Dienstag, April 23, 2024

Alpha-Synuclein und seine Rolle bei Parkinson

Eine Laborstudie zeigt, dass Alpha-Synuclein – ein für die Parkinson-Krankheit wichtiges Protein –  sich nicht wie ein Prion verhält.

Das Protein Alpha-Synuclein lagert sich bei Patienten-Parkinson in den Nervenzellen ab. Dort scheint Alpha-Synuclein sich über miteinander verbundene Hirnbereiche auszubreiten. Wie dies geschieht, ist weitgehend unbekannt. Einer Hypothese zufolge könnte sich Alpha-Synuclein wie ein Prion verhalten: Demnach wären pathologische, also abnorme Formen des Proteins in der Lage, die Gestalt von normalem Alpha-Synuclein zu verändern. Infolgedessen würde das Protein aggregieren und sich von Nervenzelle zu Nervenzelle ausbreiten. Für dieses Phänomen wird der englische Fachbegriff Seeding verwendet.

Parkinson-Früherkennung – Alpha-Synuclein in Haut oder Darm

Problem bei Parkinson: Überproduktion von Alpha-Synuclein

Doch Aggregation, Ausbreitung und krankhafte Veränderungen, die durch Alpha-Synuclein verursacht werden, erfordern nicht zwangsläufig ein solches Seeding. Dies kann auch durch eine Überproduktion von Alpha-Synuclein ausgelöst werden, in deren Folge einzelne Proteine oder kleinere Protein-Aggregate von Nervenzelle zu Nervenzelle gelangen.

Zahlreiche Belege unterstreichen, dass das Protein Alpha-Synuclein für die Parkinson-Krankheit eine entscheidende Rolle spielt. So beobachtet man bei Mensch mit Parkinson, dass sich in ihren Gehirnen – und zwar innerhalb der Nervenzellen – nach und nach mikroskopisch kleine Ablagerungen ansammeln. Alpha-Synuclein ist ein Hauptbestandteil dieser zellulären Einschlüsse. Man nennt sie Lewy-Körperchen.

Oft beginnen die krankhaften Veränderungen in der Medulla oblongata, einer Region des Hirnstamms. Von dort breiten sie sich in Richtung Mittelhirn und Hirnrinde aus. Im Rahmen einer aktuellen Studie ahmten DZNE-Forscher (DZNE: Forschungszentrum für neurodegenerative Erkrankungen) dieses Phänomen in Mäusen nach.

Mit Hilfe eines maßgeschneiderten Virus-Teilchens schleusten sie den Bauplan der menschlichen Variante von Alpha-Synuclein gezielt in Nervenzellen der Medulla oblongata der Mäuse. Diese Zellen stellten infolgedessen das fremde (menschliche) Alpha-Synuclein in relativ großem Umfang her und häuften es an.

 

Protein-Transport über weite Distanzen

Über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Wochen wurde beobachtet, wie sich das Protein im Mausgehirn verbreitete. Dafür kamen spezielle Antikörper zum Einsatz, die spezifisch menschliches Alpha-Synuclein erkennen, und verglichen auf diese Weise zwei Gruppen von Tieren miteinander: Alle Mäuse produzierten die per Virus-Teilchen eingebrachte, menschliche Variante von Alpha-Synuclein.

Die Mäuse der einen Gruppe stellten zusätzlich eigenes, maustypisches – auch endogen genanntes – Alpha-Synuclein her. Den anderen Mäusen fehlte aufgrund einer Erbgutveränderung das endogene Alpha-Synuclein, so dass sie nur die menschliche Version erzeugten.

Bei beiden Versuchsgruppen führte die Produktion des menschlichen Alpha-Synucleins dazu, dass es sich ausgehend von der Medulla oblongota allmählich in Richtung höher gelagerter (rostraler) Hirnbereiche verteilte. Die Ausbreitung folgte einem Muster, das auf eine Diffusion entlang anatomischer Verbindungen hindeutet.

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Von der Medulla oblongota zum Pons

Das Protein überwand mindestens eine synaptische Anschlussstelle: nämlich den Übergang von der Medulla oblongota zum Pons, einem unmittelbar benachbarten Hirnbereich. Außerdem fanden die Forscher Hinweise dafür, dass Nervenzellen, die das Protein aufgenommen hatten, geschädigt waren.

Ein Seeding-Mechanismus ähnlich dem von Prionen hätte zur Folge, dass sich Alpha-Synuclein leichter ausbreitet, falls abnorme Formen des Proteins und normale Formen miteinanderwechselwirken. In den Mäusen ohne eigenes Protein gibt es jedoch kein Reservoir an möglichen Wechselwirkungspartnern.

Die Forscher nahmen an, dass sich das Protein in den Mäusen, die kein eigenes Alpha-Synuclein produzierten, weniger effektiv verbreiten würde und dass die Pathologie weniger ausgeprägt ist. Es wurde auch angenommen, dass Ausbreitung und Pathologie mit einer Anhäufung von amyloidogenem Alpha-Synuclein – Proteinformen, die unlösliche, faserartige Aggregate bilden können – einhergeht.

Im Gegensatz zu diesen Vorhersagen breitete sich das menschliche Alpha-Synuclein in den Mäusen ohne endogenes Protein stärker aus, als in den Tieren, die auch das eigene Protein produzierten. Die Abwesenheit des endogenen Proteins verstärkte gewissermaßen die Ausbreitung des fremden Alpha-Synucleins, statt sie – wie eigentlich erwartet – zu behindern.

Zudem zeigte sich, dass von Nervenzelle zu Nervenzelle nur einzelne Proteine (sogenannte Monomere) oder kleinere Protein-Aggregate (sogenannte Oligomere) übertragen wurden. Jedoch keine größeren, faserartigen Aggregate. Dennoch kam es zu krankhaften Veränderungen.

Wenn sich Alpha-Synuclein über weite Distanzen ausbreitet, erfordert das nicht zwangsläufig die Erzeugung Prion-artiger Proteinformen. Außerdem zeigen die Daten, dass die simple Überproduktion des Proteins dessen Ausbreitung und pathologische Veränderungen verursachen kann. Die Studie zeige außerdem, dass sich Ausbreitung und Pathologie jedenfalls im Frühstadium der Erkrankung nicht auf der Grundlage faserartiger Aggregate entwickeln.

 

Übertragung von Alpha-Synuclein

Die Möglichkeit, dass sich Alpha-Synuclein möglicherweise wie ein Prion verhält, hat Anlass zu Spekulationen gegeben. Demnach könnte die Parkinson-Krankheit ähnlich wie einige Prionenerkrankungen (zum Beispiel die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit) eventuell durch infektiöse Proteine hervorgerufen werden.

Es gibt absolut keinen Hinweis dafür, dass die Parkinson-Erkrankung eine ansteckende Krankheit sein könnte. Vielmehr zeige die Untersuchung, dass entscheidende Aspekte der Parkinson-Erkrankung wie die Übertragung von Alpha-Synuclein von Nervenzelle zu Nervenzelle und die Protein-Aggregation durch Mechanismen erklärt werden können, die nicht prion-artig sind.

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Literatur:

Michael Helwig, Michael Klinkenberg, Raffaella Rusconi, Ruth E. Musgrove, Nour K. Majbour, Omar M.A. El-Agnaf, Ayse Ulusoy, Donato A. Di Monte. Brain propagation of transduced α-synuclein involves non-fibrillar protein species and is enhanced in α-synuclein null mice. Brain. 2016 Mar;139(Pt 3):856-70. doi: 10.1093/brain/awv376. Epub 2015 Dec 30.


Quelle: Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen e. V. (DZNE)

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