dass Ärzte SLE besser und genauer erkennen. Und dann auch die richtigen Patientinnen und Patienten für SLE-Studien auswählen.




Quelle:

» Statement Wann ist es Lupus – wann nicht? Welche Veränderungen die neuen europäisch-amerikanischen Klassifikationskriterien für Behandlung und Forschung mit sich bringen. « Professor Dr. med. Martin Aringer Tagungspräsident DGRh, Leiter der Abteilung für Rheumatologie an der Medizinischen Klinik und Poliklinik III, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden. 47. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh). 33. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Orthopädische Rheumatologie (DGORh). 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR), August 2019, Berlin.

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