Freitag, April 19, 2024

Corona-Pandemie und COVID-19: Schlechter Schlaf im Lockdown

Der Schlaf ist eine der grundlegendsten Funktionen unseres Körpers: Regeneration, Aufbau von Synapsen, Zellwachstum und Lernprozesse geschehen, während wir im „Reich der Träume“ wandern. Doch es gibt einige Faktoren, die unseren Schlaf negativ beeinflussen können. Fast zwei Jahre nach dem ersten Lockdown im Zuge der Corona-Pandemie im März 2020 haben Grazer Forschende einen ersten Einblick darin geliefert, wie sich die Maßnahmen auf gesunden und schlechten Schlaf auswirkt. Frederike Fellendorf von der Med Uni Graz hat sich dabei mit den Auswirkungen des Lockdowns auf die Schlafqualität von Menschen mit bipolarer affektiver Störung auseinandergesetzt.

 

Gesunder Schlaf – Gesunder Mensch

Ohne Schlaf läuft nichts: Wenn der Körper nicht regelmäßig Pausen bekommt, um sich von den Mühen des Tages zu erholen, leiden Physis und Psyche. Viele externe Faktoren können sich auf die Dauer und die Qualität des Schlafes auswirken – einer davon hat jeden betroffen: Die Lockdowns in Folge der SARS-CoV-2-Pandemie. Die Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin der Med Uni Graz hat sich in einer Studie damit beschäftigt, wie sich das Schlafverhalten im ersten harten Lockdown im Frühjahr 2020 und den folgenden Lockerungen im Mai verändert hat. Um Vergleiche ziehen zu können, wurden Menschen mit einer bipolaren affektiven Störung einer gesunden Kontrollgruppe gegenübergestellt, die jeweils im April und Mai über ihr psychisches Wohlbefinden und ihre Schlafqualität berichteten haben.

 

Unruhe in der Pandemie

Die Studie hat herausgefunden, dass Menschen mit einer bipolaren affektiven Störung sowohl während dem „harten Lockdown “ als auch nach den ersten Lockerungen im Mai 2020 unter einer schlechteren Schlafqualität litten als psychisch gesunde Menschen. Die Gründe, weshalb Menschen mit bipolarer Störung schlechter schlafen konnten, waren vielfältig. Hauptaspekte im Zusammenhang mit schlechtem Schlaf, die sich im Laufe der Studie herauskristallisiert haben waren, wie oft sich betroffene Personen über die Entwicklungen rund um Pandemie und das Virus beschäftigt haben und wie groß die Angst vor dem Virus, einer Ansteckung von sich selbst oder anderen war.

Menschen mit bipolarer Störung haben sich signifikant häufiger mit neuen Informationen rund um die Geschehnisse und um das Virus beschäftigt als gesunde Menschen. Unter den Studienteilnehmer*innen konnten jene Personen schlechter schlafen, die sich häufiger mit dem Virus beschäftigt haben. Gleichermaßen stieg die Schlafqualität wieder, als die Pandemie voranschritt und die Informationsfrequenz sukzessive geringer wurde. Insgesamt konnte jedoch durch eine höhere Informationsfrequenz und vermehrte Angst während des harten Lockdowns auch eine schlechtere Schlafqualität für die Zeit der Lockerung vorhergesagt werden.

 

Relevanz der Erkenntnisse

„Da die aktuelle Pandemie ein möglicher Trigger für erneute depressive oder manische Krankheitsepisoden darstellen kann ist es besonders wichtig auf beeinflussbare Faktoren, wie den Lebensstil, zu achten. Ein gesunder Schlaf ist besonders für Menschen mit bipolarer Erkrankung immens wichtig, auch um weiteren Krankheitsepisoden vorzubeugen“, so Frederike Fellendorf. Mit den Ergebnissen dieser Studie appellieren die Forscher*innen für einen verantwortungsvollen Umgang mit Informationen über die aktuelle Pandemie, vor allem an Menschen, die zu besonders anfälligen Gruppen gehören wie eben bipolar Erkrankte. „Zudem sollte in der psychosozialen Behandlung auf spezifische Ängste eingegangen werden, um Personen mit bipolarer Erkrankung zu unterstützen und ebenso auch den Schlaf positiv zu beeinflussen“, schließt Frederike Fellendorf ab.


Literatur:

Fellendorf FT, Reininghaus EZ, Ratzenhofer M, Lenger M, Maget A, Platzer M, Bengesser SA, Birner A, Queissner R, Hamm C, Pilz R, Dalkner N. COVID-19-related fears and information frequency predict sleep behavior in bipolar disorder. Brain Behav. 2021 Sep;11(9):e02182. doi: 10.1002/brb3.2182. Epub 2021 Aug 19. PMID: 34409763; PMCID: PMC8420206.


Quelle: Medizinische Universität Graz, Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin

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