Am Radiologenkongress in Wien wird u.a. das Prostata-Karzinom und die Reduktion von dauerhaften Behinderungen bei Schlaganfällen im Fokus stehen.
Neue Diagnostikverfahren beim Prostata-Karzinom, Biomarker für eine noch gezieltere Krebsbekämpfung und bei Gefäßverkalkungen sowie ein neues Behandlungsfeld für Radiologen im Bereich Schlaganfall: vom 2. bis 6. März tauschen sich mehr als 20.000 Fachleute aus über 100 Ländern beim Europäischen Radiologenkongress im Austria Center Vienna aus.
- Diagnostische Meilensteine in Kardiologie und Onkologie
- Biomarker revolutionieren Radiologie
- Neue radiologische Schlaganfallsbehandlung rettet bis zu 30% mehr Leben
Die Radiologie ist und bleibt das zentrale Diagnosefach der Medizin. „Große Fortschritte gibt es vor allem in der Computertomographie (CT). Diese erzeugt Schnittbilder, die im Gegensatz zu normalen Röntgenaufnahmen eineüberlagerungsfreie Darstellung ermöglicht. Dank neuer Kontrastmittel wird der Körperdes Patienten deutlich weniger (rund 10%) belastet, gleichzeitig erhöht sich die Qualität und Leistung der Geräte laufend, was noch genauere Ergebnisse und folglich noch exaktere Diagnosen ermöglicht. „Während früher z.B. bei Herzproblemen schon relativ früh, in der Diagnosephase, ein Herzkatheter gesetzt werden musste, um das weitere Vorgehen abzuklären, geschieht die Diagnose jetzt großteils durch das Herz-CT. Das Risiko für den Patienten wird dadurch deutlich minimiert“, so der renommierte Wiener Prim. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Schima, Präsident der Österreichischen Röntgengesellschaft und Vorstand der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie in den Krankenhäusern Göttlicher Heiland, Barmherzige Schwestern und St. Josef Krankenhaus in Wien.
MRT für Prostata-Screening im Einsatz
Große Meilensteine gibt es auch in der Diagnostik des Prostata-Karzinoms. Konnte bisher eine Diagnose nur durch mehr oder weniger blind gestanzte Gewebeproben erstellt werden, kann nun das Karzinom auch bildlich nachgewiesen werden. Möglich ist dies durch neue multiparametrische MRTs (Magnetresonanztomographen). Sie können signifikante Prostata-Karzinome entdecken und deren Gefährlichkeit aufgrund eines neu entwickelten Score-Systems einschätzen. Diese Diagnoseform ist einewesentliche Erleichterung für die Patienten. „Für mich ist diese neue Prostata-Bildgebung für den Mann in der Wichtigkeit vergleichbar mit der Mammographie für die Frau. Damit ist uns ein wirklicher Durchbruch gelungen,“ so Schima.
Biomarker revolutionieren die radiologische Diagnostik
War die radiologische Diagnose lange Zeit auf die Morphologie, also die Darstellung der Gestalt der Zellen, beschränkt, können jetzt durch den Einsatz von Biomarkern, die die Verteilung der Zellen im Gewebe (Diffusion) und die Durchblutung der Zellen (Perfusion) sichtbar machen, noch umfangreichere und genauere Diagnosen erstellt werden. „Die Messungen quasi „von innen“ ergänzen damit die Körpermessungen „von außen“ und eröffnen uns dadurch eine weitere Betrachtungsebene und entsprechende Zielgenauigkeit der Behandlungsmöglichkeiten“, betont der erfahrene Wiener Primar.
Konnte bisher beispielsweise nur die Größe eines Tumors und sein Wachsen oder Schrumpfen durch eine Behandlung gemessen werden, kann nun auch beurteilt werden, ob der Anteil der Krebszellen im Gewebe abnimmt und wie sich die Blutversorgung der Krebszellen gestaltet. „Früher war es unser erstes Ziel, einen Tumor durch eine Behandlung möglichst zu verkleinern. Durch die neuen bildgebenden Verfahren können wir uns nun mittels neuer Therapien auf die Unterbindung der Blutversorgung der Krebszellen fokussieren und so in einem ersten Schritt verhindern, dass die Krebszellen im Körper streuen“, erklärt Schima.
Auch bei der Diagnostik von Arterienverkalkungen (Arteriosklerose) kommen nun Biomarker zum Einsatz. So werden Ablagerungen in den Gefäßen genau darstellt, wodurch die Risikoeinschätzung für den Patienten durch bestehende Ablagerungen und die frühzeitige Entdeckung von Gefäß-Gerinnsel deutlich erleichtert wird. „In weiterer Folge können wir durch entsprechende Therapien vorbeugen, dass Gefäße platzen“, so der Präsident der Österreichischen Röntgengesellschaft.
Die interventionelle Radiologie: Diagnose und Behandlung bei Schlaganfällen am Radiologenkongress
In den vergangenen Jahren hat sich der Aufgabenbereich der Radiologen um einen wesentlichen Schwerpunkt, nämlich die Behandlung im unmittelbaren Anschluss an die Diagnose, erweitert: So kann etwa bei Schlaganfällen über den Katheter, der ins jeweilige Gehirngefäß gelegt wird, auch das Blutgerinnsel „herausgezogen“ werden. Aufgrund des sehr geringen Zeitfensters, das bei Schlaganfällen besteht, um Leben zu retten bzw. schwerwiegende Behinderungen zu vermeiden, zählt jede Sekunde. Die interventionelle Radiologie trägt wesentlich dazu bei, dieses Zeitfenster optimal zu nutzen. Drei internationale Studien belegen, dass dadurch 13-30 % mehr Patientenden Schlaganfall ohne dauernde Behinderung überleben. Nun wird intensiv anStandards und einer Weiterbildung in der interventionellen Radiologie gearbeitet, um eine flächendeckende Versorgung der Bevölkerung zu erreichen.“, so Schima.
Über den ECR
Der ECR ist die Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Radiologie (European Society of Radiology/ESR), welche weltweit über 63.000 Radiologen vertritt. Mit mehr als 20.000 Teilnehmern aus der ganzen Welt ist der Radiologenkongress einer der größten medizinischen Kongresse weltweit; zusätzlich bietet der Radiologenkongress eine der größten Industrieausstellung in Europa, bei der auf über 26.000 m² mehr als 300 internationale Firmen die neuesten Produkte der Medizintechnik anbieten.