Wichtig bei Schwindel im Alter ist eine ausführliche Anamnese, bei der man Art, Dauer und Auftreten der Symptome systemisch erfasst.
Die Berücksichtigung und Messung der Lebensqualität rückt in unserer zunehmend älter werdenden Gesellschaft immer mehr in den Blickpunkt. Schwindel gehört jedenfalls zu den wesentlichen Symptomen, die die Lebensqualität im Alter beeinträchtigen. Zudem halten sie beispielsweise Betroffene davon ab, an vielen sozialen Aktivitäten teilzunehmen. Menschen im höheren Alter – jeder dritte über 70-Jährige und sogar jeder zweite über 80-Jährige – suchen wegen ihrer Schwindel-Symptome mindestens einmal während eines Jahres einen Arzt auf.
Schwindel-Symptome und Gangunsicherheit sind im Alter keine unabwendbare Begleiterscheinungen
Schwindel ist im Alter dabei keine klar abgrenzbare oder definierte Krankheitsentität, sondern Schwindel-Symptome können bei ganz unterschiedlichen Erkrankungen auftreten. Hierzu zählen eine Reihe von Krankheitsbildern, die hauptsächlich HNO-Ärzte, Neurologen, Internisten und Allgemeinmediziner sowie verschiedene weitere Fachdisziplinen diagnostizieren und therapieren.
Bei Patienten im höheren Alter werden Schwindel-Symptome und Gangunsicherheit dabei häufig leichtfertig als unspezifische und unabwendbare Begleiterscheinungen des normalen Alterns abgetan. Tatsächlich unterscheiden sich die Ursachen für das Auftreten der Schwindel-Symptome abhängig vom Alter ganz deutlich.
Einerseits spielen bei den älteren Patienten sensorische Defizite (zum Beispiel bei der bilateralen Vestibulopathie) sowie zentraler Schwindel neben dem sogenannten gutartigen Lagerungsschwindel die größte Rolle.
Hingegen kommt es bei den jüngeren Patienten (unter 40 Jahren) häufiger zu phobischen und somatoformen Schwindel ebenso wie die vestibuläre Migräne. Die meisten Schwindel-Symptome haben eine gute Prognose. Dementsprechend kann man sie vielfach konservativ (medikamentös, physikalisch und psychotherapeutisch) behandeln.
Schwindel-Symptome erfordern ausführliche Anamnese
Der Schlüssel zur richtigen Diagnose ist bei allen Menschen im höheren Alter mit Schwindel eine ausführliche Anamnese, bei der man unter anderem Art, Dauer und Auftreten der Symptome systemisch erfasst.
Die Absicherung der so gestellten klinischen Verdachtsdiagnosen kann in vielen Fällen durch vor allem HNO-ärztliche und neurologische Untersuchungsmethoden sowie bildgebende Verfahren erfolgen. Damit man infolgedessen eine möglichst gezielte und effektive Therapie oder ein Schwindeltraining (unter Umständen zur Sturzprophylaxe!) einleiten kann.
Bei Therapieversagen und Persistenz der Schwindel-Symptome sind die wiederholte Diagnoseüberprüfung und eine enge interdisziplinäre Zusammenarbeit unbedingt angezeigt.
Mehrere mögliche Ursachen
Gerade bei älteren Patienten ist die korrekte Diagnosefindung oft dadurch erschwert, dass mehrere mögliche Ursachen infrage kommen (oben genannte Diagnosen, Medikamentennebenwirkungen, Kreislaufdysregulation, etc.). Eine solch detaillierte und teils aufwendige Anamnese und klinische Untersuchung braucht allerdings viel Zeit. Leider fehlt diese aber unter den gegebenen Rahmenbedingungen jedoch oft.
Es gibt für einzelne Diagnosen auch operative Therapieverfahren des peripher-vestibulären Schwindels. Und zwar beispielsweise der Morbus Menière, benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel, Cholesteatome, etc. Diese spielen in absoluten Zahlen insgesamt zwar nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings stellen sie für die betroffenen Patienten nach Ausschöpfen alternativer Therapieverfahren oft die einzig verbleibende Option dar.
Quellen:
Statement »Schwindel im Alter: Therapieerfolg dank sorgfältiger Anamnese«. Privatdozent Dr. med. Stefan Volkenstein, Oberarzt an der Universitätsklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie der Ruhr-Universität Bochum, St. Elisabeth-Hospital Bochum.
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