Freitag, April 19, 2024

Stammzelltransplantation, Gentherapie und Zelltherapie weiterentwickeln

Die Stammzelltransplantation ist bei Kindern mit Erbkrankheiten oft die einzige Therapieoption. Gentherapie und Zelltherapie werden sie aber bald ergänzen.

Eine Stammzelltransplantation kam laut Zahlen der European Society für Blood and Marrow Transplantation (EBMT) in den Jahren 2000 bis 2016 in Europa bei fast 50.000 Kindern und Jugendlichen zum Einsatz, bei denen eine anderweitig nicht zu behandelnde Leukämie vorlag. Auch eine ganze Reihe genetischer Erkrankungen kann nur durch eine Blutstammzelltransplantation geheilt werden.

In einem Großteil der Fälle zeigt die Stammzelltransplantation den gewünschten Erfolg. Jedoch verlieren auch noch immer viele Kinder und Jugendliche den Kampf gegen ihre Erkrankung. Die Ursachen dafür sind unterschiedlich, nicht selten sind es Komplikationen als Folge einer Stammzelltransplantation.

 

Therapieoptionen für Kinder und Jugendliche weiter optimieren

Professor Dr. Selim Corbacioglu vom Universitätsklinikum Regensburg (UKR) übernimmt eine tragende Rolle bei der Weiterentwicklung von Zelltherapeutika für Kinder und Jugendliche. Die European Society für Blood and Marrow Transplantation (EBMT) hat ihn zum Vorsitzenden der Arbeitsgruppe für pädiatrische Erkrankungen ernannt. Der Leiter der Abteilung für Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation des UKR, setzt sich dafür ein, die Therapieoptionen für Kinder und Jugendliche weiter zu optimieren und ist nun mit großer Mehrheit zum Vorsitzenden der EBMT-Arbeitsgruppe Paediatric Diseases Working Party (PDWP), gewählt worden.

„Die Stammzelltransplantation hat enorme Fortschritte gemacht. Sie ist in den letzten zehn Jahren eine der sichersten und effizientesten medizinischen Therapieoptionen für viele anderweitig nicht behandelbare Erkrankungen geworden. Das verantwortungsvolle Amt innerhalb der EMBT gibt mir nun neue wissenschaftliche und medizinische Möglichkeiten, um moderne und nebenwirkungsarme Zell- und Gentherapien bei Kindern und Jugendlichen zu etablieren“, erläutert Professor Corbacioglu, der sich in der Wahl durch die EBMT-Mitglieder gegen zwei Kollegen durchgesetzt hat. „Durch die europäische Dachgesellschaft können wir auf einen internationalen Verbund zurückgreifen und die vorhandene Infrastruktur sowie die internationale Kooperation und Expertise für eine effiziente Forschungsarbeit nutzen.“

 

Risiken bei einer Stammzelltransplantation

Trotz der Fortschritte in den letzten Jahren, birgt die Stammzelltransplantation Risiken. Wissenschaftler weltweit arbeiten daran, die Stammzelltransplantation weiterzuentwickeln und die Risiken zu minimieren. Bei Kindern und Jugendlichen stehen sie dabei vor besonderen Herausforderungen. Krebserkrankungen wie Leukämien und Lymphome sind in dieser Altersgruppe eher selten.

Obwohl die geringen Fallzahlen auf den ersten Blick positiv wirken, stehen sie der Entwicklung von Medikamenten und Therapien entgegen. Denn da nur wenige Patienten von einer bestimmten Erkrankung betroffen, sind entsprechende klinische Studien nicht durchführbar. Schließlich wird dadurch auch die Entwicklung moderner, nebenwirkungsarmer Therapien beeinträchtigt. „Es ist deswegen ein lebenswichtiger Vorteil für unsere Patienten, dass wir uns durch die EBMT europaweit zusammenschließen können“, resümiert Professor Corbacioglu. „Dadurch können wir unter anderem die Fallzahlen für Studien erhöhen, um die Therapieoptionen für Kinder und Jugendliche weiter zu optimieren.“

 

Stammzelltransplantation: die einzige Transplantation, die ihr eigenes Immunsystem mitbringt

Doch wann kommt eine Stammzelltransplantation überhaupt zum Einsatz? In den meisten Fällen wird sie immer noch bei anderweitig nicht therapierbaren Leukämien eingesetzt. Bei Kindern spielt sie eine besondere Rolle als einzige Therapieoption einer Reihe genetischer Erkrankungen. Grundsätzlich treten sie so häufig wie Blutbildungsstörungen auf. Sie sind aber auch so selten wie angeborene Störungen des Immunsystems.

Die Stammzelltransplantation zählt zu den komplexesten medizinischen Therapien. Wenn beispielsweise Leukämie- und Lymphompatienten mit einer Chemotherapie nicht geheilt werden können, müssen gesunde Stammzellen eines Spenders das Immunsystem des Patienten neu aufbauen und noch vorhandene Leukämie- bzw. Lymphomzellen zerstören. „In der nahen Zukunft wird die klassische Stammzelltransplantation durch eine ganze Reihe gen- und zelltherapeutischer Behandlungsoptionen ergänzt werden. Neben der Optimierung der Stammzelltransplantation, sind dies die neuen Herausforderungen und Chancen, denen wir uns stellen müssen“ so Professor Corbacioglu.

 

Medizinisches Engagement über Landesgrenzen hinweg

Die European Society for Blood and Marrow Transplantation besteht seit 1974, um im Bereich der Stammzelltransplantation tätigen Wissenschaftlern und Medizinern eine Plattform zu bieten. Sie können so besser ihre Erfahrungen miteinander teilen und gemeinsam an Studien arbeiten.

Innerhalb der Gesellschaft existieren zehn Arbeitsgruppen, die sich mit unterschiedlichen Krankheitsbildern und Aspekten der Stammzelltransplantation beschäftigen. Dort können Fragestellungen und Herausforderungen der Stammzelltransplantation bei jungen Patienten gemeinsam besser behandelt werden.

Eine dieser Arbeitsgruppen ist die Paediatric Diseases Working Party, der nun Professor Corbacioglu vorsteht. Seine Amtszeit ist zunächst auf vier Jahre festgesetzt. Die Aufgaben dieses Amtes umfassen die Vertretung der pädiatrischen Belange in der Gesellschaft, die Beantragung neuer Studien und die Bündelung der wissenschaftlichen Leistungen in Kongressen und Workshops, in denen diese praxisnah an Mediziner und Pflegekräfte vermittelt werden.

„Neue Erkenntnisse können wir so effizient und nachhaltig weitertragen und in Rückkoppelung mit den verschiedenen Gesundheitssystemen der einzelnen Länder in die Behandlungskonzepte einfließen lassen“, so Professor Corbacioglu.

Quelle:

Universitätsklinikum Regensburg – http://www.ukr.de

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